Problematik der Lebensmittelinfektion

In Deutschland werden jährlich mehr als 200 000 Erkrankungsfälle beim Menschen gemeldet, von denen anzunehmen ist, dass sie über Lebensmittel übertragen wurden. Zu den wichtigsten Erregern der bakteriellen Lebensmittelinfektionen gehören Salmonellen, Campylobacter jejuni, Yersinia enterocolitica und darmpathogene E. coli-Stämme. Auch die viralen und parasitären Erkrankungen zeigen eine deutliche Präsenz (ca. 200 000 Fälle von Norovirus-Erkrankungen im Jahr 2007).

Es ist davon auszugehen, dass lebensmittelbedingte Infektionen in den kommenden Jahren sowohl national als auch weltweit ein gravierendes Problem im Bereich der öffentlichen Gesundheit darstellen werden. Die Bedeutung dieser Infektionen beruht vor allem auf den vielen Erkrankungsfällen, wobei die vermutete Dunkelziffer die Zahl der sicher diagnostizierten bzw. gemeldeten Fälle um ein Mehrfaches - bei bakteriellen Erkrankungen etwa um das Zehnfache - überschreiten.

Ursachen

Die Problematik der Lebensmittelinfektionen wird charakterisiert durch verschiedene komplexe Faktoren. Die wichtigsten davon sind:

  • Die Entdeckung neuer („emerging“) Infektionserreger, wie z.B. EHEC und Campylobacter jejuni oder auch Methicillin resistenter Staphylokokken (MRSA). Noch nicht entschlüsselt ist die Bedeutung von Mycobacterium paratuberculosis hinsichtlich einer möglichen Beteiligung an lebensmittelbedingten Erkrankungen.

  • Das Wiedererstarken („re-emerging“) bekannter Erreger mit neuen bzw. veränderten Eigenschaften, z.B. multiresistente Salmonella-Typhimurium-Stämme.

  • Die Globalisierung des Lebensmittelhandels mit der Folge der internationalen Verbreitung auch „exotischer“ Pathogene.

  • Die unklare Rolle verschiedener Keime, die Toxine ausbilden, ihr Anteil an lebensmittelbedingten Intoxikationen (z.B. Enterotoxine durch Staphylokokken und Bacillus cereus), ihre Bedeutung als Lebensmittelkontaminanten (besondere Form einer Intoxikation durch Clostridium botulinum) und das Vorkommen von biogenen Aminen (Beurteilung von Histamin in Käse u.a.).

  • Trotz der Einführung von Hazard Analysis and Critical Control Point-Konzepten (abgekürzt: HACCP-Konzept, deutsch: Gefährdungsanalyse und kritische Lenkungspunkte) in die Eigenkontrollsysteme der lebensmittelverarbeitenden Betriebe ist die Situation hinsichtlich der Lebensmittelinfektionen über die Jahre konstant geblieben, so dass angenommen wird, dass der hygienische Umgang mit Lebensmitteln in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung und im Küchenbereich der Verbraucher nicht fehlerfrei stattfindet.

  • Die Veränderung des sogenannten „Ausbruchsszenarios“ infolge einer veränderten Lebensmittelherstellung (z.B. zunehmende Herstellung mild gesalzener, mild geräucherter oder anderweitig gering stabilisierter Produkte, deren Haltbarkeit während des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums eine geschlossene Kühlkette erfordert), eine zunehmend überregionale Lebensmitteldistribution und veränderte Eßgewohnheiten des Verbrauchers. Neben der „klassischen“ Situation des lokalisierten, zeitlich eng definierten Ausbruchs (z.B. Buffet- oder Kreuzfahrtschiff-assoziierte Ausbrüche) in Verbindung mit hoch kontaminierten Lebensmitteln werden zunehmend „diffuse“ Ausbrüche mit weiter geographischer Streuung im Zusammenhang mit nur gering kontaminierten Lebensmitteln beobachtet. Diese Veränderung des „Ausbruchsszenarios“ hat zur Folge, dass die Unterscheidung bzw. Abgrenzung sporadischer (Einzel-)Infektionen von epidemiologisch relevanten Ausbrüchen lebensmittelbedingter Erkrankungen erschwert wird, und neue diagnostische Methoden (z.B. klonale Identifikation von Erregern) bzw. Koordinierung und systematische, flächendeckende Auswertung von Meldedaten auf Länder-/Bundesebene erforderlich werden.

BfR-Kommission für Hygiene

Die Komplexität des Phänomens „Lebensmittelinfektionen“ erfordert erfolgreiche Strategien zur Prävention. Ein koordiniertes, multidisziplinäres Zusammenwirken der beteiligten Experten (Epidemiologen, Mikrobiologen, Lebensmitteltechnologen, Human- und Veterinärmediziner), der für das Gesundheits- und Veterinärwesen zuständigen Behörden auf Länder- und Bundesebene, der beteiligten Lebensmittelwirtschaft und der Endverbraucher im Rahmen einer Hygienekommission ist hierbei unverzichtbar.



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