Expositionsschätzung für Biozide
Exposition von Verbrauchern bei der Anwendung von Biozidprodukten
Verbraucher sind auf verschiedenen Wegen gegenüber Biozidprodukten exponiert. Wer selbst Biozidprodukte anwendet, aber auch, wer bei einer Anwendung anwesend ist oder nach einer Anwendung Kontakt mit Rückständen auf behandelten Gegenständen, in der Raumluft oder in Lebensmitteln hat, ist exponiert. Um den Schutz von Verbrauchern zu gewährleisten, basiert die Expositionsschätzung auf konservativen Annahmen. Die grundlegenden Annahmen sowie vielfältige Expositionsmodelle sind europaweit harmonisiert und veröffentlicht im Leitfaden der ECHA „Guidance on the Biocidal Products Regulation, Volume III, Parts B+C, Version 4.0, 2017“ und in der "Biocides Human Health Exposure Methodology".
Die Exposition von Verbrauchern wird getrennt nach den Aufnahmepfaden (dermal, inhalativ, oral), nach der Situation (z.B. Anwendung des Biozids oder Kontakt mit behandelten Gegenständen) und nach der exponierten Person (Erwachsene, Kinder) geschätzt. Diese Einzelschätzungen werden dann zur Gesamtbelastung kombiniert, so dass ein Vergleich mit den toxikologisch abgeleiteten tolerierbaren Werten erfolgen kann.
Wichtig zu wissen: Bei der Expositionsschätzung wird grundsätzlich nicht davon ausgegangen, dass Verbraucher Schutzhandschuhe oder Schutzkleidung verwenden. Produktintegrierte Risikominderungsmaßnahmen wie kindersichere Verschlüsse oder kleine Verpackungseinheiten werden jedoch berücksichtigt.
Die Exposition berufsmäßiger Verwender von Biozidprodukten (z.B. Schädlingsbekämpfer, Reinigungskräfte, Handwerker oder Landwirte, die Nutztiere halten) wird von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bewertet. Für die Umweltexposition ist das Umweltbundesamt zuständig.
Programm zur Berechnung der Exposition von Verbraucherinnen und Verbrauchern über Lebensmittel
Durch die Verwendung von Biozid-Produkten in privaten Haushalten können Biozid-Rückstände auf Lebensmittel gelangen. Dabei kann einerseits der Biozid-Wirkstoff direkt in Kontakt mit Lebensmitteln kommen, andererseits können Rückstände von kontaminierten Oberflächen auf Lebensmittel übergehen.
Zur Bewertung des Risikos durch den Übergang von Biozid-Wirkstoffen auf Lebensmittel aus nicht-beruflichen Anwendungen wurde auf europäischer Ebene ein Leitfaden erarbeitet (ECHA Guidance on the Biocidal Products Regulation, Volume III, Parts B+C, Version 4.0, 2017, Section 5). Er sieht verschiedene Szenarien vor. Um eine harmonisierte Expositionsschätzung zu erleichtern, hat das BfR ein Excel-basiertes Rechenprogramm entwickelt, das die Verbraucherexposition für diverse Szenarien berechnen kann. Die Berechnungen beruhen auf den Annahmen und Default-Werten, die im Leitfaden beschrieben sind.
Das Rechenprogramm und der Leitfaden richten sich an Bewertungsbehörden und Antragsteller, die die Exposition von Verbrauchern durch den Übergang von Rückständen aus Biozid-Produkten auf Lebensmittel im Privathaushalt schätzen.
Zum Rechenprogramm und weiteren Informationen:
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-calculator-for-estimating-transfer-of-biocide-residues-into-foods-non-professional-uses.xlsx (PDF-Datei, 128,06 KB)
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-rechenprogramm-zur-schaetzung-der-verbraucher-exposition-gegenueber-biozid-rueckstaenden-in-lebensmitteln.pdf (PDF-Datei, 34,78 KB)
BfR-Rechner zur Schätzung der externen Exposition von landwirtschaftlichen Nutztieren gegenüber Biozid-Wirkstoffen
Durch die Anwendung von Bioziden in der Tierhaltung können zudem landwirtschaftliche Nutztiere in Kontakt mit Biozid-Wirkstoffen kommen. Dies kann dazu führen, dass Rückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft auftreten. Hierzu wurde auf europäischer Ebene ein Leitfaden zur Schätzung der externen Exposition von landwirtschaftlichen Nutztieren mit Biozid-Wirkstoffen erarbeitet (ECHA Guidance on the Biocidal Products Regulation, Volume III, Parts B+C, Version 4.0, 2017, Section 6). Das BfR hat zur Erleichterung der Expositionsschätzung zusätzlich ein Excel-basiertes Rechenprogramm entwickelt, das auf Basis der Annahmen und Default-Werte aus dem Leitfaden für diverse Szenarien und verschiedene Tierarten die Exposition berechnet.
Die aktualisierte Version des BfR-Rechenprogramms (v2, 2021) bietet nun zusätzlich die Möglichkeit, die Verbraucherexposition auf Basis der Expositionsschätzung für Nutztiere zu berechnen (siehe auch EMA Leitfaden EMA/CVMP/90250/2010). Hierfür werden Verzehrsdaten für tierische Lebensmittel aus dem EFSA Berechnungsmodell PRIMo (Pesticide Residue Intake Model) und dem EMA „Food Basket“ (Commission Regulation (EU) 2018/782) verwendet.
Zur aktuellen Version des Excel-basierten Rechenprogramms (v2, 2021) und weiteren Informationen:
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-calculator-for-estimating-livestock-exposure-to-active-substances-used-in-biocidal-products.xlsm (PDF-Datei, 309,47 KB)
- https://www.bfr.bund.de/cm/343/bfr-rechner-zur-schaetzung-der-externen-exposition-von-landwirtschaftlichen-nutztieren-mit-biozid-wirkstoffen.pdf (PDF-Datei, 96,81 KB)
Als eine weitere Aktualisierung hat das BfR eine Webanwendung entwickelt, die es nun noch gezielter und anwenderfreundlicher ermöglicht, die Exposition von Nutztieren sowie die daraus resultierende Verbraucherexposition über tierische Lebensmittel zu ermitteln.
Die Webanwendung leitet die Nutzer und Nutzerinnen schrittweise durch das in den ECHA und EMA Leitfäden beschriebene stufenweise Vorgehen bei der Bewertung. Eingabeoptionen und Auswahlmöglichkeiten werden dabei Schritt für Schritt detailliert erläutert und gezielt auf die zuvor spezifizierten Anwendungen des Biozidproduktes zugeschnitten. Abschließend kann ein Report im Excel-Format heruntergeladen werden, der die Rechenergebnisse (Nutztierexposition, Rückstände in tierischen Lebensmitteln, Verbraucherexposition) inklusive der verwendeten Parameter, Annahmen und Verfeinerungen berichtet.
Zur Webanwendung:
Webanwendung zur Abschätzung der externen Exposition von Nutztieren |