Nachteile unterschiedlicher Warnkennzeichen in der Chemikaliensicherheit

Mitte der 1980er Jahre wurden die Nachteile und Mängel der bestehenden Regelungen zur Einstufung der Gefährlichkeit und der Kennzeichnung der gefährlichen Eigenschaften chemischer Stoffe und Mischungen deutlich:

  • In den vier großen Wirtschaftszonen der USA und Kanada, der Europäischen Gemeinschaft, des damaligen Ostblocks und Japans bestanden jeweils eigene unterschiedliche Konzepte zur Einstufung und Kennzeichnung, die sich in vielen Bereichen erheblich unterschieden. Zudem galten nicht harmonisierte Einstufungs- und Kennzeichnungssysteme selbst in den Vorschriften, die unter Regie der Vereinten Nationen für den Transport gefährlicher Güter oder für Pestizide standen. Da die Abteilungen des damaligen Bundesgesundheitsamtes, die heute im BfR zusammengefasst sind, von allen diesen Systemen betroffen waren, bestand hier ein erhebliches Interesse an einer Harmonisierung der Kriterien.
  • Diese Unterschiede galten vor allem für die Warnkennzeichnung, die keine international verständlichen Symbole nutzte. Zudem bestanden in den Regelwerken selbst für international verständliche Warnzeichen, wie den Totenkopf, unterschiedliche Kriterien. In den sich entwickelnden Ländern fehlten weitgehend Vorschriften. Diese Länder waren weder selbst fachlich in der Lage, eigene Vorschriften zu entwickeln, noch konnten sie sich gegen die Vorgaben der Exportländer durchsetzen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtete regelmäßig über chemische Vergiftungen in Mittel- und Südamerika, in Afrika und Asien. Die Warnhinweise konnten von Analphabeten nicht gelesen oder aufgrund fremder Sprache nicht verstanden werden oder wurden in ihrer Symbolik nicht richtig gedeutet. Deutsche Behörden und die Industrie setzten sich deshalb für eine Harmonisierung der Regeln mit weltweit gültigen Warnsymbolen ein.
  • Aufgrund der vielen unterschiedlichen Kriterien mussten umfangreiche Tierversuche durchgeführt werden, um alle Ansprüche der verschiedenen Kriterien für Gefahreneinstufungen erfüllen zu können. So galten allein für die Einstufung der Gefahr einer akuten Vergiftung durch Verschlucken mehr als ein Dutzend verschiedener Grenzwerte. Bei erschien ein Ersatz von Tierversuchen unter diesen Umständen fast als ausgeschlossen. Im Rahmen der wurden daher internationale Kontakte genutzt, um eine Harmonisierung der Einstufungsverfahren zu erreichen.

Daraus ergab sich eine führende Rolle Deutschlands unter Leitung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Die Aktivitäten führten dazu, das Thema auf die Tagesordnung des Umweltgipfels („Earth Summit“) der Umweltkonferenz von 1992 in Rio de Janeiro zu setzen. Hier wurde die Erarbeitung eines global harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien beschlossen, das im neuen Jahrtausend weltweit in Kraft treten sollte. Die Institutionalisierung dieses „Globally Harmonized System of Classification and Labelling of Chemicals (GHS)“ innerhalb der Vereinten Nationen konnte auf der folgenden Umweltkonferenz 2002 in Johannesburg festgelegt werden. Damit waren die Weichen gestellt. Aber der Prozess dieser Harmonisierung ist immer noch längst nicht abgeschlossen und verlangt weiterhin Aufmerksamkeit im BfR.

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