Gesundheitliche Bewertung von Lebensmittelzusatzstoffen

Eine wesentliche Voraussetzung für die Zulassung eines Zusatzstoffes ist, dass seine Verwendung gesundheitlich unbedenklich ist, soweit die verfügbaren wissenschaftlichen Daten ein Urteil hierüber erlauben.

Die in der EU zugelassenen Zusatzstoffe wurden durch internationale Expertengremiengesundheitlich bewertet und zur Verwendung in Lebensmitteln akzeptiert.

In der EU ist seit 2003 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority; EFSA), zuständig. Bis 2008 war das mit der gesundheitlichen Bewertung von Lebensmittelzusatzstoffen befasste EFSA-Expertengremium das „Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe, Aromastoffe, Verarbeitungshilfsstoffe und Materialien in Kontakt mit Lebensmitteln (AFC)“ und von 2008 bis 2018 das „Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmitteln zugesetzten Nährstoffquellen (ANS)“. Seit 2018 ist hierfür das „Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe und Aromastoffe (FAF)“ zuständig. Diese Expertengremien haben den im Frühjahr 2003 aufgelösten Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss (SCF) der Europäischen Kommission ersetzt.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des BfR arbeiten in den entsprechenden Gremien mit. Sie arbeiten an gesundheitlichen Bewertungen für neue Lebensmittelzusatzstoffe mit und beteiligen sich an der erneuten Bewertung bereits zugelassener Zusatzstoffe.

Bewertungskriterien für Lebensmittelzusatzstoffe

In der Verordnung (EU) Nr. 234/2011 ist kurz beschrieben, welche Daten für die gesundheitliche Risikobewertung von neuen Lebensmittelzusatzstoffen in der EU erforderlich sind. Hierzu zählen Informationen über Aufnahme, Verteilung im Körper, Verstoffwechselung und Ausscheidung sowie Informationen zur subchronischen und chronischen Toxizität, Kanzerogenität, Genotoxizität, Reproduktions- und Entwicklungstoxizität. Gegebenenfalls sind auch Studien zu weiteren toxikologischen Aspekten erforderlich. Vom Antragsteller sind die entsprechenden Leitfäden (Guidance documents) der EFSA zum Antragsverfahren und zur gesundheitlichen Bewertung zu berücksichtigen.

Für die zugelassenen Zusatzstoffe wurden bei der gesundheitlichen Bewertung in der Regel jeweils akzeptable tägliche Aufnahmemengen (Acceptable Daily Intake, ADI) abgeleitet. Diese ADI-Werte basieren überwiegend auf den Ergebnissen von Tierstudien, in denen die Tiere den betreffenden Zusatzstoff zumeist täglich über einen langen Zeitraum mit dem Futter in vergleichsweise hohen Konzentrationen erhalten haben. Die Dosis, bis zu der keine unerwünschten Reaktionen auftraten (No-Observed-Adverse-Effect-Level, NOAEL), wird durch einen Extrapolationsfaktor (in der Regel 100) geteilt. Dadurch sollen Unsicherheiten bei der Übertragung der Studienergebnisse vom Tier auf den Menschen und individuelle Unterschiede berücksichtigt werden. Somit beträgt der ADI-Wert häufig ein Hundertstel des NOAEL. Er wird in mg/kg Körpergewicht angegeben. Diese Menge kann ein ganzes Leben lang täglich aufgenommen werden, ohne dass unerwünschte Wirkungen zu erwarten sind. Gelegentliche kurzfristige Überschreitungen des ADI-Werts sind nach diesem ADI-Konzept tolerierbar, wenn (i) die Höhe der Überschreitung nur ein Ausmaß hat, das noch einen tolerierbaren Abstand zwischen der Exposition und dem NOAEL gewährleistet, (ii) es keine Hinweise darauf gibt, dass der für die Ableitung des ADI maßgebliche Effekt schon nach akuter Exposition auftritt, und (iii) sie nur so selten auftreten, dass die langfristige Exposition davon nicht nennenswert beeinflusst wird. Für einige Zusatzstoffe wurden keine numerischen ADI-Werte abgeleitet. Das Fazit der Bewertung lautete dann z. B. „akzeptabel“ oder „ADI not specified“.

Sofern verfügbar, wurden bei der gesundheitlichen Bewertung auch Daten aus Humanstudien berücksichtigt.

Programm zur Neubewertung zugelassener Lebensmittelzusatzstoffe in der EU

Da die Bewertungen der zugelassenen Zusatzstoffe durch internationale Expertengremien zum Teil schon vor längerer Zeit erfolgten, wurde in der EU ein Programm zur Neubewertung aller Zusatzstoffe aufgelegt. Die rund 300 zugelassenen Zusatzstoffe konnten allerdings nicht alle gleichzeitig erneut bewertet werden. Deshalb wurden mit der Verordnung (EU) Nr. 257/2010 Prioritäten festgelegt. Danach mussten die Lebensmittelfarbstoffe bis Ende 2015, die Süßstoffe bis Ende 2020 und alle anderen Zusatzstoffe bis Ende 2018 von der EFSA neu bewertet werden (allerdings wurden der EFSA hierfür inzwischen längere Fristen eingeräumt).

Wissenschaftliche Gutachten zur gesundheitlichen Bewertung von Zusatzstoffen

Stellungnahmen der EFSA-Gremien (aktuell FAF-Panel, zuvor AFC- und ANS-Panel) finden Sie hier.

Stellungnahmen des ehemaligen Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses (SCF) der Europäischen Kommission

Die Gutachten des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses (SCF) der Europäischen Kommission sind ebenfalls veröffentlicht.

Die Bewertungen des Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) finden Sie hier:

Diese werden zunächst (etwa zwei Wochen nach der betreffenden Sitzung) als Zusammenfassung, dann (mehrere Monate nach der Sitzung) detaillierter in den Technical Report Series (TRS) der WHO sowie schließlich als ausführliche Monographie in den Food Additives Series (FAS) „Toxicological evaluation of certain food additives and contaminants“ veröffentlicht. Auf der Website der WHO steht auch eine Datenbank zur Verfügung, in der die Bewertungsergebnisse zu einzelnen Stoffen recherchiert werden können.

Gesetzliche Regelungen

Lebensmittelzusatzstoffe sind Stoffe, die Lebensmitteln aus technologischen Gründen zugesetzt werden, zum Beispiel um ihre Beschaffenheit zu beeinflussen, dem Lebensmittel bestimmte Eigenschaften zu verleihen oder um Wirkungen zu erzielen. Entsprechend werden in der EU verschiedene Funktionsklassen von Lebensmittelzusatzstoffen unterschieden.

In der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008, mit der die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen in der EU geregelt ist, wird als Lebensmittelzusatzstoff „[…] ein Stoff mit oder ohne Nährwert, der in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Lebensmittelzutat verwendet wird und einem Lebensmittel aus technologischen Gründen bei der Herstellung, Verarbeitung, Zubereitung, Behandlung, Verpackung, Beförderung oder Lagerung zugesetzt wird, wodurch er selbst oder seine Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können. […]“ definiert.

Nur zugelassene Zusatzstoffe dürfen verwendet werden. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 darf eine Zulassung für Lebensmittelzusatzstoffe nur erteilt werden, wenn

  • sie gesundheitlich unbedenklich sind, soweit die verfügbaren wissenschaftlichen Daten ein Urteil hierüber erlauben
  • sie technologisch notwendig sind
  • Verbraucher durch ihre Verwendung nicht getäuscht werden

Für die zugelassenen Zusatzstoffe wurden Verwendungshöchstmengen für verschiedene Lebensmittelkategorien abgeleitet. Mit den Höchstmengen soll sichergestellt werden, dass die auf europäischer Ebene festgesetzte akzeptable tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI) eingehalten wird. Zusatzstoffe, die kein wesentliches Gefährdungspotenzial haben und in den üblichen Verwendungsmengen als unbedenklich gelten, wie zum Beispiel Calciumcarbonat (E 170) oder Stickstoff (E 941), und für die deswegen auf europäischer Ebene kein ADI-Wert abgeleitet wurde, werden ohne spezifische numerische Höchstmenge (quantum satis (qs)) zugelassen. Nach der „Guten Herstellungspraxis“ dürfen sie nur in der Menge verwendet werden, die erforderlich ist, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Alle in der EU zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe haben eine E-Nummer. Eine E-Nummer wurde bzw. wird an solche Zusatzstoffe vergeben, deren Verwendung von dem in 2003 aufgelösten Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss (SCF) der Europäischen Kommission bzw. von dem seit 2003 zuständigen Expertengremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als gesundheitlich unbedenklich angesehen wird. Lebensmittelzusatzstoffe müssen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung) auf verpackten Lebensmitteln in der Regel mit dem Klassennamen (z. B. „Konservierungsstoff“), gefolgt von ihrer speziellen Bezeichnung oder der E-Nummer aufgeführt werden.

Die einschlägigen Rechtsvorschriften sind auch auf einer Website der Europäischen Kommission verfügbar.

Datenbank zu Verwendungsbedingungen für Lebensmittelzusatzstoffe

Die Europäische Kommission hat eine Datenbank zur Verfügung gestellt, in der die zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe mit ihren Verwendungsbedingungen recherchiert werden können. Diese Datenbank ist in englischer Fassung verfügbar. Die Informationen basieren auf den Informationen der Unionsliste im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008.

Überwachung der gesetzlichen Regelungen zur Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen

In Deutschland ist die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen durch die unmittelbar geltenden EU-Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008und die betreffenden Änderungsverordnungen geregelt. Reinheitskriterien für Lebensmittelzusatzstoffe sind durch die Verordnung (EU) Nr. 231/2012 geregelt.

In dem föderalen System der Bundesrepublik Deutschland unterliegt die Lebensmittelüberwachung (einschließlich der Überwachung der Zusatzstoff-Verwendung) den Behörden der Bundesländer. Die zuständigen obersten Landesbehörden koordinieren - je nach Bundesland unterschiedlich - eine mehrstufige Behördenorganisation bis hin zu den lokalen Ämtern der Lebensmittelüberwachung. Welche Behörde im konkreten Einzelfall vor Ort zuständig ist, kann bei der obersten Landesbehörde des Bundeslandes erfragt werden.

Lebensmittelüberwachung – Verzeichnis der obersten Länderbehörden

Verwendungsbedingungen für Lebensmittelzusatzstoffe auf globaler Ebene

Auf globaler Ebene werden auf der Basis der Gutachten des Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) von dem Codex-Komitee für Lebensmittelzusatzstoffe (Codex Committee on Food Additives, CCFA) der Codex Alimentarius Kommission (Codex Alimentarius Commission, CAC) Standards zu Lebensmittelzusatzstoffen etabliert. Das CCFA und die CAC sind Einrichtungen der Welternährungsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die betreffenden Verwendungsbedingungen sind in dem General Standard for Food Additives (GSFA) aufgeführt. Sie sind in der EU rechtlich nicht verbindlich, können aber gegebenenfalls relevant sein, wenn Streitfälle zwischen der EU und Drittstaaten bei der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) zu verhandeln sind. Das ist einer der Gründe, weshalb sich die Europäische Kommission gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten aktiv an den Beratungen des CCFA und der CAC beteiligt.

Der General Standard for Food Additives und weitere CCFA-Standards sind auf den Codex Alimentarius-Websites verfügbar.

Stellungnahmen 27


Fragen und Antworten 3



Hintergrundinformation 1




Externe Links 22



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