Aromastoffe und Aromen
Was sind Aromen und wozu werden sie eingesetzt?
Aromen sind Erzeugnisse, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um ihnen einen besonderen Geruch und/oder Geschmack zu verleihen. Ein Aroma kann aus zahlreichen Aromastoffen, Aromaextrakten, thermisch gewonnenen Reaktionsaromen, Raucharomen und Aromavorstufen bestehen. Die meisten Aromen werden industriell bei der Lebensmittelherstellung eingesetzt, einige Aromen sind aber auch im Einzelhandel erhältlich, z.B. Backaromen wie Rum- oder Bittermandelaroma.
Aromastoffe sind chemisch definierte Stoffe mit Geschmack gebenden Eigenschaften (Aromaeigenschaften), die zur Herstellung von Aromen eingesetzt werden. Man unterscheidet natürliche, naturidentische und künstliche Aromastoffe. In der Natur hat man bislang rund 10000 Aromastoffe identifiziert, von denen etwa 2500 zur Herstellung von Aromen eingesetzt werden. Aromastoffe sind flüchtige chemische Verbindungen. Künstliche Aromastoffe wurden in Deutschland bisher als zulassungspflichtige Zusatzstoffe angesehen. Nach der nun gültigen europäischen Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 wird bei der Zulassung nicht mehr zwischen natürlichen, naturidentischen und künstlichen Aromastoffen unterschieden. Es gelten aber bei der Lebensmittelkennzeichnung besondere Anforderungen an die Verwendung des Begriffs „natürlich“.
Natürliche Aromastoffe werden mit physikalischen, enzymatischen oder mikrobiologischen Verfahren aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen hergestellt, z.B. durch Extraktion und Destillation. Beispiele: Vanillin aus Vanilleschoten und L-Menthol aus Pfefferminzpflanzen.
Naturidentische Aromastoffe werden chemisch (synthetisch) hergestellt und sind mit einem natürlichen Aromastoff chemisch gleich. Beispiele: Vanillin und L-Menthol.
Künstliche Aromastoffe werden durch chemische Synthese gewonnen und kommen in Lebensmitteln nicht natürlich vor. Beispiel: Ethylvanillin.
Aromaextrakte werden mit physikalischen, enzymatischen oder mikrobiologischen Verfahren entweder aus Lebensmitteln oder aus Stoffen pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ursprungs, die keine Lebensmittel sind, gewonnen. Es sind komplexe Stoffgemische, deren Zusammensetzung in Abhängigkeit der verwendeten Rohstoffe variieren kann.
Beispiel: ätherische Öle wie Citrus-, Anis- oder Fenchelöl.
Reaktionsaromen werden durch kontrolliertes Erhitzen einer Mischung aus verschiedenen Zutaten gewonnen, die nicht unbedingt selbst Aromaeigenschaften besitzen. Wie beim Backen und Braten entstehen dabei Röstaromen. Wichtige Ausgangssubstanzen sind Stickstoff (z.B. aus Eiweißbausteinen) und ein reduzierender Zucker (z.B. Traubenzucker).
Raucharomen werden aus Rauch hergestellt, der bei den herkömmlichen Verfahren zum Räuchern von Lebensmitteln eingesetzt wird. Dazu werden bestimmte Hölzer unter kontrollierten Bedingungen (Temperatur, Luftzufuhr etc.) verbrannt. Der Rauch wird in Wasser eingeleitet, fraktioniert und gereinigt. Dabei werden „Primärrauchkondensate“ gewonnen, aus denen unter Verwendung von Trägerstoffen Raucharomen hergestellt werden. Diese werden in die Lebensmittel direkt eingearbeitet oder im Tauch- oder Sprühverfahren auf die Oberfläche aufgebracht. Geschmacksgebende Bestandteile von Raucharomen sind vor allem Phenole und Carbonylverbindungen (Aldehyde und Ketone). Im Rauch kommen aber auch unerwünschte Stoffe vor, z.B. polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzo[a]pyren. Der Gehalt solcher Stoffe im Raucharoma ist gesetzlich begrenzt und kann durch kontrollierte Herstellungsbedingungen niedrig gehalten werden.
Trägerstoffe
Viele Aromastoffe sind sehr geschmacksintensiv. Sie lassen sich in konzentrierter Form schlecht verarbeiten. Deshalb werden zur Verdünnung Trägerstoffe - z.B. Alkohol, Stärke oder Milchzucker (Laktose) - verwendet, die mit den Aromastoffen vermischt werden. Nach Angaben der Aromenhersteller kann in den verarbeiteten verzehrfertigen Lebensmitteln bis zu 0,2 % Alkohol vorkommen (Quelle: Deutscher Verband der Aromenindustrie e.V., www.aromenhaus.de).
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für Aromen?
In Deutschland gilt seit 1981 die Aromenverordnung, mit der die Essenzen-Verordnung von 1959 ersetzt wurde. Sie legt Bedingungen für die Verwendung von Aromen fest, wie z.B. Höchstmengen für bestimmte Stoffe, und regelt die Kennzeichnung von Aromen. Mit dieser Verordnung ist auch die Richtlinie 88/388 (EWG) in deutsches Recht umgesetzt, mit der die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft angeglichen wurden.
In der Europäischen Union sind seit 1996 mit der Verordnung (EG) Nr. 2232/96 Regeln über die Verwendung von Aromastoffen festgelegt. Außerdem wurde ein Verfahren zur Einführung einer EU-Positivliste für Aromastoffe eingeführt, die festlegen soll, welche Aromastoffe Lebensmitteln zugesetzt werden dürfen. Zur Vorbereitung der Positivliste wurde 1999 zunächst ein Verzeichnis der etwa 2800 in der EU verwendeten Aromastoffe erstellt (Entscheidung der EU-Kommission 1999/217/EG). Im Jahr 2000 wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1565/2000 ein Bewertungsprogramm beschlossen, das nun inzwischen (Stand Juli 2011) fast abgeschlossen ist. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1331/2008 wurden die Regelungen im Jahr 2008 erweitert. Dazu zählt auch ein einheitliches Zulassungsverfahren. Die noch zu erstellende Positivliste ist als Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 vorgesehen. Dann werden nur die in dieser Positivliste aufgeführten Aromastoffe zulässig sein.
Da Raucharomen komplexe Gemische vieler chemischer Substanzen sind, gelten hier besondere Regelungen, die sich von denen für Aromastoffe unterscheiden. Die Verordnung (EG) Nr. 2065/2003 regelt die Bewertung und Zulassung von Raucharomen. Sie können Fisch- und Fleischerzeugnissen zugesetzt werden, aber auch einigen Lebensmitteln, die traditionell nicht geräuchert werden (z.B. Suppen, Soßen und Snacks).
Wer prüft, ob Aromastoffe gesundheitsgefährdend sind?
Aromastoffe werden von internationalen Expertengremien geprüft. Für die Bewertung auf EU-Ebene ist das „Panel on Food Contact Materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids (CEF)“ der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority EFSA www.efsa.europa.eu ) zuständig. Zuvor wurde diese Aufgabe vom Scientific Committee on Food (SCF) der EU-Kommission wahrgenommen. Auf globaler Ebene werden Aromastoffe vom „Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA http://www.who.int/foodsafety/chem/jecfa/publications/en/index.html)“ der Ernährungs- und Gesundheitsorganisationen der Vereinten Nationen bewertet. Bis vor einigen Jahren gab es auch ein entsprechendes Expertengremium des Europarats.
Das mit der Verordnung (EG) Nr. 1565/2000 im Jahr 2000 beschlossene Bewertungsprogramm wurde zunächst als wissenschaftliche Kooperation der Mitgliedstaaten der EG begonnen und dann später vom EFSA-CEF-Panel weitergeführt. Wissenschaftler des BfR sind seit Beginn des Programms an den gesundheitlichen Bewertungen beteiligt.
Aufgabe des BfR ist es, spezielle Fragen im Zusammenhang mit Aromastoffen zu bewerten und das Verbraucherministerium (BMEL) zu beraten, das auf EU-Ebene an der Erstellung oder Änderung entsprechender Verordnungen beteiligt ist. Dazu zählt auch die Prüfung von Vorschlägen der EU-Kommission zu Höchstmengen für bestimmte Aromastoffe in Lebensmitteln. Zu speziellen Fragen kann sich das BfR von einer Kommission (http://www.bfr.bund.de/de/bfr_kommission_fuer_lebensmittelzusatzstoffe__aromastoffe_und_verarbeitungshilfsstoffe-11082.html) aus externen Sachverständigen beraten lassen.
Wie werden Aromastoffe gesundheitlich bewertet?
Bei der Bewertung von Aromastoffen sind besondere Voraussetzungen zu berücksichtigen:
- Es sind sehr viele Stoffe zu bewerten (etwa 2700).
- Die weitaus meisten Aromastoffe kommen auch natürlicherweise in Lebensmitteln vor
- Die Datenlage ist in vielen Fällen sehr lückenhaft.
- Viele Aromastoffe werden wegen ihrer Geschmacksintensität nur in geringer Konzentration eingesetzt.
Deshalb wurde für die gesundheitliche Bewertung von Aromastoffen vom „Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA)“ ein spezielles Bewertungsverfahren entwickelt, das sich von dem Verfahren zur Bewertung von Lebensmittelzusatzstoffen unterscheidet:
- Die Bewertung erfolgt zunächst auf der Basis der verfügbaren Daten.
- Es werden Gruppen chemisch ähnlicher Stoffe (Flavouring Group Evaluations) bewertet.
- Besondere Berücksichtigung finden mögliche erbgutschädigende Wirkungen (Gentoxizität)
- Möglichen Stoffwechselprodukte (Metaboliten) werden bei der Bewertung berücksichtigt.
- Es wird geprüft, ob bestimmte Aufnahmemengen überschritten werden.
Wenn sich die gesundheitliche Unbedenklichkeit so nicht zeigen lässt, sind zusätzliche toxikologische Studien erforderlich.
Sind Aromastoffe gesundheitsgefährdend?
Etwa 600 Aromastoffe wurden von dem Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA), dem Scientific Committee on Food (SCF) und dem Expertengremium des Europarats bis zum Jahr 2000 bewertet und als gesundheitlich unbedenklich beurteilt.
Das Expertengremium der EFSA (CEF-Panel) hat bis jetzt etwa 2100 weitere Aromastoffe bewertet. Dazu zählen auch etwa 900 Aromastoffe, die seit dem Jahr 2000 vom JECFA bewertet wurden. Diese Bewertungen sind gemäß Verordnung (EG) Nr. 1565/2000 noch einmal vom CEF-Panel überprüft worden. Von den 2100 bewerteten Aromastoffen wurden etwa 1700 als gesundheitlich unbedenklich beurteilt. Zu etwa 400 Aromastoffen fordert das Gremium zusätzliche toxikologische Studien, bevor die Bewertung abgeschlossen werden kann.
Bisher gab es nur zu wenigen Stoffen, die auch natürlicherweise in Lebensmitteln vorkommen, gesundheitliche Bedenken. Sie wurden aus dem Aromastoff-Verzeichnis gestrichen.
Stoffe mit Aromaeigenschaften, die als gesundheitsgefährdend beurteilt wurden und gemäß Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 Lebensmitteln nicht als solche zugesetzt werden dürfen, sind: Agaricinsäure, Aloin, Capsaicin, Cumarin, Hyperizin, Beta-Asaron, Estragol, Blausäure, Menthofuran, Methyleugenol, Pulegon, Quassin, Safrol, Teucrin A und Thujon. Für bestimmte Stoffe, die von Natur aus in Aromen und Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften vorkommen, gelten zudem Höchstmengen in bestimmten Lebensmitteln. Das betrifft die meisten der oben genannten Stoffe.
Wie werden Raucharomen gesundheitlich bewertet?
Zur Bewertung der Primärrauchkondensate, aus denen sich dann Raucharomen herstellen lassen, sind neben Daten zur chemischen Charakterisierung dieser komplexen Substanzgemische auch Daten zur Genotoxizität und zur subchronischen Toxizität (90-Tage-Fütterungsstudie an Nagern) erforderlich. In diesen Studien werden die niedrigste Dosis, bei der unerwünschte Wirkungen auftraten, sowie die Dosis, bis zu der keine unerwünschten Reaktionen auftraten, ermittelt. Sie sollte in der Regel mindestens 300-fach größer sein als die Menge, die wir mit Lebensmitteln bei den vorgesehenen Verwendungsbedingungen aufnehmen.
Sind Raucharomen gesundheitsgefährdend?
Gemäß Verordnung (EG) Nr. 2065/2003 durften nur diejenigen Primärrauchkondensate vorläufig weiter verwendet werden, zu denen die für die Bewertung erforderlichen Daten bis Juni 2005 der EFSA vorgelegt wurden. Das waren 16 Primärrauchkondensate. Fünf Anträge wurden von den Antragstellern zurückgezogen. Die betreffenden Produkte wurden vom Markt genommen. Die anderen 11 Primärrauchkondensate hat das CEF-Panel der EFSA weiter bewertet. Das Gremium kam zu dem Schluss, dass die Aufnahmemengen bei den meisten Primärrauchkondensaten unter den vorgesehenen Verwendungsbedingungen zu hoch sind. Sie sollten demzufolge in geringeren Mengen bzw. in weniger Lebensmittelgruppen eingesetzt werden als vorgesehen.
Können Aromastoffe Allergien auslösen?
Etwa 1 bis 3 % der Erwachsenen leiden an Lebensmittelunverträglichkeiten. Davon ist nur ein Teil immunologisch bedingt (Allergien), während der andere Teil auf andere Mechanismen zurückzuführen ist (Pseudoallergien). Das Immunsystem reagiert in erster Linie auf größere Biomoleküle wie Proteine. Aromastoffe dürften insofern – wenn überhaupt – nur einen geringen Anteil an den Lebensmittelallergien haben.
Können Aromen Allergien auslösen?
Sofern Milchzucker (Laktose) als Trägerstoff in Aromen eingesetzt wird, muss das auf dem Etikett angegeben sein, weil Laktose zu den kennzeichnungspflichtigen allergenen Lebensmittelzutaten zählt. Nach Angaben des Verbands der Aromenindustrie (www.aromenhaus.de) wird Laktose mittlerweile durch andere Trägerstoffe ersetzt. Ein besonderer Fall ist Perubalsam, das Harz des Balsambaumes, das rund 30 Substanzen enthält. Perubalsam wird als natürliches Aroma z.B. in Backwaren eingesetzt und kann Unverträglichkeitsreaktionen auslösen. Perubalsam ist das vierthäufigste Kontaktallergen und kann bei oraler Aufnahme eine Systemische Kontaktallergie auslösen. Der Verband der Aromenindustrie hat auf diese Problematik reagiert und seinen Mitgliedern empfohlen, kein Perubalsam in Lebensmitteln einzusetzen.