Probabilistische Expositionsschätzung
Mit Hilfe der Expositionsschätzung werden die Art und Weise, Häufigkeit und Intensität des Kontaktes der Bevölkerung mit einem zu bewertenden Schadstoff bestimmt. Bei der herkömmlichen Expositionsschätzung (auch deterministische Schätzung oder Punktschätzung, „Worst-Case Schätzungen“ genannt) für Risiken durch chemische Substanzen wird das Konzept verfolgt, einen Wert zu schätzen, der den Schutz des größten Teils einer Bevölkerung sicherstellt. Dabei werden Abweichungen von den realen Werten in Kauf genommen, um durch teilweise starke Überschätzungen der tatsächlichen Exposition die Sicherheit der Verbraucher mittels einfacher Verfahren zu erreichen.
Seit einiger Zeit wird der Einsatz probabilistischer Ansätze (auch verteilungsbasierte oder populationsbezogene Ansätze genannt) für die Expositionsschätzung diskutiert. Diese Verfahren beschreiben nicht nur einen einzelnen, meistens extremen Fall, sondern versuchen die gesamte Variabilität in den Daten abzubilden und damit zu einer Darstellung aller möglichen Ausprägungen für die Exposition zu gelangen. Als mathematische Hilfsmittel zur Umsetzung dieses Ansatzes werden sogenannte Monte-Carlo-Simulationen, Verteilungsanpassungen und andere Grundlagen aus der Wahrscheinlichkeitstheorie benutzt.
Risiken werden in der Toxikologie üblicherweise über die Festlegung von Grenzwerten beschrieben. Unterhalb eines Grenzwertes sollte kein Risiko bestehen, oberhalb des Grenzwertes können gesundheitliche Auswirkungen durch den Kontakt mit Chemikalien nicht ausgeschlossen werden. Eine solche Grenzziehung wird häufig in Frage gestellt. Es wird diskutiert, ob diese Betrachtungsweise einer transparenten und realistischen Risikobewertung gerecht wird. Probabilistische Verfahren können diese vermeintliche Unschärfe aufzeigen und helfen dabei, Unsicherheiten zu charakterisieren und bei der Risikobewertung zu berücksichtigen.
Vorteile von Probabilistischen Verfahren für die Risikobewertung
- Probabilistische Verfahren bieten die Möglichkeit, realistische Expositionsschätzungen zu erhalten und Impulse für ein wirkungsvolleres Risikomanagement zu geben sowie zu einer transparenteren Risikokommunikation beizutragen.
- Es können mehr Informationen durch die Trennung von Variabilität und Unsicherheit gewonnen werden.
- Die Möglichkeiten, den Erfolg von Interventionsmaßnahmen bei der Simulation der gesamten Produktionskette nach dem „Farm-to-Fork“-Prinzip abzuschätzen, werden verbessert.
- Probabilistische Verfahren ermöglichen einen Blick auf das Gesamtbild der Risiken in der Bevölkerung und nicht nur auf Extremfälle.
- Der Einsatz statistischer Methoden anstelle subjektiver Expertenurteile trägt zu einer höheren Transparenz und Glaubwürdigkeit der Abschätzungen bei.