Haushalts-Chemikalien: Auch ältere Mitbürger sind verstärkt gefährdet
01/2000, 10.01.2000
Ärztliche Mitteilungen bei Vergiftungen 1998 erschienen
Haushaltschemikalien sind nicht nur eine Gefahrenquelle für Kleinkinder. Vergiftungen und Unfälle mit chemischen Stoffen und Produkten im Haushalt, die dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) seit 1990 von den behandelnden Ärzten und den Giftinformationszentren gemeldet wurden, zeigen, dass auch hochbetagte Menschen durch Haushaltsreiniger und andere flüssige Chemikalien stark gefährdet sind. Sie können solche Produkte z.B. mit Getränken verwechseln und versehentlich zu sich nehmen. Die Folgen für ihre Gesundheit können dann gravierend sein. Von 1990 bis 1998 wurden dem BgVV 9 Todesfälle von Menschen im Alter zwischen 65 und 90 Jahren gemeldet, die versehentlich tensidhaltige Haushaltsprodukte wie z.B. Spülmittel oder Duschgel aufnahmen. Bei älteren, möglicherweise verwirrten Menschen gibt es deshalb eine spezielle Gefährdung durch Chemikalien, die bisher noch nicht allgemein bekannt geworden ist. Denn anders als bei Kindern, wo es bedingt durch gute Reflexe meist bei einem kleinen Schluck bleibt und auch Teile davon wieder ausgespuckt werden, trinken ältere Menschen offensichtlich insgesamt größere Mengen bis zu 500 ml.
Aber auch die Aufnahme kleinerer Mengen stellt bei bestimmten Desinfektionsmitteln bereits eine massive gesundheitliche Gefährdung dar. So wurden dem BgVV mehrere Fälle gemeldet, bei denen hochbetagte Heimbewohner relativ geringe Mengen benzalkoniumchloridartiger Desinfektionsmittellösungen aus nicht ausreichend gesicherten und aufbewahrten Behältern tranken. Schwere Verätzungen im Bereich der Speiseröhre und chemische Pneumonien waren die Folge, in zwei Fällen verstarben sogar die Patienten.
Aus Anlass dieser Meldungen weist das BgVV mit Nachdruck darauf hin, dass insbesondere das Pflege- und Reinigungspersonal in Altersheimen, Altenpflegestätten und Kliniken dahingehend aufzuklären ist, dass Haushaltsreiniger, Duschmittel und Desinfektionsmittel entsprechend sicher aufbewahrt werden müssen. Nach den vorliegenden Hinweisen aus den ärztlichen Mitteilungen sind Behälter und Verpackungen mit Desinfektionsmitteln in Bezug auf ihre gesundheitsgefährdende Wirkung noch nicht mit ausreichenden Warnhinweisen versehen. Im Fall der benzalkoniumchloridhaltigen Produkte hat das BgVV deshalb Hersteller und Industrieverbände aufgefordert, unverzüglich ihre Erzeugnisse dem Risiko angemessen mit "ätzend" zu kennzeichnen und zusätzlich die Behälter mit ausreichend gesicherten Verschlüssen auszustatten.
Um die Produktsicherheit bei chemischen Stoffen und Produkten insgesamt zu erhöhen, informiert das BgVV bei Fällen mit schwerwiegenden Gesundheitsstörungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der unerwünschten Wirkung von Chemikalien stehen, unmittelbar die zuständigen Ministerien, die Hersteller, Vertreiber und Industrieverbände in anonymisierter Form. Die Hersteller und Vertreiber werden gebeten, dem BgVV mitzuteilen, ob und welche Maßnahmen sie zur Erhöhung der Produktsicherheit ergreifen werden. Fälle ohne schwerwiegende Gesundheitsstörungen werden vom BgVV am Jahresende analysiert. Die Ergebnisse werden den Herstellern und Vertreibern dann summarisch mitgeteilt.
Durch diese Aktivität zur beschleunigten Information von Herstellern und Vertreibern über unerwünschte Wirkungen von Verbraucherprodukten trägt das BgVV wesentlich dazu bei, dass risikomindernde Maßnahmen schneller ergriffen werden können und die Industrie ihrer Verpflichtung zur Produktsicherheit (responsible care) besser nachkommen kann.
Die "Ärztlichen Mitteilungen bei Vergiftungen 1998" können beim Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin, Thielallee 88-92, 14195 Berlin schriftlich oder per Fax unter 01888/412 4970 bezogen werden.