Fragen und Antworten zu Nutzen und Risiken von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt

FAQ des BfR vom 22. Mai 2014

Für private Haushalte werden Reinigungs- und Waschmittel angeboten, die biozide Wirkstoffe enthalten können. Die Produkte werden häufig damit beworben, eine antimikrobielle Wirkung zu haben und so schädliche Mikroorganismen zu beseitigen.

Ein gesundheitlicher Nutzen ist mit der Anwendung solcher Desinfektionsmittel nicht immer verbunden oder zweifelsfrei belegt. Zu bedenken sind gesundheitliche Risiken, die von den Produkten ausgehen können. Diskutiert wird zudem das Risiko einer Resistenzbildung von Mikroorganismen gegen die eingesetzten bioziden Wirkstoffe.

Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sollten daher im Privathaushalt Desinfektionsmittel nur in begründeten Ausnahmenfällen verwendet werden. Zum Schutz vor Infektionen ist es grundsätzlich ausreichend, die Grundregeln der Hygiene im Haushalt zu berücksichtigen und Reinigungs- und Waschmittel ohne biozide Wirkstoffe zu verwenden. Zu den Ausnahmen gehören medizinisch begründete Situationen, in denen Desinfektionsmittel nach ärztlicher Beratung eingesetzt werden.

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Was sind antimikrobielle Produkte?

Für die Nutzung im Privathaushalt werden im Handel  Reinigungs- und Waschmittel angeboten, die häufig mit einer antimikrobiellen Wirkung beworben werden.

Produkte mit einer antimikrobiellen Wirkung zielen darauf ab, die Vermehrungsfähigkeit und / oder die Infektiosität von Mikroorganismen zu verringern. Zu dieser Produktgruppe gehören beispielsweise Desinfektionsmittel, Antibiotika und Konservierungsmittel.

Was sind Desinfektionsmittel?

Desinfektionsmittel sollen messbar die Anzahl von Mikroorganismen verringern, die unerwünschte Wirkungen auf Mensch und Tier oder Materialien haben können. Mit der Anwendung der Produkte wird auch das Ziel verfolgt, die Übertragung von Krankheiten zu verhindern.

Haushaltsreiniger oder Waschmittel, die nachweislich eine antimikrobielle Wirkung haben, sind im engeren Sinne als Desinfektionsmittel zu bezeichnen. Diese Produkte unterliegen der europäischen Biozid-Gesetzgebung.

Wie wirken Desinfektionsmittel?

Jeder Wirkstoff, der in einem Desinfektionsmittel verwendet wird, wirkt nur gegen bestimmte Mikroorganismen (z.B. unbehüllte Viren oder Mykobakterien). Die Produkte können daher nicht universell eingesetzt werden.

Die Wirksamkeit eines Desinfektionsmittels ist nicht nur von den eingesetzten Wirkstoffen und deren Konzentration abhängig, sondern auch von Anwendungsbedingungen wie der Einwirkzeit oder der Temperatur. Auch bei der Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt, beispielsweise als Reinigungsmittel oder Hygienespüler, ist eine sachgerechte Anwendung der Produkte unter exakt definierten Bedingungen erforderlich, jedoch in der Praxis kaum sicherzustellen.

Sind Desinfektionsmittel zur Vermeidung von Infektionskrankheiten notwendig?

Mikroorganismen sind überall in der Umwelt vorhanden und lösen nicht zwangsläufig Erkrankungen aus, sondern haben sogar oftmals schützende oder unterstützende Funktion (z.B. bei der Besiedlung der menschlichen Haut oder des Darmtraktes). Zur Vermeidung gesundheitlicher Risiken ist es entscheidend, die Grundregeln der Hygiene im Haushalt zu beachten. Das beinhaltet neben der persönlichen Hygiene und einer regelmäßigen Reinigung des Haushalts auch die hygienische Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln ist hingegen nicht notwendigerweise erforderlich.

Gibt es Fälle, in denen eine Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt sinnvoll ist?

In Ausnahmefällen ist die Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt sinnvoll und notwendig, um eine Übertragung von Krankheitserregern zu vermeiden und besonders empfindliche Haushaltsmitglieder zu schützen. Hier sollte die Anwendung der Produkte nach Beratung mit dem behandelnden Arzt oder dem Gesundheitsamt erfolgen.

Welche gesundheitlichen Risiken können mit der Verwendung von Desinfektionsmitteln im Haushalt verbunden sein?

Aus der Dokumentation von Vergiftungen mit Haushaltschemikalien ist bekannt, dass Gesundheitsbeeinträchtigungen häufig durch Unfälle mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln verursacht werden. Der Schweregrad wird durch die Art, die chemische Zusammensetzung und durch die Länge der Einwirkungszeit der verschiedenen Produkte bestimmt. In den meisten Fällen werden nur leichte Gesundheitsbeeinträchtigungen beobachtet. Abhängig von den Inhaltsstoffen der Produkte kann es aber auch zu Verätzungen kommen, betroffen sind hier häufig die Augen und die Haut. Werden die Produkte irrtümlich getrunken, kann das zu Verätzungen im Magen-Darm Trakt führen. Ein besonderes gesundheitliches Risiko können zudem Produkte bergen, die sensibilisierende Eigenschaften haben, d.h. Allergien auslösen können.

Verbraucher, die Desinfektionsmittel verwenden, sollten zur Vermeidung von Allergien und Vergiftungsunfällen in jedem Fall auf eine sachgerechte Anwendung und eine sichere Aufbewahrung der Produkte achten. Dazu sollten in jedem Fall die Hinweise auf der Produktverpackung und ggf. die Gebrauchsanweisung beachtet werden.

Tragen Desinfektionen zur Resistenzbildung von Krankheitserregern bei?

Ob die Anwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt dazu beitragen kann, dass (krankmachende) Mikroorganismen eine Resistenz (Widerstandsfähigkeit) gegen die verwendeten Wirkstoffe entwickeln, muss im Einzelfall beurteilt werden. In solchen Fällen können die Produkte wirkungslos werden.

Mikroorganismen können Resistenzen gegen einen bioziden Wirkstoff ausbilden, wenn sie regelmäßig geringen, nicht-tödlichen Konzentrationen des Wirkstoffs ausgesetzt sind. Der Resistenzmechanismus bietet ihnen dann einen Überlebensvorteil gegenüber nicht-resistenten Mikroorganismen. Bakterien und Hefen sind zudem in der Lage, genetische Informationen und somit auch Resistenzeigenschaften an andere Mikroorganismen weiterzugeben.

Zudem könnten einige Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln die Resistenzentwicklung von Mikroorganismen gegen Antibiotika fördern - auch wenn die Mikroorganismen gegen den Wirkstoff selbst nicht resistent sind.

Müssen Desinfektionsmittel zugelassen werden, bevor sie vermarktet werden dürfen?

Desinfektionsmittel sind rechtlich als Biozidprodukte eingestuft, das bedeutet: Die eingesetzten bioziden Wirkstoffe müssen nach Biozid-Verordnung (EU) Nr. 528/2012 auf europäischer Ebene bewertet und genehmigt worden sein. Die einzelnen Produkte müssen dann auf nationaler Ebene zugelassen werden. In diesem Zulassungsverfahren wird das gesamte Produkt mit den enthaltenen Wirkstoffen unter Berücksichtigung des vorgesehenen Anwendungszwecks bewertet.

Die Zulassung erfolgt in Deutschland durch die Bundesstelle für Chemikalien, die bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin angesiedelt ist.

Für Biozidprodukte, deren Wirkstoffe vor dem 14. Mai 2000 zu bioziden Zwecken eingesetzt wurden, gelten allerdings Übergangsregelungen: Sie dürfen ohne Zulassung vermarktet werden, solange die Wirkstoffe noch nicht abschließend bewertet und genehmigt sind. Diese Regelung gilt längstens bis zum 31. Dezember 2024 und trifft momentan auf die meisten chemischen Desinfektionsmittel zu.

Welche Empfehlungen gibt das BfR zur Verwendung von Desinfektionsmitteln im Privathaushalt?

Mit der Anwendung von Desinfektionsmitteln im privaten Haushalt ist kein genereller hygienischer Nutzen verbunden. Vielmehr können die Produkte gesundheitliche Risiken (Vergiftungsunfälle, Allergiebildung) sowie das Risiko einer Resistenzbildung von Mikroorganismen gegen biozide Wirkstoffe bergen.

Im privaten Haushalt sollten Desinfektionsmittel daher nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Ausnahmen sind medizinisch begründete Situationen, in denen die Produkte nach ärztlicher Beratung für einen begrenzten Zeitraum eingesetzt werden.



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