Fragen und Antworten zu Acrylamid

Aktualisierte FAQ vom 24. August 2011

Im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Bewertung von Acrylamid erreichen das Institut Anfragen zur Aufnahme und Wirkung von Acrylamid sowie zur Einschätzung des Risikos, das sich für den Verbraucher aus dem Verzehr belasteter Lebensmittel ergeben könnte. Die am häufigsten gestellten Fragen hat das BfR im Folgenden zusammengestellt und beantwortet. Für darüber hinaus gehende Fragen, insbesondere zur Acrylamidbelastung einzelner Lebensmittel und zu Möglichkeiten, die Acrylamidbildung im privaten Haushalt durch entsprechende Zubereitungsverfahren zu reduzieren, verweisen wir auf die Homepage des aid sowie auf die aid-Informationsbroschüre „Acrylamid - 10 Fragen, 10 Antworten“.

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Was ist Acrylamid?

Acrylamid wird industriell zur Herstellung von Kunst- und Farbstoffen verwendet. Der Stoff wurde 1949 erstmals synthetisiert und wird seit den 1950er Jahren vor allem zur Herstellung von Polyacrylamid verwendet. Unvernetzte Polymere von Acrylamid sind meist wasserlöslich und werden als Stabilisatoren oder Flockungsmittel in vielen Anwendungen, beispielsweise in der Trink- und Abwasseraufbereitung, als Verpackungsmaterial und Bindemittel für Papier und Pappe verwendet. Vernetzte Polyacrylamide sind nicht löslich und quellen in Wasser auf, sie werden insbesondere als Trägermaterial für biochemische Analysen eingesetzt.

In Lebensmitteln wird Acrylamid auch beim Backen, Rösten, Grillen, Frittieren und Braten als Nebenprodukt bei der Bräunungsreaktion (Maillard-Reaktion) gebildet. Bei starker Erhitzung von kohlenhydratreichen Lebensmitteln, die zudem noch einen hohen Gehalt der Aminosäure Asparagin aufweisen, kommt es zur Bildung größerer Mengen Acrylamid. Die Acrylamidbildung beginnt bei Temperaturen von über 120 °C und steigt bei 170-180 °C sprunghaft an.

Wie wird Acrylamid aufgenommen?

Acrylamid kann über die Nahrung, über die Haut oder über die Atmung in den Körper gelangen. Es wird im Körper verteilt und verstoffwechselt. Sowohl Acrylamid als auch die Stoffwechselprodukte können die Plazenta passieren und in die Muttermilch übergehen.

Worin besteht die gesundheitsschädigende Wirkung von Acrylamid?

Erfahrungen über gesundheitsschädliche Wirkungen von Acrylamid liegen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes vor. So kann die Substanz bei Kontakt Augen und Haut reizen und die Haut für andere Stoffe sensibilisieren. In Mengen, mit denen der Verbraucher unter normalen Umständen bei weitem nicht in Kontakt kommt, kann Acrylamid auch Nervenschäden verursachen.

Andere Wirkungen, die für den Verbraucher größere Bedeutung haben, sind bislang nur im Tierversuch nachgewiesen: Es ist bekannt, dass Acrylamid das Erbgut verändern und Krebs erzeugen kann. Hierzu wird Acrylamid in der Leber zu Glycidamid umgewandelt, ein Stoff, der als erbgutschädigend und krebserregend eingestuft ist.

Die Ergebnisse einer neuen Langzeitstudie aus dem Jahr 2011 an Ratten und Mäusen zeigen, dass Acrylamid in Dosierungen von circa 300 bis 10.000 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag in zahlreichen Organen an der Krebsentstehung beteiligt ist. Dies ist übereinstimmend mit Ergebnissen aus älteren tierexperimentellen Studien. Die in den vergangenen Jahren durchgeführten epidemiologischen Studien über den Zusammenhang zwischen der Acrylamidaufnahme über Lebensmittel und der Krebsentstehung beim Menschen können eine krebserzeugende Wirkung von Acrylamid nicht sicher belegen. Bei diesen Studien wurden deutlich geringere Mengen des Stoffes über die Nahrung aufgenommen als die Dosierungen, die im Tierversuch verabreicht wurden.

Wie hoch ist die Belastung des Menschen mit Acrylamid?

Die stärkste für die Allgemeinbevölkerung zu berücksichtigende Acrylamidquelle ist das Rauchen. Es wird geschätzt, dass Raucher täglich mit 0,5 bis 2 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht belastet werden.

Der Verzehr von Lebensmitteln ist die zweite wesentliche Quelle für Acrylamid. Das BfR geht derzeit von einer mittleren täglichen Belastung von circa 0,3 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht aus. Solche Expositionsschätzungen sind mit gewissen Unsicherheiten verbunden, da nicht immer alle Lebensmittel berücksichtigt werden können. Auch ein hoher Verzehr von relativ gering belasteten Lebensmitteln könnte zu einer hohen Acrylamidaufnahme führen.

Sind Kinder und Jugendliche durch Acrylamid aus Lebensmitteln besonders gefährdet?

Bezogen auf ihr Körpergewicht essen Kinder mehr als Erwachsene. Die Acrylamidbelastung kann daher deutlich höher sein als beim Erwachsenen, hängt aber auch bei Kindern stark von den individuellen Verzehrsgewohnheiten ab. Im ungünstigsten Fall, wenn große Mengen mit Acrylamid hochbelasteter Lebensmittel verzehrt werden, können täglich wenige Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen werden.

Welche Erkenntnisse gibt es über die schädliche Wirkung von Acrylamid während einer Schwangerschaft, z.B. Schädigung des Kindes, Risiko einer Fehlgeburt?

Die vom Menschen über die Nahrung aufgenommenen Mengen an Acrylamid beeinträchtigen nach wissenschaftlicher Einschätzung weder die Entwicklung von Neugeborenen noch erhöhen sie das Risiko für Fehlgeburten. Dennoch sollten Schwangere und Stillende auf eine acrylamidarme Ernährung achten.

Welche Lebensmittel enthalten viel Acrylamid?

Den höchsten Gehalt an Acrylamid haben Kartoffelprodukte wie Chips, Kartoffelpuffer und Pommes frites sowie Getreideprodukte wie zum Beispiel Knäckebrot, Kräcker und Kekse. Da auch beim Rösten Acrylamid entsteht, ist Kaffee ebenfalls eine bedeutsame Acrylamid-Quelle. 

Ist bekannt, wie hoch die Belastung des Menschen mit Acrylamid durch andere Quellen als die Nahrung und das Rauchen ist?

Bislang ist davon auszugehen, dass andere Belastungsquellen vernachlässigbar sind.

Sehr geringe Acrylamidmengen werden beispielsweise über das Trinkwasser aufgenommen.

Für Acrylamid in Kosmetika wurden auf europäischer Ebene Regelungen getroffen, die den Restacrylamidgehalt deutlich beschränken, so dass die Belastung des Verbrauchers mit Acrylamid aus kosmetischen Mitteln heute als unerheblich angesehen wird.

Gibt es einen „tolerablen Grenzwert“ für die Aufnahme von Acrylamid?

Ein „Grenzwert“, bei dessen Unterschreitung ein Risiko für den Verbraucher ausgeschlossen werden kann, lässt sich nach derzeitigen Kenntnissen nicht festsetzen. Für die Festlegung eines solchen Grenzwertes wird üblicherweise ein bestimmter Sicherheitsabstand bei der Extrapolation von Tier zu Mensch berücksichtigt. Für Stoffe, die wie Acrylamid das Potenzial haben, sowohl das Erbgut zu schädigen als auch Krebs auszulösen, werden solche tolerablen Grenzwerte in der Regel nicht festgesetzt. Denn es ist davon auszugehen, dass theoretisch auch geringe Dosen gesundheitliche Risiken auslösen können. Das Risiko wächst, je mehr Acrylamid aufgenommen wird.

Beim Umgang mit Acrylamid gilt daher derzeit das ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable). Das heißt, dass die Aufnahmemenge so gering wie vernünftigerweise erreichbar gehalten werden soll.

Im Rahmen des Acrylamid-Minimierungskonzeptes wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ein sogenannter Signalwert von maximal 1000 Mikrogramm pro Kilogramm für Lebensmittelprodukte festgelegt. Wird dieser Wert überschritten, treten die Überwachungsbehörden der Länder in einen Minimierungsdialog mit den betroffenen Herstellern. Durch Änderungen der Rezeptur oder des Herstellungsverfahrens wird dann angestrebt, den Acrylamidgehalt zu reduzieren.

Was können Verbraucher tun, um Acrylamid zu reduzieren?

Da Acrylamid zu den unerwünschten Stoffen gehört, die bei der Zubereitung von Lebensmitteln unter hohen Temperaturen entstehen, können nicht nur Hersteller von kohlenhydratreichen Lebensmitteln zur Acrylamidreduktion beitragen, sondern auch die Verbraucher, die solche Lebensmittel (z.B. Kartoffeln) zu Hause braten, grillen, backen, frittieren oder rösten.

Der Anteil an Acrylamid hängt stark vom erhitzungsbedingten Bräunungsgrad der betroffenen Lebensmittel ab: Je dunkler das Produkt, desto mehr Acrylamid enthält es. Daher gilt die Faustregel „vergolden statt verkohlen“: Bei Temperaturen unterhalb von 180 Grad entstehen deutlich geringere Mengen an Acrylamid als bei höheren Temperaturen.

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