Rückläufiger Trend beim Einsatz von Antibiotika bei Masttieren


47/2022, 20.12.2022


BfR wertet Daten zur Therapiehäufigkeit und zum Antibiotikaverbrauch aus


Antibiotika werden bei Masttieren zunehmend seltener eingesetzt. Dies ist das Ergebnis des Berichts des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zur „Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018-2021: Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten“. Das BfR hat die Aufgabe, die von den Ländern übermittelten Daten zum Antibiotikaeinsatz jährlich auszuwerten und eine Risikobewertung zur Antibiotikaresistenz vorzunehmen. In seinem jetzt veröffentlichten Bericht berücksichtigt das BfR die Daten aus den Jahren 2018 bis 2021 und vergleicht diese mit dem Jahr 2017. „Die erfreuliche Botschaft ist, dass bei den erfassten Nutztierarten ein rückläufiger Antibiotika-Gesamtverbrauch zu sehen ist, wenn auch mit Schwankungen“, so Professorin Dr. Annemarie Käsbohrer, Leiterin der Fachgruppe Epidemiologie, Zoonosen und Antibiotikaresistenz, die den Bericht erstellte. Auch das Vorkommen von antibiotikaresistenten Keimen in Schlachttieren ist eher rückläufig. „Allerdings ist dieser Rückgang bei den Nutzungsarten unterschiedlich und spiegelt nicht den beobachteten Rückgang des Verbrauchs wieder. Wir müssen das Resistenzverhalten von Keimen noch besser verstehen lernen und die Anstrengungen zur Reduktion intensivieren, um langfristig einen Abfall der Resistenzrate erreichen zu können“, sagt Käsbohrer.

Zum Bericht „Therapiehäufigkeit und Antibiotikaverbrauchsmengen 2018-2021: Entwicklung in zur Fleischerzeugung gehaltenen Rindern, Schweinen, Hühnern und Puten“

Das BfR hat in seinem Bericht vier Kenngrößen in den Mittelpunkt gestellt. Zunächst wurde die betriebliche Therapiehäufigkeit betrachtet. Dieser Wert gibt an, an wie vielen Tagen im Halbjahr durchschnittlich bei einem Tier einer Nutzungsart in einem Betrieb eine antibiotisch wirksame Substanz angewendet wurde. Diese Werte wurden für Masthähnchen und -puten, Mastferkel und -schweine sowie Mastkälber und -rinder berechnet. So konnten auch Betriebe ermittelt werden, die im Laufe eines Halbjahres keine Antibiotika einsetzten, sogenannte Nullanwender-Betriebe. Zudem hat das BfR betrachtet, bei welchen der Nutzungsarten insgesamt am häufigsten antimikrobielle Substanzen zum Einsatz kommen (populationsweite Therapiehäufigkeit) und wie sich die Verbrauchsmengen über den Zeitraum entwickelten.

Den höchsten Anteil der Nullanwender-Betriebe pro Halbjahr gab es bei Mastrindern. Etwa 85 % dieser Betriebe verzichteten pro Halbjahr auf den Einsatz von Antibiotika. Bei Mastkälbern setzten etwas mehr als die Hälfte der Betriebe in einem Halbjahr keine Antibiotika ein. Bei Mastschweinen und -ferkeln umfasste der Anteil an Nullanwender-Betrieben, die in einem Halbjahr keine Antibiotika einsetzen, etwa ein Viertel der Betriebe. Bei Masthühnern und -puten schwankte der Anteil an Nullanwender-Betrieben zwischen 15 und 20 % pro Halbjahr.

Für die Verbrauchsmengen von Antibiotika ist bei allen Nutzungsarten ein rückläufiger Trend zu erkennen, wenn auch nicht immer gleichmäßig über den Zeitraum 2017 bis 2021 verteilt. Die größten Antibiotikamengen wurden nach wie vor bei Mastschweinen eingesetzt, gefolgt von -ferkeln, -puten, -hühnern und -kälbern. Die Verbrauchsmengen bei Mastrindern sind vernachlässigbar. Besonders erfreulich ist, dass auch ein Rückgang für die zur Behandlung des Menschen besonders wichtigen Antibiotikagruppen bei allen Nutzungsarten zu beobachten war.

Bei der durchschnittlichen Häufigkeit der Gabe von Antibiotika in den einzelnen Betrieben zeigte sich meist eine abnehmende Tendenz, allerdings durchaus auch mit höheren Werten in einzelnen Halbjahren. Allerdings ist bei Masthühner-Betrieben ein deutlich ansteigender Trend zwischen 2017 und 2021 zu erkennen. Die durchschnittliche betriebliche Therapiehäufigkeit stieg hier um 4,8 Tage an.

Die populationsweite Therapiehäufigkeit spiegelt diese Entwicklung wieder. Die häufigsten Antibiotikaanwendungen erfolgen mit einer durchschnittlichen Therapiehäufigkeit zwischen 20 und 25 Tagen im Geflügelbereich, gefolgt von Mastkälbern und -ferkeln mit 10 bis 15 Tagen sowie Mastschweinen mit etwa drei Tagen.

Das BfR hat die jetzt vorliegenden Daten zum Antibiotikaeinsatz bei Masttieren auch mit den Daten aus dem Resistenz-Monitoring abgeglichen, das gemeinsam mit den Ländern und dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) durchgeführt wird. Beim Resistenz-Monitoring wurde für die einzelnen Wirkstoffe häufiger ein Rückgang als ein Anstieg der Resistenzrate beobachtet, allerdings gab es Unterschiede zwischen den Tierarten. Die Veränderungen betrafen jedoch nicht notwendigerweise solche Antibiotika-Substanzklassen, deren Einsatz in der jeweiligen Tier- und Nutzungsart am stärksten reduziert wurden.

Aus Sicht des BfR müssen daher die Anstrengungen zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes fortgesetzt und intensiviert werden, um die Ausbreitung von Resistenzen zu verhindern und langfristig auch einen Abfall der Resistenzraten erreichen zu können.

Rechtliche Grundlage für den jetzt erschienenen BfR-Bericht ist das Tierarzneimittelgesetz (TAMG) vom 28. Januar 2022. Das Gesetz regelt, dass Betriebe, die Rinder, Schweine, Hühner oder Puten zur Fleischerzeugung halten, den Einsatz von Antibiotika dokumentieren und an die zuständigen Landesbehörden übermitteln müssen. Dem BfR werden diese Daten in pseudonymisierter Form übermittelt.

Das BfR hat die Daten aus den acht Halbjahren vom 1. Halbjahr 2018 bis zum 2. Halbjahr 2021 ausgewertet und mit der Situation im Jahr 2017 verglichen. Zukünftig wird das BfR jährlich untersuchen, wie sich die Therapiehäufigkeit und der Antibiotikaverbrauch über die Zeit entwickeln. Dies ist ein wichtiger Baustein zur Abschätzung der Wirkung der Antibiotikaminimierungsstrategie der Bundesregierung und des Risikos einer Übertragung resistenter Bakterien aus der Tierhaltung auf den Menschen.

Ziel der Antibiotikaminimierungsstrategie ist, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zu reduzieren, um so der Resistenzentwicklung von Keimen, die auf den Menschen übergehen können, entgegenzuwirken. Wenn Menschen mit antibiotikaresistenten Keimen in Kontakt kommen, wirken bei Krankheiten notwendige Antibiotikatherapien möglicherweise nicht. Die Auswertung der Daten zum Einsatz von Antibiotika und die Risikobewertung zur Resistenzentwicklung von Keimen ist Grundlage für die zuständigen Behörden, Maßnahmen zum Verbraucherschutz zu ergreifen.

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.


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