Süßungsmittel in Lebensmitteln – Ausgewählte Fragen und Antworten
FAQ des BfR vom 14. Juli 2023
Süßungsmittel sind Lebensmittelzusatzstoffe. Sie sind als kalorienfreie oder kalorienreduzierte Alternativen für Zucker in vielen verarbeiteten Lebensmitteln wie Erfrischungsgetränken, Süßwaren und Milchprodukten enthalten. Als Lebensmittelzusatzstoffe unterliegen Süßungsmittel innerhalb der Europäischen Union (EU) einem Zulassungsverfahren nach Verordnung (EG) Nr. 1333/2008. Eine Voraussetzung für die Zulassung ist ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit. Auch müssen sie auf den Verpackungen von Lebensmitteln grundsätzlich im Zutatenverzeichnis angegeben werden. In der EU haben derzeit 19 Süßungsmittel eine Zulassung. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat Fragen und Antworten zu dem Thema zusammengestellt.
Wie viel Süßungsmittel steckt in Erfrischungsgetränken?
Aus dem Produktmonitoring des Max Rubner-Instituts (MRI) aus dem Jahr 2022 geht hervor, dass der Anteil ausschließlich mit Süßungsmitteln gesüßter Erfrischungsgetränke leicht zugenommen hat. Das BfR untersuchte mit der MEAL-Studie (Mahlzeiten für die Expositionsschätzung und Analytik von Lebensmitteln), in welchen Konzentrationen Süßungsmittel in Erfrischungsgetränken enthalten sind. Dafür wurden die Gehalte von neun Süßungsmitteln, darunter Aspartam, Cyclamat und Steviolglycoside, in 92 kalorienreduzierten beziehungsweise zuckerfreien marktrelevanten Erfrischungsgetränken analysiert. Das Ergebnis: Die gemessenen Konzentrationen der Süßungsmittel wiesen teils große Spannweiten auf. Insgesamt enthielten 87 der 92 untersuchten Erfrischungsgetränke mehr als ein Süßungsmittel. Mehr Informationen hierzu bietet die dazugehörige BfR-Stellungnahme 006/2023.
Welche Süßungsmittel sind derzeit in Europa zugelassen?
In der EU sind gemäß Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 derzeit 19 Süßungsmittel zugelassen, die Spezifikationen und Reinheitskriterien sind in der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 geregelt. Von den zugelassenen Süßungsmitteln werden 11 häufig auch als Süßstoffe bezeichnet, und zwar Acesulfam K (E 950), Aspartam (E 951), Cyclohexansulfamidsäure und ihre Na- und Ca-Salze (Cyclamat) (E 952), Saccharin und seine Na-, K- und Ca-Salze (E 954), Sucralose (E 955), Thaumatin (E 957), Neohesperidin DC (E 959), Steviolglycoside (E 960), Neotam (E 961), Aspartam-Acesulfamsalz (E 962) und Advantam (E 969).
Acht der derzeit zugelassenen Süßungsmittel sind Zuckeraustauschstoffe: Sorbit (E 420), Mannit (E 421), Isomalt (E 953), Polyglycitolsirup (E 964), Maltit (E 965), Lactit (E 966), Xylit (E 967) und Erythrit (E 968). Chemisch betrachtet handelt es sich bei diesen Stoffen um Zu-ckeralkohole (Polyole).
Was ist der Unterschied zwischen Zuckeraustauschstoffen und Süßstoffen?
In der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 werden die sieben Zuckeralkohole Sorbit, Mannit, Isomalt, Maltit, Lactit, Xylit und Erythrit als „Gruppe IV: Polyole“ zusammengefasst. Polyole gehören zu den Zuckeraustauschstoffen. Hierzu gehört auch Polyglycitolsirup (E 964). Die übrigen in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 genannten Süßungsmittel werden allgemein häufig als Süßstoffe bezeichnet. Die Begriffe „Zuckeraustauschstoffe“ und „Süßstoffe“ sind in dieser Verordnung nicht definiert. Zuckeraustauschstoffe sind zuckerähnliche Substanzen mit meist geringerer Süßkraft und weniger Brennwert (angegeben in Kalorien oder Joule) als Zucker, die kaum bzw. keine Karies verursachen. Die Gruppe der Süßstoffe hingegen umfasst sehr verschiedene chemische Substanzen, die keinen oder nur einen unbedeutenden Brennwert haben und wesentlich süßer schmecken als Zucker. Einige Süßstoffe wie die Steviolglykoside werden aus den Blättern der Steviapflanze gewonnen.
Wie wird die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Süßungsmitteln sichergestellt?
In der EU sind gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 derzeit 19 Süßungsmitteln für verschiedene Lebensmittelkategorien zugelassen. Vor ihrer Zulassung wurden alle Süßungsmittel – ebenso wie auch alle anderen Lebensmittelzusatzstoffe – von einem internationalen Expertengremium gesundheitlich bewertet. Diese Bewertungen wurden bis zum Jahr 2003 vom Wissenschaftlichen Lebensmittelausschuss (Scientific Committee on Food, SCF) der Europäischen Kommission durchgeführt. Seitdem werden Lebensmittelzusatzstoffe von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet.
Werden die gesundheitlichen Bewertungen zu Süßungsmitteln aktualisiert?
Da die Bewertungen der zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe durch internationale Exper-tengremien zum Teil schon vor längerer Zeit erfolgten, wurde in der EU mit Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 und Verordnung (EU) Nr. 257/2010 ein Programm zur Neubewertung aller Lebensmittelzusatzstoffe aufgelegt. Im Rahmen dieses Programms werden die Süßungsmittel derzeit von der EFSA neu bewertet. Dabei werden auch die akzeptablen täglichen Aufnahmemengen (Acceptable Daily Intake, ADI) überprüft, die vom SCF oder der EFSA teilweise schon vor mehr als 20 Jahren abgeleitet wurden. Eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge kann ein Leben lang täglich aufgenommen werden, ohne dass gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
Die rund 300 zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe können allerdings nicht alle gleichzeitig erneut bewertet werden. Deshalb wurden Prioritäten festgelegt. Die Süßungsmittel hatten dabei eine niedrige Priorität, sie waren gemäß Verordnung (EU) Nr. 257/2010 bis Ende des Jahres 2020 neu zu bewerten (allerdings wurden der EFSA hierfür von der Europäischen Kommission inzwischen längere Fristen eingeräumt). Das galt nicht für Aspartam, das von der EFSA auf Wunsch der Europäischen Kommission bereits bis Ende des Jahres 2013 neu bewertet wurde (http://www.efsa.europa.eu/en/topics/topic/aspartame.htm).
Führen Mischungen mehrerer Süßungsmittel zu gesundheitlichen Risiken für den Menschen?
Solche Mischungen sind beispielsweise oft in nichtalkoholischen Erfrischungsgetränken zu finden. Ein Grund dafür ist, dass manche Süßungsmittel in höheren Konzentrationen einen bitter-metallischen Beigeschmack verursachen können. Um diesen zu vermeiden, werden sie mit anderen Süßungsmitteln kombiniert. Belastbare tierexperimentelle Daten über potenzielle Effekte bei Kombination von Süßungsmitteln liegen bisher nicht vor. Daher wurde dieser Aspekt bisher bei der toxikologischen Bewertung durch internationale Expertengremien im Rahmen der EU-Zulassung als Lebensmittelzusatzstoffe nicht berücksichtigt. Das BfR hat untersucht, ob sich aus der vorhandenen Datenlage, speziell aus Tierstudien, Hinweise auf gesundheitliche Risiken durch die kombinierte Verwendung relevanter Süßungsmittel ergeben. Die Betrachtungen wurden am Beispiel der kombinierten Verwendung von Süßungsmitteln durchgeführt, die in nichtalkoholischen Erfrischungsgetränken verwendet werden. Die Modellrechnung zeigt, dass Kombinationseffekte als unerwünschte Wirkungen in den Nieren und ableitenden Harnwegen prinzipiell auftreten könnten. Inwieweit die Erkenntnisse auf den Menschen übertragen werden können, lässt sich aufgrund der limitierten Datenlage zu Kombinationswirkungen von Süßungsmitteln derzeit nicht beurteilen. Mehr Informationen hierzu bietet die dazugehörige BfR-Stellungnahme 005/2023.
Birgt ein insgesamt steigender Konsum von Süßungsmitteln gesundheitliche Risiken?
Das BfR hat bewertet, ob ein möglicherweise vermehrter Einsatz von Süßungsmitteln ein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung birgt. Dazu hat das Institut die Datenlage zu den fünf am häufigsten eingesetzten Süßungsmitteln – Sucralose, Acesulfam K, Saccharin, Aspartam und Cyclamat – bewertet. Betrachtet wurde insbesondere, wie sich ein vermehrter Einsatz von Süßungsmitteln auf das Risiko für Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen auswirken könnte. Zudem wurde untersucht, ob es sensible Gruppen wie Schwangere oder Kinder gibt, die die Aufnahme von Süßungsmitteln meiden oder einschränken sollten. Das BfR kam zu dem Schluss, dass die Datenlage uneinheitlich und für einige betrachtete Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder und Schwangere) sowie für bestimmte gesundheitliche Aspekte sehr begrenzt ist. Hieraus ergibt sich weiterer Forschungsbedarf, um fundierte Schlussfolgerungen, insbesondere zu langfristigen Auswirkungen von Süßungsmitteln für verschiedene Bevölkerungsgruppen, ableiten zu können. Mehr Informationen hierzu bietet die dazugehörige BfR-Stellungnahme 004/2023.
Wie wird das Süßungsmittel Aspartam von verschiedenen internationalen Experten-gremien bewertet?
In der Vergangenheit wurde von verschiedenen Seiten mehrfach der Verdacht geäußert, dass Aspartam (E 951) krebsauslösend sein könnte. Daher ist Aspartam eines der am besten untersuchten und von verschiedenen internationalen Expertengremien wiederholt bewerteten Süßungsmittel. Wissenschaftliche Überprüfungen durch die zuständigen Gremien der EFSA und anderer Institutionen haben diesen Verdacht bislang nicht bestätigt. Bisher kamen die bewertenden Gremien zu dem Schluss, dass keine gesundheitlichen Bedenken bestehen, sofern die akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI) von 40 mg/kg Körpergewicht und Tag nicht überschritten wird. Zur Information von Patientinnen und Patienten, die unter der erblichen Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie leiden und auf eine Phenylalanin-arme Diät angewiesen sind, müssen Lebensmittel, die Aspartam enthalten (gemäß Anhang III Nummer 2.3 der Verordnung (EU) Nr. 1166/2011), mit dem Hinweis "enthält eine Phenylalaninquelle" gekennzeichnet sein.
In ihrer umfassenden Bewertung aus dem Jahr 2013 kam die EFSA zu dem Schluss, dass kein Anlass besteht, die zuvor abgeleitete akzeptable tägliche Aufnahmemenge von 40 mg Aspartam pro kg Körpergewicht und Tag zu ändern. Diese Menge kann ein ganzes Leben lang täglich aufgenommen werden, ohne dass unerwünschte Wirkungen zu erwarten sind. Derzeit bewertet die EFSA zwei ähnliche Süßungsmittel, das Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962) und Neotam (E 961). Das Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962) wird aus Aspartam (E 951) und Acesulfam K (E 950) hergestellt, während Neotam (E 961) ein chemisch verwandter Stoff ist, der aus Aspartam hergestellt wird. Die EFSA hat betont, dass sie alle neuen Erkenntnisse und Studien, einschließlich der aktuellen Stellungnahme der Internationalen Agentur für Krebsforschung (engl. International Agency for Research on Cancer; IARC) als eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Risikobewertung von Aspartam durch den Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (engl. Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives; JECFA) in ihren Bewertungen berücksichtigen wird.
Wie wird das Süßungsmittel Aspartam von Expertengremien der WHO bewertet?
Im Jahr 2021 wurde durch den internationalen Getränkeverband ICBA (engl. International Council of Beverage Associations) eine Risikobewertung von Aspartam durch den Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (engl. Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives; JECFA) vorgeschlagen. Diese erfolgte in der JECFA-Sitzung vom 27. Juni bis 6. Juli 2023. In der Risikobewertung wurde auch die Stellungnahme der IARC zu Aspartam berücksichtigt.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (engl. International Agency for Research on Cancer; IARC) klassifiziert Aspartam als „möglicherweise krebserzeugend beim Menschen (Kategorie 2B)". Die Agentur weist aber darauf hin, dass die positiven Befunde in den ausgewerteten epidemiologischen Studien nicht eindeutig dem Aspartam zugeschrieben werden, sondern auch auf andere Einflussfaktoren zurückgeführt werden könnten: „[…] chance, bias or confounding could not be ruled out as an explanation for the positive findings.[…]. Auch die Tierstudien hält die Agentur für nicht ausreichend belastbar „[…] based on concerns over the study design, interpretation and reporting of data, the working group concluded that the evidence for cancer in experimental animals was limited […]".
Der gemeinsame FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe, JECFA, kommt in seiner Risikobewertung hingegen zu dem Schluss, dass die berücksichtigten tierexperimentellen Daten und die ausgewerteten Humandaten keinen Hinweis auf ein krebserzeugendes Potential von Aspartam geben. Der Sachverständigenausschuss beurteilt dabei insbesondere das Verfahren zur Ermittlung der Aspartam-Exposition in den epidemiologischen Studien kritisch und weist zudem darauf hin, dass Aspartam als solches nicht ins Blut übergeht, sondern im Magen-Darm-Trakt zu Asparaginsäure und Phenylalanin sowie Methanol umgewandelt wird. Diese Stoffwechselprodukte werden auch durch Verzehr üblicher Lebensmittel aufgenommen. Daher bestätigt der Sachverständigenausschuss die in einer früheren Stellungnahme bereits abgeleitete akzeptable tägliche Aufnahmemenge (engl. Acceptable Daily Intake; ADI) von 40 mg/kg Körpergewicht und Tag.
Das Material der WHO zu der Thematik Aspartam ist hier abrufbar.
Eine Liste der von der IARC als möglicherweise krebserzeugend klassifizierten Stoffe finden Sie hier.
Hilfreich in diesem Zusammenhang sind zudem die Fragen und Antworten von WHO und IARC zu Aspartam.
Die vollständigen Stellungnahmen beider Einrichtungen sind noch nicht veröffentlicht, sie sind in der nächsten Zeit zu erwarten.
Gibt es Aspekte, die bei der Verwendung von bestimmten Süßungsmitteln beachtet werden sollten?
Wird das als gesundheitlich unbedenklich zugelassene Süßungsmittel Sucralose (E955) über 120 °C erhitzt, können chlorierte Verbindungen mit gesundheitsschädlichem und krebsauslösendem Potential entstehen. Temperaturen zwischen 120 °C und 150 °C sind bei der industriellen Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln möglich und können aber auch im Privathaushalt beim Zubereiten von Lebensmitteln (z. B. Backen, Braten) erreicht werden, die Sucralose enthalten.
Dabei können sich chlorierte organische Verbindungen wie beispielsweise polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) bzw. Dibenzofurane (PCDF) oder Chlorpropanole bilden. Für eine abschließende Bewertung potentieller gesundheitlicher Risiken fehlen derzeit noch Daten. Bis dahin empfiehlt das BfR, Sucralose-haltige Lebensmittel nicht auf Temperaturen zu erhitzen, wie sie beim Backen, Frittieren und Braten entstehen, oder Sucralose erst nach dem Erhitzen zuzusetzen. Dies gilt für Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie für gewerbliche Lebensmittelhersteller. Das BfR empfiehlt, dass dieser Aspekt bei der Neubewertung von Sucralose als Lebensmittelzusatzstoff besonders berücksichtigt wird. Mehr Informationen hierzu bietet die dazugehörige BfR-Stellungnahme 012/2019.