Mikroplastik: Fakten, Forschung und offene Fragen

FAQ des BfR vom 19. Juni 2024

Diese Fassung wurde gegenüber der Version vom 5. Juni 2019 in erheblichem Umfang überarbeitet, ergänzt und aktualisiert 

Kunststoffe sind heutzutage nahezu überall im Umfeld des Menschen präsent. Die globale Produktion an Kunststoffen wächst, und es gelangt immer mehr Kunststoff und damit auch Mikroplastik als Abbauprodukt in die Umwelt. Insbesondere in aquatischen Ökosystemen ist diese Thematik seit längerem bekannt. Der Mensch kommt mit Mikroplastik zum Beispiel über die Atemluft, das Trinkwasser, Lebensmittel und kosmetische Mittel in Kontakt.

Unter Mikroplastik werden kleine Kunststoffpartikel und -fasern verstanden. Die Größenangaben für Mikroplastik sind nicht immer einheitlich, aber beziehen sich meist auf Partikel von 1 Mikrometer (µm, das entspricht 0,001 Millimeter, mm) bis zu 5 mm. Da Plastik in der Umwelt sehr langsam zersetzt wird, ist davon auszugehen, dass es sich dort weiter anreichert. In der Öffentlichkeit und in der Wissenschaft wird derzeit eine mögliche gesundheitliche Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch einen Eintrag von Mikroplastik in die Nahrungskette diskutiert. Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist es unwahrscheinlich, dass von Mikroplastik in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für die Menschen ausgehen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) forscht in zahlreichen Projekten zu Mikroplastik und beantwortet im Folgenden häufig gestellte Fragen zu diesem Thema.

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Was ist Mikroplastik?

Unter dem Begriff Mikroplastik versteht man im Allgemeinen kleine Partikel, die aus wasserunlöslichen, meist aus Erdöl hergestellten synthetischen Polymerwerkstoffen bestehen. Die Verordnung (EU) 2023/2055 definiert anstelle des in der Umgangssprache gebräuchlicheren Begriffs Mikroplastik „synthetische Polymermikropartikel“ als feste, nicht natürlich vorkommende, nicht biologisch abbaubare, nicht wasserlösliche organische Polymere einer definierten Größe und Morphologie (Partikel und Partikel in Faserform). Diese Partikel unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Herkunft, Größe, Form und chemischen Zusammensetzung. Es sind beispielsweise verschiedene Polymerarten (z. B. Polyethylen, Polypropylen …) relevant. Die Größenangaben sind nicht einheitlich definiert, aber belaufen sich laut einer Veröffentlichung der OECD meist auf Partikel in der Größe von 1 Mikrometer (µm, das entspricht 0,001 Millimeter, mm) bis zu 5 mm (https://www.oecd-ilibrary.org/sites/2a89dea1-en/index.html?itemId=/content/component/2a89dea1-en#section-d1e756). Noch kleinere Partikel im Submikrometer- und Nanometerbereich fallen nicht unter die obige Definition der OECD von „Mikroplastik“. Zu Nanopartikeln verweisen wir auf die BfR FAQ „Fragen und Antworten zu Nanomaterialien“ https://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_nanomaterialien-8552.html.

Grundsätzlich wird zwischen primärem und sekundärem Mikroplastik unterschieden:

  • Primäres Mikroplastik wird in Form von kunststoffbasierten Granulaten bzw. Pellets für die direkte Anwendung in z. B. der Herstellung von Kunststoffprodukten, Kosmetikprodukten oder Textilien gezielt industriell hergestellt. Dabei kommen unterschiedliche Kunststoffe wie z. B. Polyethylen (PE), Polypropylen (PP), Polystyrol (PS), Polyethylenterephthalat (PET, ein Polyester), Polyvinylchlorid (PVC), Polyamid (PA, auch als Nylon bezeichnet), Polyacrylamid (unter dem Namen Polyacryl bekannt) und Polymilchsäure (PLA, ein Polyester) zum Einsatz.
  • Sekundäres Mikroplastik entsteht durch chemische und physikalische Alterungs- und Zerfallsprozesse von Kunststoffprodukten, beispielsweise von Plastiktüten und Plastik-flaschen, Fischfangnetzen oder aus Reifen- und Straßenabrieb. Nach heutigem Kenntnisstand besteht das in der Umwelt vorgefundene Mikroplastik zum überwiegenden Teil aus sekundärem Mikroplastik.

Allerdings werden derzeit auch noch andere Klassifizierungen vorgenommen, das BfR verwendet jedoch die Klassifikation der OECD vgl. https://www.oecd-ilibrary.org/sites/2a89dea1-en/index.html?itemId=/content/component/2a89dea1-en#section-d1e756.

Wie gelangt Mikroplastik in die Umwelt?

Primäres Mikroplastik wird als Granulat oder Pellet zur Herstellung von Kunststoffprodukten eingesetzt. Es wird zudem z. B. in industriellen Sandstrahlern, in Reinigungs- und Poliermitteln, als Trägermaterial für Dünger und Pflanzenschutzmittel, in Lacken und Farben, in Medizinprodukten, Textilien und in einigen kosmetischen Mitteln verwendet. Nach der Anwendung gelangen die Plastikpartikel mit dem Abwasser in die Abflusssysteme oder als Abrieb in die Umwelt. Da Klärwerke die Partikel nur unzureichend aus dem Abwasser herausfiltern können, gelangt ein gewisser Anteil in die Flüsse, Seen und Meere. Darüber hinaus kann Mikroplastik auf Äcker gelangen, wenn Dünger, Pflanzenschutzmittel oder Klärschlamm dort verteilt werden.

Quellen für sekundäres Mikroplastik sind vor allem der Reifen- und Straßenabrieb, aber auch die Emissionen aus der Abfallbeseitigung sowie der Farbabrieb von Kunstharz- oder Acrylfarben. Zudem tragen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher zum Eintrag bei, wenn sie Verpackungen, Tüten, Flaschen oder Kanister unkontrolliert entsorgen und diese im Freien durch UV-Strahlung oder andere Einwirkungen in Partikel zerfallen. Da Plastik nur sehr langsam abbaubar ist, verbleibt es für unbestimmte Zeit in der Umwelt. Durch Alterungs- und Zerfallsprozesse entsteht sekundäres Mikroplastik. Sekundäres Mikroplastik entsteht auch durch das Tragen und Waschen von kunststoffhaltigen Textilien. Bei diesen Vorgängen werden Mikrofasern aus dem Textil in die Luft bzw. in das Waschwasser freigesetzt. Dies gilt zum Beispiel für Fleece-Kleidungsstücke, die aus einem Velourstoff, der meist aus Polyester oder Polyacryl besteht, hergestellt werden. Des Weiteren sind der Abrieb von Schuhsohlen sowie Kunststoffgranulaten, beispielsweise von Sportplätzen, Quellen für Mikroplastik.

Mikroplastik ist somit ein breites globales Thema, das sowohl den Agrar- und Verkehrssektor als auch die Werkstoff- und Textilindustrie sowie den Gesundheits- und Verbraucherschutz betrifft.

Welche Methoden gibt es, um Mikroplastik in verbrauchernahen Produkten und Lebensmitteln nachzuweisen?

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es bereits einige validierte Methoden zur Bestimmung von Mikroplastik (siehe ISO/TC 61/SC 14). Eine Übersicht der derzeit vorhandenen Methoden kann in einer Stellungnahme der Bundesanstalt für Materialforschung- und ?prüfung (BAM) nachgelesen werden.

Die Vielfalt der Kunststoffe erschwert jedoch die qualitative (d. h. Identifizierung des Kunststoffmaterials) und insbesondere die quantitative (d. h. wie viele Mikroplastikpartikel in welcher Größe enthalten sind) Analyse von Mikroplastik. Verschiedene analytische Ansätze zur Bestimmung und Quantifizierung von Mikroplastik werden derzeit wissenschaftlich diskutiert und Methoden entwickelt und auf die Messung von Mikroplastik angepasst. Bis diese Methoden standardisiert und zur Routinekontrolle flächendeckend eingesetzt werden können, ist noch weitere Entwicklungsarbeit notwendig.

Wie kommt der Mensch mit Mikroplastik in Kontakt?

Der Mensch kann mit Mikroplastik zum Beispiel über die Luft, Staub, das Trinkwasser, Lebensmittel und kosmetische Mittel in Kontakt kommen. Belastbare Aussagen bezüglich des Anteils der verschiedenen Aufnahmepfade lassen sich aktuell aber noch nicht treffen. Die vorliegenden Studien sind aufgrund schlecht vergleichbarer Methoden, fehlender Daten z. B. für einzelne Aufnahmepfade und unterschiedlicher Qualität der Daten nur sehr begrenzt auswertbar. Der Kontakt des Menschen mit Mikroplastik ist jedoch grundsätzlich über die Haut, die Ernährung oder die Atmung möglich, wobei eine Aufnahme von Mikroplastik über die intakte Haut auszuschließen ist. Die einzelnen möglichen Aufnahmepfade werden im Folgenden beschrieben.

Werden Mikropartikel aus Kunststoff in kosmetischen Mitteln eingesetzt?

Mikroplastikpartikel können in kosmetischen Mitteln wie z. B. Duschgelen, Peelings oder Zahncremes eingesetzt werden, um eine besonders schonende Entfernung von z. B. Schuppen oder Schmutz sowie Belag von den Zähnen zu erreichen. Auch in vielen Weichspülern und Waschmitteln sind kleinste Kunststoffteilchen zu finden. Hier wird Polyethylen (PE) verwendet, um bei Flüssigwaschmitteln die gelartige Konsistenz herzustellen. In herkömmlichen Sonnenschutzmitteln und Cremes stecken oft Kunststoffverbindungen (Acrylate Crosspolymer ACS). In Cremes sorgt ACS für ein geschmeidiges Gefühl. In Sonnenmilch dient es als Verdickungsmittel und Filmbildner.

Laut Information des Europäischen Kosmetikverbands Cosmetics Europe hat sich die Menge an Mikrokunststoffpartikeln, die in abzuspülenden kosmetischen Produkten aufgrund ihres Reinigungs- und Peelingeffekts eingesetzt wurden, zwischen den Jahren 2012 und 2017 um 97 % reduziert. Im Oktober 2023 ist eine Verordnung der EU-Kommission zur Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln in Kraft getreten (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32023R2055), von der auch kosmetische Mittel betroffen sind. So dürfen abrasiv-wirkende synthetischen Polymermikropartikel (Microbeads) für die Verwendung in kosmetischen Mitteln und die entsprechenden kosmetischen Mittel seit diesem Zeitpunkt nicht mehr in den Verkehr gebracht werden. Für andere synthetische Polymermikropartikel, die in der Kosmetik verwendet werden, wurden unterschiedliche Übergangsfristen zwischen vier und zwölf Jahren festgelegt, um den betroffenen Interessenträgern Zeit zur Entwicklung und Umstellung auf Alternativen zu geben. Des Weiteren müssen acht Jahre nach Inkrafttreten der Beschränkung die für zwölf Jahre ausgenommenen Lippenmittel, Nagelmittel und Make-up-Produkte mit der Aufschrift "Dieses Produkt enthält Mikroplastik" versehen werden.

Muss die Verwendung von Mikroplastik in kosmetischen Mitteln deklariert werden?

Alle Inhaltstoffe eines kosmetischen Mittels werden in abnehmender Konzentration in der Liste der Inhaltsstoffe (INCI-Liste) aufgeführt, die auch Kunststoffe enthält. Ob sie allerdings als Mikrokunststoffpartikel in dem kosmetischen Mittel verwendet werden, muss nicht deklariert werden.

Kann der Mensch auch mit Mikroplastik aus Textilien in Kontakt kommen?

Textilien können beim Tragen und Waschen durch Abrieb Mikrokunststoffpartikel freisetzen. Diese gelangen so in die Luft und ins Abwasser und können auch in die menschliche Nahrung gelangen.

Gibt es eine Regelung zu Glitter aus Kunststoffmaterial?

Das Inverkehrbringen von losem Glitter ist mit In-Kraft-Treten der Verordnung (EU) 2023/2055 seit Oktober 2023 unzulässig, sofern dieser die Vorgaben der in der Verordnung definierten „synthetischen Polymermikropartikel" erfüllt. Dies betrifft z. B. loses Glitterpulver oder Glitzertinte. Bestände, die vor dem 17. Oktober 2023 erstmals in Verkehr gebracht wurden, dürfen aber noch abverkauft werden. Fest mit Trägermaterial verbundener Glitter, beispielsweise eingewebt in Textilien, bleibt hingegen erlaubt.

https://www.reach-clp-biozid-helpdesk.de/DE/Home/Mikroplastik/Mikroplastik_node.html

Können Mikroplastikpartikel in Lebensmitteln (inklusive Nahrungsergänzungsmitteln) enthalten sein?

Können Mikroplastikpartikel in Lebensmitteln (inklusive Nahrungsergänzungsmitteln) enthalten sein?

Mikroplastik gelangt nach heutigem Wissensstand auch in Lebensmittel. Es existieren Stu-dien, die Mikroplastik in beispielsweise Mineralwasser, Honig, Bier, Tafelsalz, Obst und Fisch und Meeresfrüchte nachgewiesen haben. Neben dem Eintrag über Lebensmittel selbst kann es auch über Verpackungsmaterialien, bei Herstellungsprozessen und bei der Zubereitung in die Nahrung gelangen. Es gibt derzeit aber noch keine zuverlässigen Möglichkeiten, die Menge und Zusammensetzung von Mikroplastik in Lebensmitteln zu quantifizieren. Hierzu fehlen noch valide und standardisierte Messmethoden, weshalb derzeit noch keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die durchschnittlichen Gehalte von Mikroplastik in Lebensmitteln möglich sind. Routinekontrollen von Lebensmitteln sind somit ebenfalls noch nicht möglich.

Dem BfR liegen beispielsweise Publikationen zum Vorkommen von Mikroplastik in Fischen, Muscheln und Krebsen vor. Miesmuscheln, die entlang der französisch-belgisch-niederländischen Küste beprobt wurden, wiesen zwei Mikroplastikpartikel pro Gramm Muschelfleisch auf. In wildlebenden Nordsee-Miesmuscheln und Muscheln aus dem Handel wurden je nach Herkunft fadenförmige Plastikpartikel nachgewiesen. Der überwiegende Teil der Studien zum Vorkommen von Mikroplastikpartikeln in Fischen bezieht sich auf Untersuchungen des Magen-Darm-Trakts der Tiere, der bei den meisten Fischen nicht mit verzehrt wird, sodass sich hieraus keine Erkenntnisse über die Aufnahme an Mikroplastikpartikeln durch Verbraucherinnen und Verbraucher beim Verzehr von Fischen ziehen lassen.

In Mineralwässern wurde in mehreren Studien das Vorhandensein von Kunststoffpartikeln nachgewiesen, hauptsächlich in Mehrwegflaschen. Da es nicht gelang, partikelfreie Negativ-kontrollen einzusetzen, bleibt unklar, ob die Partikel bereits im Wasser waren oder durch Reinigungs- oder Abfüllprozesse oder die Aufarbeitung im Rahmen der Analytik hineingelangt sind. Wässer aus Glasmehrwegflaschen wiesen ähnliche Mikroplastikgehalte auf wie Wässer aus Plastikmehrwegflaschen. Dies und die stoffliche Zusammensetzung der Partikel weist auf eine Kontamination bei der Reinigung und Wiederbefüllung der Mehrwegflaschen hin. Der Abrieb vom Deckel kann ebenso eine Quelle sein wie auch der Reinigungsprozess vor der Wiederbefüllung und das Altern des Plastikmaterials bei Mehrwegflaschen.

Isst der Mensch eine „Kreditkarte“ Mikroplastik pro Woche?

Im Oktober 2022 verbreitete sich die Meldung, dass der Mensch die Menge einer Kreditkarte (5 Gramm) an Mikroplastik pro Woche über die Nahrung zu sich nehmen würde, was seitdem in den Medien häufig zitiert wurde. Diese Annahme basiert jedoch auf einer Hochrechnung, die Ergebnisse aus verschiedenen Studien miteinander kombiniert. So werden die in verschiedenen Studien gefundenen Partikelanzahlen in bestimmten Lebensmitteln mit einer angenommenen durchschnittlichen Partikelgröße (und damit Partikelmasse) kombiniert, um die insgesamt aufgenommene Masse an Mikroplastik zu berechnen. Dabei wurde vernachlässigt, dass, basierend auf der Partikelanzahl, die weitaus meisten Partikel in den Studien kleinere und kleinste Durchmesser aufwiesen und damit eine viel geringere Masse als die zur Berechnung verwendeten besaßen. Das Ergebnis von 5 Gramm ist entsprechend viel zu hochgeschätzt (um mehrere Größenordnungen). Die verwendete Methodik insgesamt und insbesondere die Berechnung auf Basis der mittleren Partikelgröße wurde in der Fachliteratur als ungeeignet bewertet. Zudem sind Expositionsschätzungen nach dem heutigen Stand der Analytik insgesamt sehr vage und mit hohen Unsicherheiten behaftet.

Kann Mikroplastik ein Transportmittel für unerwünschte Stoffe (Kontaminanten) sein?

Es ist bekannt, dass sich Stoffe aus der Umwelt an Mikroplastikpartikel anlagern können. Diese Stoffe, z. B. polychlorierte Biphenyle (PCB) oder polyzyklische aromatische Kohlen-wasserstoffe (PAK) können entsprechend ihrer chemisch-physikalischen Oberflächeneigenschaften mit den Mikroplastikpartikeln Wechselwirkungen eingehen. Ob dadurch die Aufnahme dieser Stoffe und somit die Exposition des Menschen erhöht sein kann oder ob mögliche gebundene Kontaminanten in den Zellen von den Partikeln wieder freigesetzt werden können, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt (vgl. zum Thema die BfR-Studie unter https://microplastics.springeropen.com/articles/10.1186/s43591-022-00049-9).

Eine Modellrechnung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA 2016) zeigt, dass sich die tägliche Aufnahme von PCB und PAK über den Verzehr von belasteten Mikroplastikpartikeln in Muscheln im Vergleich zu anderen Aufnahmepfaden lediglich um 0,006 % bei den PCB bzw. weniger als 0,004 % bei den PAK erhöhen kann. Dabei wurde der Extremfall angenommen, dass ein Verbraucher täglich sehr viele (225 g) Muscheln mit einem Gehalt von 7 Mikrogramm (1 µg, entspricht 0,001 mg) Mikroplastikpartikeln je Kilogramm (kg) Muscheln verzehrt, die wiederum hohe Gehalte an PCB und PAK aufweisen, die voll-ständig freigesetzt werden und in den Menschen übergehen würden. Diese Umstände gelten als sehr unwahrscheinlich, und selbst hier ist der errechnete Beitrag sehr klein, vgl. die Untersuchung aus dem BfR unter https://doi.org/10.1021/acsomega.3c09380 .

Nach heutigem Stand des Wissens ist somit der Beitrag von an Mikroplastik gebundenen potenziell gesundheitsschädliche Stoffen gegenüber deren anderweitig aufgenommener täglicher Gesamtmenge als sehr gering anzusehen.

Sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Aufnahme von Mikroplastikpartikeln über Lebensmittel möglich?

Nach dem derzeitigen Stand des Wissens ist es unwahrscheinlich, dass von Plastikpartikeln in Lebensmitteln gesundheitliche Risiken für den Menschen ausgehen. Eigene und mit verschiedenen Modellpartikeln durchgeführte Untersuchungen des BfR zur oralen Aufnahme von Mikropartikeln in Mäusen oder mittels Zellkulturversuchen ergaben keine Hinweise auf Schädigungen des Darmgewebes oder anderer Zellen. Aufgrund der unzureichenden Daten-lage kann derzeit allerdings noch keine zusammenfassende Bewertung der Wirkung von Mikroplastik auf die Darmbarriere oder den menschlichen Körper erfolgen. Belege für schädigende Auswirkungen von Mikroplastikpartikeln auf die menschliche Gesundheit liegen nicht vor.

Bei Mikroplastikpartikeln, die größer als 1 mm sind, ist davon auszugehen, dass diese voll-ständig über den Darm wieder ausgeschieden werden. Laut der europäischen Lebensmittel-behörde (EFSA) ist es sehr wahrscheinlich, dass nur Partikel mit einer Größe unter 150 Mikrometer (µm, 1 µm entspricht 0,001 mm oder einem Tausendstel eines Millimeters) die Darmbarriere grundsätzlich überwinden können, jedoch wiederum nur Partikel kleiner als 1,5 µm im Körper über den Blutkreislauf weiterverteilt werden können. Studien zeigen auch, dass die Absorption im Darm sehr gering ausfällt. Derzeit liegen noch keine gesicherten Erkenntnisse zur Wirkung von Mikroplastik auf den Menschen vor. Plastikpartikel gelten jedoch als sehr unreaktiv, weshalb akute toxikologische Effekte sehr unwahrscheinlich sind. Über Langzeiteffekte bei chronischer Aufnahme gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Es ist aber davon auszugehen, dass sich der Kenntnisstand zu Mikroplastik in den kommenden Jahren deutlich weiterentwickelt und somit zukünftig eine bessere Bewertung der gesundheitlichen Risiken möglich sein wird.

Besteht für Verbraucherinnen und Verbraucher ein unmittelbares gesundheitliches Risiko, wenn sie kosmetische Mittel mit Mikropartikeln aus Kunststoff verwenden?

Das BfR hat sich mit der Frage befasst, ob von einer dermalen oder unbeabsichtigten oralen Aufnahme von Mikrokunststoffpartikeln aus Duschgels, Peelings und Zahnpasten ein gesundheitliches Risiko ausgehen kann. Nach heutigem Kenntnisstand ist ein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher aus Sicht des BfR unwahrscheinlich, da die in Peelings oder Duschgelen verwendeten Mikrokunststoffpartikel wesentlich größer als 1 Mikrometer (1 µm entspricht 0,001 mm) sind. Bei dieser Partikelgröße ist bei vorhersehbarem Gebrauch der Produkte eine Aufnahme über die gesunde und intakte Haut nicht zu erwarten. Auch beim Verschlucken von Zahnpasta ist aufgrund der partikulären Größe davon auszugehen, dass eine Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt nur in geringem Maße und nur bei Partikeln von wenigen Mikrometern Größe stattfindet und dass der überwiegende Teil der Partikel über den Stuhl ausgeschieden wird. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich während der Passage durch den Magen-Darm-Trakt gesundheitlich relevante Mengen an chemischen Additiven oder Kontaminanten aus diesen Partikeln freisetzen.

Zum Thema Mikroplastik wird derzeit intensiv geforscht, um verlässliche Daten zu erhalten und somit das gesundheitliche Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher noch besser einschätzen zu können.

Kann man Mikroplastik mit Zitronenöl aus dem Körper entfernen?

Gelegentlich wird in den sozialen Medien behauptet, dass man Mikroplastikpartikel durch die Einnahme von Zitronenöl im Körper auflösen und so entfernen könne. Dem BfR sind keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die eine solche Behauptung stützen würden. Zitronenöl ist nicht in der Lage, Mikroplastik aufzulösen.

Das BfR hat sich bereits im Jahr 2020 in einem Forschungsprojekt mit dem Thema Abbau von Mikroplastik im Körper beschäftigt. Im Vordergrund stand hier der Verdauungstrakt. In der Studie zeigte sich, dass die untersuchten Mikroplastikpartikel äußerst stabil gegenüber den Verdauungssäften wie z. B. der Salzsäure des Magens (volkstümlich Magensäure) sind. Auf welcher Grundlage Zitronenöl Mikroplastik aus dem Körper entfernen soll, ist allein deshalb schon hinterfragbar, weil zum Beispiel Behälter aus Polypropylen (PP) zur Verpackung und Aufbewahrung von Schwefelsäure oder Motorenöl verwendet werden, was bedeutet, dass dieser polymere Werkstoff sehr resistent gegenüber Säuren und Ölen ist.

Was weiß man über Mikroplastik in Blutgefäßen?

In einer kürzlich erschienenen Studie wurden Mikroplastikpartikel in Plaques in menschlichen Blutgefäßen gefunden. Ähnliche Publikationen aus den vergangenen Jahren fanden zudem Polymere in Blut, Milch und anderen biologischen Proben. Aufgrund der Aktualität dieser Ergebnisse und der laufenden Verbesserung der analytischen Methoden sind hier weitere Untersuchungen in den nächsten Jahren zu erwarten. Um verlässliche Aussagen treffen zu können, muss sichergestellt werden, ob die Messverfahren wirklich Partikel oder nur freigesetzte Polymerstrukturen oder Additive detektieren. Ferner ist es wichtig, die Bestimmungsgrenzen zu ermitteln und Kontaminationen zu minimieren, um zuverlässige quantitative Bestimmungen durchführen zu können. Die Methoden müssen validiert und standardisiert werden, um z. B. auch für die Untersuchungsbehörden einsetzbar zu sein. Hierzu laufen international gerade viele Forschungsprojekte.

Wie nimmt die Öffentlichkeit das Thema Mikroplastik wahr?

Das BfR erfasst in sozialwissenschaftlichen Studien die Wahrnehmung zum Thema Mikro-plastik. In der Bevölkerung in Deutschland lässt sich eine hohe Bekanntheit des Themas fest-stellen – zuletzt 95 % im aktuellen BfR-Verbrauchermonitor (02/2024). Die Studienergebnisse legen zudem nahe, dass Mikroplastik als Risiko wahrgenommen wird. Der Anteil der Personen, die über Mikroplastik in Lebensmitteln beunruhigt sind, ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Auch zeigen die Ergebnisse, dass die Menschen über die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Umwelt besorgt sind.

Was erforscht und bewertet das BfR zum Thema Mikroplastik?

Am BfR wurden die Forschungsprojekte zum Thema Mikroplastik im Jahr 2013 mit Unter-suchungen zur Aufnahme von Mikroplastikpartikeln in Miesmuscheln und Austern begonnen. Das Hauptziel war zunächst, ein Standardprotokoll für die Kontamination von Muscheln mit definierten Partikeln für die Herstellung kontaminierten Referenzmaterials zu entwickeln. Mit der entwickelten Methodik ließen sich im Labor sowohl Ostsee-Miesmuscheln sowie Austern zuverlässig und in ausreichendem Umfang mit Plastikpartikeln verschiedener Größe, Form und Materialien als Referenzmaterial kontaminieren. Zudem wurde am BfR eine Tierstudie ausgewertet, in der Mäuse über 28 Tage mit verschiedenen Mikroplastikpartikeln gefüttert worden waren. Die verabreichten Mengen lagen dabei weit oberhalb dessen, was als Exposition für den Menschen realistisch erscheint. Nach den Untersuchungen des BfR zeigten die verschiedenen Mikroplastikpartikel keine schädlichen Effekte auf das Darmgewebe oder auf andere Organe der Mäuse. Zudem werden am BfR in-vitro-Studien durchgeführt, in denen die mögliche Aufnahme verschiedener Mikro- und Nanoplastikpartikel in menschliche Darm-, Leber-, Lungen- und Immunzellen untersucht wird. Die bisherigen Ergebnisse dieser Studien wurden in zahlreichen wissenschaftlichen Fachzeitschriften publiziert, und Forschungsprojekte werden in verschiedenen Gruppen am BfR weitergeführt.

Zwischen 2017 und 2021 existierte in der Abteilung Lebensmittelsicherheit die Nachwuchs-gruppe Nanotoxikologie, die sich auch mit mikro- und nanoskaligen Kunststoffpartikeln befasste. Diese Gruppe beschäftigte sich damit, wissenschaftliche Daten über Toxikologie von Mikro- und Nanoplastikpartikeln aus umwelt- und lebensmittelrelevanten Polymeren zu generieren. Die Ergebnisse flossen in zwei Dissertationen sowie zahlreiche wissenschaftliche Publikationen ein. Die Projekte der Nachwuchsgruppe werden im Rahmen weiterer Forschungsprojekte in der Abteilung Lebensmittelsicherheit fortgesetzt.

Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt InnoMatLife https://nanopartikel.info/en/research/projects/innomat-life/ (2019-2022) befasste sich das BfR mit verschiedenen „Innovativen Materialien“, dabei unter anderem auch Mikroplastik, und betrachtete dessen Sicherheit über den gesamten Lebenszyklus des Materials. InnoMat.Life hat erstmals eine größere Auswahl unterschiedlicher Polymerpartikel mit Größenverteilungen, wie sie für sekundäres Mikroplastik zu erwarten sind, systematisch untersucht. Dabei wurden viele wertvolle Methoden etabliert und damit ein wichtiger Beitrag zur Risikobewertung geleistet.

Gleichzeitig befasst sich das BfR mit möglicher Freisetzung und Exposition gegenüber Mikro-plastik beim 3D-Druck, insbesondere hinsichtlich der filamentbasierten Verfahren. Hierbei werden beim 3D-Druck sowohl gasförmige Bestandteile als auch Plastikpartikel freigesetzt. Die Partikeln bestehen dabei vor allem aus dem Polymermaterial des eingesetzten Filaments und zudem aus teils enthaltenen partikulären Additiven in den Filamenten. Die Größe der freigesetzten Polymerpartikel ist abhängig von Material und Druckeigenschaften und bewegt sich im Nanometerbereich, so dass eine inhalative Exposition möglich ist. Für detaillierte Expositionsabschätzungen oder Aussagen zu adversen Effekten des 3D-Drucks ist jedoch noch weitere Forschung erforderlich, da es vielfach noch Wissenslücken gibt.

Im EU-geförderten Projekt POLYRISK (https://polyrisk.science) befasst sich das BfR zusammen mit europäischen Kooperationspartnern seit 2021 mit möglichen Gefährdungspotentialen für den Menschen durch Mikro- und Nanoplastikpartikel. Es sollen Erkenntnisse zur Exposition und Gefährdungsbeurteilungen unterschiedlicher Kunststoffmaterialien in verschiedenen Expositionsszenarien gewonnen werden. POLYRISK ist Teil des CUSP-Clusters (https://cusp-research.eu/), einem Europäischen Forschungscluster mehrerer internationaler Projekte, die Mikro- und Nanoplastik zum Inhalt haben.

Seit 2015 untersucht das BfR im Rahmen des BfR-Verbrauchermonitors die Wahrnehmung zu Mikroplastik. In den bevölkerungsrepräsentativen Befragungen wurden dabei unter anderem die Bekanntheit, Informiertheit und Beunruhigung der Bevölkerung über Mikroplastik in Lebensmitteln erhoben. Zwischen 2021 und 2022 untersuchte das BfR außerdem in einem Kooperationsprojekt mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und der Universität Wien vergleichend die Wahrnehmung von Mikroplastik in Deutschland und Italien. In Interviewstudien und bevölkerungsrepräsentativen Befragungen wurden neben der Wahrnehmung und Einschätzung des Risikos von Mikroplastik für die menschliche Gesundheit und Umwelt auch allgemeine Aspekte wie Informationsquellen und -bedürfnisse erhoben. Das BfR nutzt diese Erkenntnisse, um die Menschen besser über mögliche gesundheitliche Risiken von Mikroplastik aufzuklären.

Zu vergangenen und aktuellen Forschungsprojekten verweist das BfR zudem auf seine Homepage (www.bfr.bund.de) sowie, sofern vorhanden, die Websites der einzelnen Forschungsprojekte.

Können Verbraucherinnen und Verbraucher auch über die Atmung Mikroplastik aufnehmen?

Eine Exposition des Menschen über die Atmung ist sehr wahrscheinlich. Konkrete Studien zu den Auswirkungen von Mikroplastik in der Atmosphäre bzw. Luft stehen noch am Anfang. Mikroplastik kann im Schwebstaub und im sedimentierenden Staub nachgewiesen werden, macht aber nach heutigem Kenntnisstand nur einen kleinen Teil der Feinstaubbelastung aus. Ein wesentlicher Faktor dafür ist die Größenordnung der Partikel, ihr Schwebeverhalten und Ausbreitungsvermögen sowie ihre Lungengängigkeit. Feinstaub wird je nach Größe der Partikel als PM 10 (Ø < 10 μm, inhalierbar) bzw. PM 2,5 (< 2,5 μm, alveolengängig, d. h. gelangt in die Lungenbläschen) charakterisiert. Im Gegensatz zu Gewässern und Böden reichert sich Mikroplastik in der Luft jedoch nicht an, es wird mit der Luftströmung, je nach Gewicht und Form der Teilchen und den Windverhältnissen, über unterschiedlich weite Distanzen verfrachtet.

Als Hauptquelle von sekundärem Mikroplastik in der Außenluft gilt der Straßenverkehr. Laut einer aktuellen Studie der Universität für Bodenkultur Wien stammen neun Prozent aller Staubanteile unter fünf Millimeter in Österreich aus Reifenabrieb (vgl. https://doi.org/10.1016/j.envpol.2021.118102 ). Reifenabrieb wird zu Mikroplastik gerechnet, obwohl elastomere Materialien nach internationalem Standard ISO 472 (2013) strenggenommen nicht als Plastik betrachtet werden. Eine Studie zur Innenraumluft stellte fest, dass sich mehr Mikroplastik aus der Raumluft auf dem Teller niederschlagen kann, als in einer Portion Muscheln steckt. Um zu simulieren, ob ein Mensch die Plastikpartikel einatmet, hat eine Arbeitsgruppe der Aalborg-Universität eine Atempuppe in Wohnungen gesetzt und die eingeatmeten Partikel charakterisiert. Ergebnis: nur 4 % der eingeatmeten Teilchen war Mikroplastik, der überwiegende Rest meist biologischen/natürlichen Ursprungs (vgl. https://doi.org/10.1038/s41598-019-45054-w ).

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