Fragen und Antworten zu den gesundheitlichen Risiken von hanfhaltigen Lebensmitteln und Futtermitteln

Aktualisierte Fragen und Antworten des BfR vom 15. November 2022

Änderungen gegenüber der Version vom 16. Juli 2021: Ergänzung um neue Studienergebnisse des BfR zu Hanf in Lebensmitteln und Futtermitteln.

Hanf in Nudeln, Hanf in Energydrinks - Hanf hat als Zutat zahlreicher Lebensmittel in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren. Dabei nutzen Menschen die Fasern der Kultur- und Nutzpflanze bereits seit Jahrhunderten u. a. für die Herstellung von Seilen, Textilien und Papier. Teile der Hanfpflanze (z. B. Blätter und Blüten oder daraus hergestellte Extrakte) werden zudem als Heil-, aber auch als Rauschmittel eingesetzt.

Die Samen der Hanfpflanze sind reich an wertvollen Amino- und Fettsäuren, vergleichbar mit Leinsamen. Die Blätter und Blüten enthalten jedoch sogenannte Cannabinoide. Einige davon können die Psyche beeinflussen. Man spricht auch von psychoaktiven Substanzen. Der Kontakt mit cannabinoidhaltigen Pflanzenteilen, beispielsweise bei der Ernte, kann zu einer Kontamination (Verunreinigung) der Samen führen.

Zu den bekanntesten Cannabinoiden gehören Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Psychoaktiv wirkt vor allem das THC. Vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) durchgeführte Modellrechnungen zur Exposition deuten darauf hin, dass es insbesondere durch Verzehr von Hanfsamenöl mit hohen THC-Gehalten zu einer Überschreitung der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleiteten akuten Referenzdosis (ARfD) für THC kommen könnte. Vor allem Kinder haben aufgrund ihres geringen Körpergewichts ein erhöhtes Risiko, zu viel THC aufzunehmen. Bereits kleine Mengen der psychoaktiven Substanz können das zentrale Nervensystem und das Herz-Kreislauf-System beeinflussen. In der Folge können unter anderem Stimmungsschwankungen und Müdigkeit auftreten.

Den CBD-haltigen Produkten werden gesundheitsförderliche Wirkungen nachgesagt, die bisher jedoch größtenteils nicht wissenschaftlich belegt sind. Sie werden vorrangig als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Nach aktuellem Kenntnisstand wirkt CBD nicht psychoaktiv. Es besitzt aber eine pharmakologische Wirkung. CBD-Produkte können zudem mit THC verunreinigt sein.

Beim Inverkehrbringen hanfhaltiger Erzeugnisse sind die betäubungsmittel-, arzneimittel- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu beachten.

Auch als Futtermittel kann Hanf gesundheitliche Risiken bergen. Eine in der Fachzeitschrift „Nature Food“ veröffentlichte BfR-Studie weist darauf hin, dass hanfhaltiges Futtermittel die Gesundheit von Kühen beeinträchtigen kann. Außerdem konnten Cannabinoide in der Milch nachgewiesen werden.

Das BfR hat im Folgenden häufig gestellte Fragen und Antworten zum Thema „Hanfhaltige Lebensmittel“ zusammengestellt.

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Hanf - was ist das?

Bei Hanf (Cannabis) handelt es sich um eine Pflanzengattung aus der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae). In Europa wird üblicherweise die Art Cannabis sativa L. angebaut.

Wofür wird Hanf verwendet?

Hanf gilt als eine der ältesten Kultur- und Nutzpflanzen. Verschiedene Zubereitungen der Pflanze werden seit dem Altertum als Heil-, aber auch als Rauschmittel eingesetzt. Die Industrie nutzt Hanf vor allem zur Gewinnung von Fasern, beispielsweise um daraus Textilien herzustellen. Im 20. Jahrhundert sank die industrielle Bedeutung von Hanf als Nutzpflanze, der Anbau nimmt derzeit jedoch wieder zu.

Im Handel ist die Zahl hanfhaltiger Lebensmittel in den letzten Jahren angestiegen. Darunter befinden sich vorrangig Produkte, die als Zutat Hanfsamen enthalten. Es gibt aber auch Tees, die auf Basis von Hanfblättern oder auch Hanfblüten hergestellt werden.

Als Futtermittel werden in der Europäischen Union (EU) vorrangig Hanfsamen - in Form von Hanföl, Hanfmehl oder aus der Ölgewinnung anfallende Presskuchen - aus bestimmten hierfür zugelassenen Hanfsorten genutzt.

Welche hanfhaltigen Lebensmittel sind am Markt?

Das Angebot hanfhaltiger Lebensmittel auf dem Markt ist in den letzten Jahren gewachsen. Als zentrale Zutat werden meist Hanfsamen verwendet. So gibt es beispielsweise:

  • aus Hanfsamen gewonnenes Speiseöl
  • Lebensmittel, die das Öl als Zutat enthalten
  • Lebensmittel, die Hanfsamen bzw. das aus Hanfsamen gewonnene Proteinpulver enthalten (z. B. Müsliriegel, Nudeln)
  • Nahrungsergänzungsmittel, die vor allem aus Hanfsamen hergestelltes Proteinpulver enthalten.

Darüber hinaus gibt es aber auch Lebensmittel, die andere Teile der Hanfpflanze enthalten, z. B.:

  • Tees aus Hanfblättern und/oder Hanfblüten
  • Sonstige Lebensmittel, die Extrakte aus den Blättern und/oder Blüten enthalten (z. B. Energydrinks)
  • Nahrungsergänzungsmittel, die Extrakte aus den Blättern und/oder Blüten der Hanfpflanze enthalten.

Wichtig: Hanfhaltige Erzeugnisse können grundsätzlich nur dann als Lebensmittel verkehrsfähig sein, wenn sie nicht als Betäubungsmittel oder Arzneimittel einzustufen sind und die Lebensmittel zudem sicher sind (siehe auch die Fragen „Fallen hanfhaltige Lebensmittel unter das Betäubungsmittelgesetz?“ und „Stimmt es, dass ein Höchstgehalt von 0,2 % für THC in Hanf gilt?“).

Fallen hanfhaltige Lebensmittel unter das Betäubungsmittelgesetz?

Cannabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen), Cannabisharz (Haschisch, das abgesonderte Harz der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen), THC und weitere Tetrahydrocannabinole sind im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als Betäubungsmittel gelistet. Ausgenommen hiervon sind u. a. die Hanfsamen - wenn sie nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind - da diese kein THC als Inhaltsstoff enthalten. Entsprechend fallen aus den Samen hergestellte Lebensmittel in der Regel nicht unter das BtMG.

Anders kann es bei Produkten aussehen, die Blätter und/oder Blüten von Nutzhanf enthalten, da andere Pflanzenteile als die Samen nur unter sehr spezifischen Bedingungen vom BtMG ausgenommen sind. Hier ist die Rechtslage sehr komplex. Entsprechende Produkte können im Einzelfall unter bestimmten Umständen als Betäubungsmittel angesehen werden. Rechtsverbindliche Auskünfte zu den betäubungsmittelrechtlichen Fragen gibt die beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ansässige Bundesopiumstelle: https://www.bfarm.de/DE/Bundesopiumstelle/_node.html

Welche Inhaltsstoffe sind in Hanf enthalten?

Bislang wurden über 560 verschiedene Inhaltsstoffe der Hanfpflanze identifiziert. Die Samen weisen einen hohen Gehalt an fettem Öl (25-35 %) und Protein (20-25 %) auf und liefern alle essentiellen Amino- und Fettsäuren. Das Fettsäureprofil weist - vergleichbar mit Nüssen, Lein- oder Chiasamen - einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren auf und wird daher unter ernährungsphysiologischen Aspekten als wertvoll angesehen.

Mit Ausnahme von Samen und der Wurzel befinden sich auf der gesamten Hanfpflanze Drüsenhaare, die ein Harz produzieren, das zu etwa 80-90 % aus Cannabinoiden besteht. Bislang wurden über 120 verschiedene Cannabinoide identifiziert; zu ihnen zählen auch die geläufigen Cannabinoide THC und CBD. In den Samen kommen Cannabinoide aufgrund der dort fehlenden Drüsenhaare nicht als Inhaltsstoffe vor. Es wird angenommen, dass die in den Hanfsamen und den daraus hergestellten Lebensmitteln (u. a. Hanfprotein, Hanfsamenöl) gemessenen Gehalte an THC eine Kontamination darstellen, die durch Kontakt mit THC-haltigen Pflanzenteilen bei der Ernte oder der Verarbeitung verursacht wird.

Welche Inhaltsstoffe der Hanfpflanze verursachen die Rauschwirkung?

Für die psychoaktive Wirkung von Cannabiserzeugnissen wird vor allem das Cannabinoid THC verantwortlich gemacht. THC besitzt eine wahrnehmungsverändernde Wirkung. THC ist ein natürlicher Bestandteil von Hanf. Es wird dort in den Drüsenhaaren gebildet, die sich an Blättern, Blattadern und an Blütenständen der Pflanze befinden. Besonders viele Drüsenhaare gibt es im Bereich der Blütenstände, vor allem bei weiblichen Pflanzen. Die Hanfsamen besitzen hingegen keine Drüsenhaare und enthalten daher kein THC als Inhaltsstoff. Der Kontakt mit THC-haltigen Pflanzenteilen, beispielsweise bei der Ernte, kann jedoch zu einer Kontamination der Samen führen. Wieviel THC eine Hanfpflanze enthält, hängt auch von der Sorte ab. In den für den Nutzhanfanbau in Deutschland zugelassenen Sorten darf die THC-Menge derzeit maximal 0,2 % (ab dem 01.01.2023 voraussichtlich 0,3 %) betragen.

Die Hanfpflanze enthält ein Gemisch aus THC und der THC-Carbonsäure (THCA), einer biosynthetischen Vorstufe von THC, die selbst keine psychoaktive Wirkung besitzt. Laut einer von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zitierten Publikation von Jung et al. sollen im frischen Pflanzenmaterial, bezogen auf die Summe von THC und THCA, ca. 90 % in Form von THCA vorliegen. Diese Aussage wird in der Publikation von Jung et al. aber nicht durch experimentelle Befunde gestützt. Experimentelle Untersuchungen anderer Autorinnen und Autoren haben gezeigt, dass THCA in den meisten Fällen zwar dominierend vorkommt, das genaue Verhältnis zwischen THCA und THC aber stark schwanken kann. Unter Hitzeeinwirkung kann sich THCA in THC umwandeln. Da bei bestimmten analytischen Verfahren nur die Summe aus THC und THCA bestimmt werden kann, wird diese Summe auch als Gesamt-THC bezeichnet.

Neben THC weisen aber auch andere in der Hanfpflanze in geringeren Mengen vorkommende Cannabinoide psychoaktive Eigenschaften auf. Das in Nutzhanf in höheren Mengen vorkommende Cannabinoid CBD wirkt hingegen nicht psychoaktiv im Hinblick auf die für THC beschriebenen Wirkungen, da CBD nur eine äußerst geringe Affinität zu den Cannabinoid-Rezeptoren aufweist.

Was unterscheidet Nutzhanf-Sorten von „Drogenhanf“ bzw. „Medizinalhanf“?

Als Nutzhanf (Industriehanf, Faserhanf) werden Hanfsorten bezeichnet, die im Vergleich zum Drogenhanf bzw. Medizinalhanf nur geringe Gehalte des Cannabinoids THC aufweisen. Auch Nutzhanf unterliegt grundsätzlich mit bestimmten Ausnahmen den Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes. Der Anbau von Nutzhanf ist in der EU unter strengen Auflagen erlaubt. Es dürfen dabei aber nur zertifizierte Sorten angebaut werden, die im Gemeinsamen Sortenkatalog der EU aufgeführt sind. In Deutschland unterliegt der Anbau von Nutzhanf der Überwachung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Den gesetzlichen Bestimmungen zufolge dürfen die in Deutschland für den Nutzhanfanbau zugelassenen Sorten einen Gehalt von 0,2 % THC (ab dem 01.01.2023 voraussichtlich 0,3 % THC) bezogen auf die Trockenmasse derzeit nicht überschreiten. Weitere Informationen dazu gibt es unter dem folgendem Link: https://www.ble.de/DE/Themen/Landwirtschaft/Nutzhanf/nutzhanf_node.html

Welche gesundheitlichen Risiken können von hanfhaltigen Lebensmitteln ausgehen?

Lebensmittel müssen gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sicher sein. Dies gilt genauso für hanfhaltige Lebensmittel. Die Verantwortung hierfür liegt primär beim Lebensmittelhersteller.

Hinsichtlich eines möglichen gesundheitlichen Risikos steht bei hanfhaltigen Lebensmitteln insbesondere der psychoaktive Inhaltsstoff THC im Fokus. Aus tierexperimentellen Untersuchungen zur chronischen Toxizität ist bekannt, dass die langfristige Aufnahme von THC verschiedene unerwünschte Wirkungen vermitteln kann. Dazu gehören u. a. die Unterdrückung der körpereigenen Immunabwehr (immunsuppressive Wirkung) sowie negative Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit. Diese Effekte wurden allerdings erst bei höheren Aufnahmemengen beobachtet. Für die Risikobewertung der hanfhaltigen Lebensmittel stehen die bereits bei kleineren Aufnahmemengen auftretenden psychoaktiven Wirkungen im Vordergrund.

Im Jahr 2015 bewertete die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die gesundheitlichen Risiken, die von hanfhaltigen Lebensmitteln ausgehen können. Demnach ist beim Menschen nach oraler Aufnahme kleinerer Mengen an THC mit einer Wirkung auf das zentrale Nervensystem und das Herz-Kreislauf-System zu rechnen. In der Folge können beispielsweise Stimmungsschwankungen und Müdigkeit auftreten. Diese Effekte wurden bereits bei einer Aufnahmemenge von 2,5 Milligramm pro Person (entsprechend circa 0,036 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht bei Annahme eines Körpergewichts von 70 Kilogramm) beobachtet - sowohl nach einmaliger als auch nach wiederholter Aufnahme. Diese Dosis wurde daher als „niedrigste Dosis mit beobachteter schädlicher Wirkung“ (LOAEL, Lowest observed adverse effect level) angesehen. Auf dieser Grundlage leitete die EFSA eine akute Referenzdosis (ARfD) von 0,001 Milligramm THC pro Kilogramm Körpergewicht ab. Die ARfD gibt die geschätzte maximale Aufnahmemenge an THC an, die im Verlauf eines Tages bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann.

Wurden bei der Bewertung von THC besonders strenge Maßstäbe angesetzt?

Das Vorgehen bei der toxikologischen Bewertung von THC durch die EFSA und das BfR folgte den etablierten Richtlinien. In einem ersten Schritt wurde auf Grundlage der verfügbaren Studien zuerst der sensitivste toxikologisch relevante Endpunkt identifiziert. Dabei wurde eine Dosis von 2,5 Milligramm pro Person als „niedrigste Dosis mit beobachteter schädlicher Wirkung“ (LOAEL) angesehen.

In einem weiteren Schritt wurde unter Verwendung des LOAEL als Referenzpunkt und unter Anwendung eines Extrapolationsfaktors von 30 eine akute Referenzdosis (ARfD) abgeleitet. Der Extrapolationsfaktor setzt sich dabei aus einem Faktor von 3 zur Extrapolation von dem LOAEL zur „höchsten Dosis, bei der noch keine schädliche Wirkung zu beobachten ist“ (NOAEL, No observed adverse effect level) und einem Faktor von 10 zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Empfindlichkeiten innerhalb der Bevölkerung zusammen. Die abgeleitete ARfD soll damit gewährleisten, dass auch empfindliche Individuen in der Bevölkerung hinreichend geschützt sind. Die Größe der herangezogenen Extrapolationsfaktoren entspricht den international üblichen Standards bei toxikologischen Bewertungen.

Über welche Lebensmittel können besonders hohe Mengen THC aufgenommen werden?

Dem BfR liegen derzeit keine repräsentativen Daten zu den Verzehrsmengen hanfhaltiger Lebensmittel vor, weshalb eine belastbare Expositionsschätzung bislang nicht möglich ist.

Vom BfR durchgeführte Modellrechnungen zur Exposition deuten aber darauf hin, dass es insbesondere durch Verzehr von Hanfsamenöl mit hohen Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalten zu einer Überschreitung der von der EFSA abgeleiteten akuten Referenzdosis (ARfD) für THC kommen kann. Vor allem Kinder haben aufgrund ihres geringen Körpergewichts ein erhöhtes Risiko, zu hohe Mengen an THC aufzunehmen.

Hanfsamen enthalten natürlicherweise keine Cannabinoide. Im Zuge der Gewinnung und Verarbeitung können die Hanfsamen jedoch mit Cannabinoiden verunreinigt werden (Kontamination). Die Gehalte lassen sich durch geeignete Bedingungen bei der Ernte sowie der weiteren Verarbeitung grundsätzlich niedrig halten. Die meisten Hanfsamenöle weisen entsprechend so geringe THC-Gehalte auf, dass sie aus toxikologischer Sicht als unbedenklich anzusehen sind.

Bei Hanftee und anderen hanfhaltigen Erzeugnissen, die Hanfblätter und ggf. Hanfblüten enthalten, ist THC hingegen keine Verunreinigung, sondern ein Inhaltsstoff. Der THC-Gehalt unterliegt in Abhängigkeit von der Hanfsorte und verschiedenen Umweltfaktoren großen Schwankungen. Es ist aus Sicht des BfR daher zweifelhaft, ob die Gehalte in diesen Lebensmitteln zuverlässig gesenkt werden können.

Sogenannte CBD-Öle enthalten primär das Cannabinoid Cannabidiol (CBD). CBD wirkt nicht psychoaktiv im Hinblick auf die für THC beschriebenen Wirkungen, da CBD nur eine äußerst geringe Affinität zu den Cannabinoid-Rezeptoren aufweist. Insbesondere in CBD-Ölen, die aus Hanfextrakten hergestellt wurden, kann aber auch THC enthalten sein. Es liegen derzeit keine belastbaren Informationen über THC-Gehalte in CBD-Ölen vor. Es ist darauf hinzuweisen, dass dem für das Risikomanagement zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (BVL) „[…] derzeit keine Fallgestaltung bekannt [ist], wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre.“

Wie hoch ist der Übergang von Cannabinoiden von Hanfblättern und -blüten in den Teeaufguss?

Aufgrund einer geringen Datengrundlage wurde in bisherigen Stellungnahmen ein konservativer Ansatz bezüglich des Übergangs von THC (100 % Übergang) während des Teeaufgusses angenommen. Zur Verbesserung der Datenlage wurde kürzlich in eigenen Arbeiten des BfR der Übergang für individuelle Cannabinoide, auch THC, untersucht. Hierbei wurde ein substanzabhängiger Übergang während des Teeaufgusses beobachtet. Cannabinoid-Säuren wiesen einen höheren Übergang als die zugehörige Neutralformen der Cannabinoide auf. Für THC- konnte ein durchschnittlicher Übergang bestimmt werden, der unter 1 % lag. Bei Teeaufguss-Temperaturen von 100°C wurde keine thermische Umwandlung der THC-Carbonsäure (THCA) in THC festgestellt.

In welchem Maße wird die biosynthetische Vorläufersubstanz THC-Carbonsäure bei der Verarbeitung von Lebensmitteln in die psychoaktive Substanz THC umgewandelt?

Aus vorherigen Studien ist bekannt, dass bei hohen Temperaturen eine Umwandlung durch die Decarboxylierung von THC-Carbonsäure (THCA) in THC stattfinden kann. In eigenen Studien des BfR wurde geprüft, ob diese thermische Umwandlung auch schon bei Temperaturen stattfindet, die für die Verarbeitung von Lebensmitteln relevant sind. Bei der Erhitzung von Hanfsamenspeiseöl (bei 180 °C für 10 min) wurde eine vergleichsweise geringe Zunahme von THC (unter 10 %) nachgewiesen. Bei einem Teeaufguss von Hanfblättern und -blüten wurde bei 100 °C keine thermische Umwandlung der THCA in THC beobachtet. Weitere Studien zu der Verarbeitung von hanfhaltigen Lebensmitteln werden aktuell am BfR durchgeführt.

Existieren Höchstgehalte für das Vorkommen von THC in Lebensmitteln?

In Deutschland hatte das ehemalige Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) im Jahr 2000 Richtwerte für maximale THC-Gehalte in verschiedenen Lebensmittelgruppen veröffentlicht. Diese lagen bei 0,005 Milligramm pro Kilogramm für nicht-alkoholische und alkoholische Getränke, 5 Milligramm pro Kilogramm für Speiseöle sowie 0,150 Milligramm pro Kilogramm für alle anderen Lebensmittel und bezogen sich auf verzehrfertige Lebensmittel. Aus Sicht des BfR sind diese Richtwerte nach heutigem Kenntnisstand nicht mehr in allen Fällen geeignet, um ein adäquates Schutzniveau zu gewährleisten, da es insbesondere bei den Ölen auch bei Einhaltung der Richtwerte zu einer Überschreitung der ARfD kommen kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gruppe „alle anderen Lebensmittel“ gegenwärtig eine Vielzahl verschiedener hanfhaltiger Lebensmittel umfasst, die bei der Aufstellung der Richtwerte im Jahr 2000 noch nicht auf dem Markt waren und daher nicht berücksichtigt werden konnten, weshalb auch die Relevanz dieses Richtwertes anzuzweifeln ist.

Auch ohne rechtlich festgesetzte Höchstgehalte dürfen hanfhaltige Lebensmittel aber nicht mit beliebig hohen THC-Gehalten in den Verkehr gebracht werden. Vielmehr müssen hanfhaltige Lebensmittel den allgemeinen Regelungen des Lebensmittelrechts nach Verordnung (EG) Nr. 178/2002 genügen. Hanfhaltige Erzeugnisse können grundsätzlich nur dann als Lebensmittel verkehrsfähig sein, wenn sie nicht als Betäubungsmittel oder Arzneimittel einzustufen sind und die Lebensmittel zudem sicher sind (siehe auch die Fragen „Fallen hanfhaltige Lebensmittel unter das Betäubungsmittelgesetz?“ und „Stimmt es, dass ein Höchstgehalt von 0,2 % für THC in Hanf gilt?“). Die Übereinstimmung mit den rechtlichen Voraussetzungen vor der Vermarktung zu überprüfen liegt in der Verantwortung der Lebensmittelunternehmen.

Ab dem 01.01.2023 werden in der EU Höchstgehalte für Delta-9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) in Hanfsamen und daraus gewonnenen Erzeugnissen gelten, die in Verordnung (EU) 2022/1393 geregelt sind.

Stimmt es, dass ein Höchstgehalt von 0,2 % für THC in Hanf gilt?

Der zitierte Gehalt von 0,2 % für THC (ab dem 01.01.2023 voraussichtlich 0,3 %) hat primär Relevanz für die betäubungsmittelrechtliche Einstufung pflanzlicher Ausgangsmaterialien. Da Hanfpflanzen mit höheren Gehalten grundsätzlich unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, können solche Pflanzenteile in der Regel nicht als Lebensmittel verwendet werden. Dabei ist anzumerken, dass auch Hanfpflanzen mit geringeren Gehalten als Betäubungsmittel angesehen werden können, wenn bspw. ein Missbrauch zu Rauschzwecken bei den in Rede stehenden Produkten nicht ausgeschlossen werden kann. Zur toxikologischen Beurteilung von Lebensmitteln ist der Wert von 0,2 % (oder 0,3 %) allerdings nicht geeignet. Die EFSA hat aber für Lebensmittel eine akute Referenzdosis (ARfD) bestimmt. Diese gibt die geschätzte maximale Aufnahmemenge an THC an, die an einem Tag bei einer Mahlzeit oder mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann.

Folgendes Beispiel veranschaulicht, warum sich der Höchstgehalt von 0,2 % für THC im pflanzlichen Ausgangsmaterial nicht für die Beurteilung von Lebensmitteln eignet:

THC-Gehalte in hanfhaltigen Lebensmitteln sollten nicht zu Aufnahmemengen führen, die oberhalb der ARfD von 0,001 Milligramm THC pro Kilogramm Körpergewicht liegen. Der Verzehr von nur 1.000 Milligramm eines Lebensmittels mit einem THC-Gehalt von 0,2 % führt aber bereits zu einer Aufnahme von 2 Milligramm THC. Bei einer erwachsenen Person mit einem Körpergewicht von 70 Kilogramm entspräche dies einer etwa 30-fachen Überschreitung der ARfD (~0,03 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht). Bei Kindern bzw. Personen mit geringerem Körpergewicht oder bei höheren Verzehrsmengen wäre diese Überschreitung entsprechend noch höher.

Auf welcher Grundlage können hanfhaltige Lebensmittel toxikologisch bewertet werden?

Das BfR empfiehlt, die toxikologische Beurteilung hanfhaltiger Lebensmittel auf Grundlage der von der EFSA abgeleiteten akuten Referenzdosis (ARfD) für THC von 0,001 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht durchzuführen. Die ARfD gibt die geschätzte maximale Aufnahmemenge an THC an, die im Verlauf eines Tages bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko mit der Nahrung aufgenommen werden kann. Für jedes zu bewertende Produkt sollte dabei aus Sicht des BfR im Einzelfall geprüft werden, ob es zu einer Überschreitung der ARfD kommen kann.

Für die Ermittlung dienen die gemessenen THC-Gehalte und die geschätzte Verzehrsmenge. Informationen zu den geschätzten Verzehrsmengen gibt es von der EFSA in Form der „EFSA Comprehensive European Food Consumption Database“ oder aus Verzehrsstudien. Bei Nahrungsergänzungsmitteln kann die empfohlene tägliche Verzehrsmenge herangezogen werden, deren Angabe für Nahrungsergänzungsmittel rechtlich vorgeschrieben ist.

Beeinflussen sich verschiedene Inhaltsstoffe der Hanfpflanze gegenseitig?

In der wissenschaftlichen Literatur werden immer wieder Befunde diskutiert, wonach weitere Inhaltsstoffe der Hanfpflanze die unerwünschten Wirkungen von THC abschwächen könnten. Die diesbezügliche Datenlage ist allerdings widersprüchlich. Aus toxikologischer Sicht ist das in hanfhaltigen Lebensmitteln natürlicherweise vorkommende THC daher nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht anders zu beurteilen als die isolierte bzw. synthetisch hergestellte Reinsubstanz.

Ist es möglich, dass es nach Verzehr hanfhaltiger Lebensmittel zu positiven Befunden bei Drogentests kommen kann?

Zu dieser Frage lässt sich derzeit keine belastbare Antwort geben. In der wissenschaftlichen Literatur ist beschrieben, dass positive Resultate in forensischen Tests nach Verzehr hanfhaltiger Lebensmittel grundsätzlich möglich sind. Das BfR hat im Rahmen seiner Stellungnahme aus dem Jahr 2018 daher auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Die positiven Befunde wurden dabei im Regelfall nach Verzehr von Produkten mit relativ hohen Gehalten an THC erzielt. Der Verzehr von gering belasteten Produkten führte im Regelfall nicht zu positiven Ergebnissen. Informationen zu diesem Sachverhalt sind zum Beispiel in einer Übersichtsarbeit von Lachenmeier et al. (Hanfhaltige Lebensmittel - ein Update, 2019) zusammengestellt.

Sofern bei Verzehr gering belasteter Produkte beispielsweise die akute Referenzdosis (ARfD) für THC von 0,001 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschritten wird, ist das Auftreten positiver Befunde in forensischen Tests eher unwahrscheinlich. Allerdings können die exakten Konzentrationen von THC bzw. dessen Stoffwechselprodukten in verschiedenen Körperflüssigkeiten durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden. Bei längerem Konsum können sich die Substanzen auch im Körper anreichern. Daher lässt sich derzeit nicht abschließend bewerten, ab welchen exakten Aufnahmemengen positive Befunde in forensischen Tests auftreten können.

Im Handel sind viele Produkte mit CBD zu finden. Was hat dies mit Hanf zu tun?

Die Abkürzung CBD bezeichnet die Substanz Cannabidiol. Dabei handelt es sich um ein Cannabinoid, das vornehmlich aus Nutzhanf gewonnen wird. Im Gegensatz zu THC gilt CBD als nicht-psychoaktives Cannabinoid, weshalb es auch nicht im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) als Betäubungsmittel aufgeführt ist. In der Öffentlichkeit wird CBD eine Vielzahl von vermeintlich gesundheitsförderlichen Wirkungen zugesprochen. Der Stoff ist daher derzeit eine populäre Zutat in zahlreichen Produkten, z. B. auch in Lebensmitteln einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln. Die meisten der als gesundheitlich positiv angepriesenen Wirkungen sind bisher allerdings nicht wissenschaftlich belegt. Es ist darauf hinzuweisen, dass dem für das Risikomanagement zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (BVL) „[…] derzeit keine Fallgestaltung bekannt [ist], wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre.“

Bekannt ist, dass CBD eine pharmakologische Aktivität besitzt. Die Substanz ist in Deutschland in der Arzneimittelverschreibungsverordnung als verschreibungspflichtiger Arzneistoff gelistet. In der EU gibt es inzwischen ein zugelassenes Arzneimittel mit CBD, welches für die Behandlung bestimmter seltener Formen der Epilepsie eingesetzt werden kann.

Sind Lebensmittel mit CBD gesundheitlich unbedenklich?

Die Datenlage zum Gefährdungspotenzial von CBD als Bestandteil in Lebensmitteln ist derzeit noch gering. Aus der Anwendung von CBD als Arzneimittel ist aber bereits bekannt, dass CBD zumindest bei höheren Aufnahmemengen unerwünschte Effekte verursachen kann. Zu diesen gehören beispielsweise eine sedierende Wirkung sowie Störungen der Leberfunktion. Zudem besteht nach gegenwärtigem Kenntnisstand ein Interaktionspotenzial mit verschiedenen anderen Arzneimitteln. Das bedeutet, dass die gleichzeitige Aufnahme von CBD die Wirkung von anderen Arzneimitteln beeinträchtigen oder verstärken kann. Ob diese Wirkungen auch bei geringen Aufnahmemengen relevant sind, die keine pharmakologische Wirkung mehr besitzen und somit für den Lebensmittelbereich in Betracht kommen, lässt sich gegenwärtig noch nicht beurteilen.

Die EFSA prüft derzeit Anträge auf Zulassung bestimmter CBD-haltiger Lebensmittel im Rahmen der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283. Kürzlich hat die EFSA in diesem Zusammenhang verschiedene Datenlücken identifiziert und in einem Gutachten zusammengestellt. Demnach ist es derzeit nicht möglich zu beurteilen, ob CBD-haltige Lebensmittel gesundheitlich unbedenklich sind. Quelle: https://www.efsa.europa.eu/de/news/cannabidiol-novel-food-evaluations-hold-pending-new-data

Sind Nahrungsergänzungsmittel mit CBD für den Handel in Deutschland zugelassen?

Die Einstufung von Erzeugnissen und die Bewertung der Verkehrsfähigkeit im Einzelfall gehört in Deutschland zu den Aufgaben der Landesbehörden, die für die Lebensmittelüberwachung zuständig sind. Dem für das Risikomanagement zuständigen Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (BVL) „[…] ist derzeit [aber] keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren ist die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen.“ Quelle: https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/01_Lebensmittel/04_AntragstellerUnternehmen/13_FAQ/FAQ_Hanf_THC_CBD/FAQ_Cannabidiol_node.html

Gelten hanfhaltige Produkte als Neuartige Lebensmittel?

Lebensmittel gelten als neuartig im Sinne der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283, wenn sie nicht vor dem 15. Mai 1997 in der EU in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden sind und bestimmten in dieser Verordnung näher bezeichneten Lebensmittelkategorien zuzuordnen sind. Sie bedürfen dann einer Zulassung, in deren Rahmen die Sicherheit der neuartigen Lebensmittel von der EFSA überprüft wird.

Im sogenannten Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission werden Extrakte der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) sowie CBD als neuartige Lebensmittel (novel foods) angesehen. Diese bedürfen gemäß Verordnung (EU) 2015/2283 einer Zulassung. Im Rahmen dieses Verfahrens prüft die EFSA derzeit die Sicherheit von CBD als Lebensmittel. Andere von der Hanfpflanze stammende Produkte wie Hanfsamen, Hanfsamenöl und Hanfsamenmehl werden indes als nicht neuartig angesehen.

Weitere Informationen:

Gibt es einen Unterschied zwischen hanfhaltigen Lebensmitteln und hanfhaltigen Arzneimitteln?

Grundsätzlich dürfen die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln, zu denen auch die Nahrungsergänzungsmittel gehören, keine pharmakologische Wirkung, also Eigenschaften zur Heilung oder Linderung von Krankheiten, besitzen. Geht von einem Produkt eine solche Wirkung aus, so fallen diese Produkte unter das Arzneimittelgesetz und benötigen eine Zulassung als Arzneimittel, bevor sie in den Verkehr gebracht werden dürfen. Damit sollen die Wirksamkeit und die Sicherheit der Präparate gewährleistet und Missbrauch vorgebeugt werden. Zuständig ist hier das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Das BfR hat im November 2022 eine Transferstudie zum Übergang von Cannabinoiden aus Nutzhanf in die Milch von Kühen veröffentlicht. Warum wurde die Studie durchgeführt?

Hintergrund der Studie sind Stellungnahmen der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus den Jahren 2011 und 2015. Darin hatte es Hinweise gegeben, dass verfütterte Cannabinoide in die Kuhmilch übergehen können, belastbare Daten dazu lagen jedoch nicht vor. Daten zu gesundheitlichen Auswirkungen für lebensmittelliefernde Tiere lagen ebenfalls nicht vor. In der Stellungnahme von 2015 kam die EFSA dann zu dem Schluss, dass die Aufnahme von THC über den Verzehr von Milch und Milcherzeugnissen infolge der Verwendung von aus Hanfsamen gewonnenen Futtermittel-Ausgangserzeugnissen in den angegebenen Konzentrationen wahrscheinlich nicht gesundheitsgefährdend ist. Eine Risikobewertung aufgrund der Verwendung von aus ganzen Hanfpflanzen gewonnenen Futtermittel-Ausgangserzeugnissen war nicht möglich, da keine Daten über das Vorkommen vorlagen. Um wissenschaftliche Datenlücken für die Bewertung gesundheitlicher Risiken in Lebens- und Futtermitteln in Deutschland und Europa zu füllen, hat das BfR Fütterungsversuche zum Transfer von Cannabinoiden aus zugelassenen Nutzhanfsorten (THC-Gehalt <0,2 %) in die Milch von Kühen durchgeführt. Die veröffentlichte Studie erfolgte an zehn Milchkühen. Gemessen wurde der Cannabinoid-Gehalt in Milch, Blutplasma und Kot. Außerdem wurden die Körperfunktionen wie Herzfrequenz und Atmung überprüft und das Verhalten der Tiere beobachtet. Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s43016-022-00623-7

Was waren die wichtigsten Ergebnisse der Studie?

Durch den Zusatz von Nutzhanfsilage in die Ration von Milchkühen kam es zu einem messbaren Transfer verschiedener Cannabinoide (u. a. THC, CBD) aus dem Futter in die Kuhmilch. Bei Verzehr von Milch und Milchprodukten mit einem THC-Gehalt in dieser Größenordnung kann beim Menschen die akute Referenzdosis (ARfD) von 0,001 Milligramm THC pro Kilogramm Körpergewicht deutlich überschritten werden. Besonders ausgeprägt wäre die Überschreitung bei Kindern. Die ARfD gibt die geschätzte maximale Aufnahmemenge an THC an, die im Verlauf eines Tages ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann.

Wie hat sich das Verhalten der Kühe durch das Hanffutter geändert?

Bei den Kühen änderte sich das Verhalten nach der Verfütterung von cannabinoidreicher Nutzhanfsilage deutlich. Vom zweiten Tag an fraßen die Kühe weniger und gaben zudem weniger Milch. Die Atemfrequenz und die Herzfrequenz nahmen ab. Zudem kam es zu verstärktem Speicheln, Zungenspiel und einer Rötung der Nickhaut im Auge.

Die Beobachtungen, die bei den Kühen während der Hanffütterung gemacht wurden, ähneln tatsächlich teilweise denen, die nach Marihuana-Konsum auch beim Menschen gemacht werden. Prinzipiell ist das Endocannabinoidsystem der Kuh dem menschlichen ähnlich, jedoch bei weitem noch nicht so gut erforscht. Von einem „High“-Sein der Kühe kann man jedoch nicht sprechen, da sich diese Begrifflichkeit eher auf ein beim Menschen beschriebenes Gefühl bezieht und eine ganze Reihe von physiologischen und psychologischen Veränderungen beschreibt. Man ist wissenschaftlich auch noch nicht so weit, das Gefühl bzw. die Emotionen von Kühen so zu erkennen, dass sich so ein Attribut nutzen ließe. In der vorliegenden Studie wurde zudem Nutzhanf mit sehr hohen CBD-Gehalten verfüttert. Es ist nicht auszuschließen, dass einige Beobachtungen (z. B. Schläfrigkeit) auch auf die Wirkung von CBD zurückzuführen sind.

Können THC oder andere Cannabinoide vom Futter in relevanten Mengen in die Milch übergehen?

In der Studie des BfR zur Verfütterung von Nutzhanf an Milchkühe konnte ein Transfer unterschiedlicher im Nutzhanf vorkommender Cannabinoide (Tetrahydrocannabinol, THC; Cannabidiol, CBD; THC-Carbonsäure, THCA, Tetrahydrocannabivarin, THCV; Cannabinol, CBN, Cannabidivarin, CBDV) in die Kuhmilch nachgewiesen werden. Durch mathematische Modellierung der Messergebnisse konnten zudem Transferraten (definiert als die täglich in der Milch ausgeschiedene Cannabinoidmenge relativ zur mit dem Futter aufgenommenen Menge) für diese Cannabinoide ermittelt werden. Diese lag beispielsweise für THC mit 0,20 % höher als bisher auf der vorhandenen Datenbasis errechnet wurde. Für CBD wurde eine Transferrate von 0,11 % bestimmt.

Ergeben sich aus den THC-Gehalten in Kuhmilch gesundheitliche Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher?

Der Verzehr von Milch mit THC-Gehalten, wie sie in der aktuellen Studie gemessen wurden, könnte zu Aufnahmemengen führen, die über der akuten Referenzdosis (ARfD) liegen, wobei die Aufnahmemengen bei Kindern besonders hoch sind. Die ARfD von 1 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht ist ein gesundheitsbezogener Richtwert, der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeleitet wurde. Die ARfD gibt die geschätzte Höchstdosis von THC an, die innerhalb eines Tages ohne erkennbare Gesundheitsrisiken aufgenommen werden kann. Höhere Aufnahmemengen sind unerwünscht, da schädliche Wirkungen auftreten können. Diese Aufnahmemengen können sich insbesondere auf das zentrale Nervensystem auswirken (z. B. erhöhte Sedierung, Beeinträchtigung der Arbeitsgedächtnisleistung und Stimmungsschwankungen).

Ein hoher THC-Gehalt in Kuhmilch ist in Deutschland aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht zu erwarten.

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