Fragen und Antworten zur BfR-Neubewertung vom 20. Juli 2020 von Aluminium in Antitranspirantien

FAQ des BfR vom 14. August 2020

Das BfR beschäftigt sich mit Aluminium, da das Metall die Gesundheit schädigen kann: Zu hohe Aluminiumgehalte im Körper haben negative Auswirkungen auf das Nervensystem, und können die Niere und Knochen schädigen. Aluminium kommt u.a. in Lebensmitteln, Trinkwasser, Lebensmittelzusatzstoffen, Lebensmittelkontaktmaterialien, Arzneimitteln und in kosmetischen Mitteln vor.

Das BfR hat im Jahr 2014 zum ersten Mal Aluminium in Antitranspirantien gesundheitlich bewertet. In Antitranspirantien wird Aluminiumchlorohydrat verwendet. Aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt verfügbaren Daten kam das BfR zu dem Schluss, dass Verbraucherinnen und Verbraucher über Antitranspirantien so viel Aluminium aufnehmen würden, dass sie die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) alleine durch die Nutzung eines Antitranspirants möglicherweise ausschöpfen würden. Das BfR hatte daher empfohlen, aluminiumhaltige Antitranspirantien nicht unmittelbar nach der Rasur bzw. bei geschädigter Achselhaut zu verwenden, um die individuelle Aluminiumaufnahme zu reduzieren.

Das BfR hatte auf die noch bestehende Unsicherheit der Daten hingewiesen und empfohlen, neue Studien zur Aufnahme von Aluminium durch Antitranspirantien durchzuführen. Jetzt liegen dem BfR entsprechende Daten vor. Das BfR hat diese neuen Daten geprüft und eine aktuelle Risikobewertung vorgenommen und die Neubewertung am 20. Juli 2020 veröffentlicht.

Das Ergebnis: Gesundheitliche Beeinträchtigungen für Verbraucherinnen und Verbraucher sind bei täglichem Gebrauch von Antitranspirantien mit Aluminiumchlorohydrat nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich.

Im Folgenden beantwortet das BfR Fragen zu den unterschiedlichen Humanstudien zur Aluminiumaufnahme aus Antitranspirantien über die Haut.

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Das BfR hat bereits im Jahr 2014 auf die wissenschaftliche Unsicherheit insbesondere bezüglich der Aufnahme über die Haut hingewiesen. Jetzt gibt es neue Erkenntnisse, die zu einer veränderten BfR-Bewertung führen - wie unterscheiden sich die Studien?

Aus den im Jahr 2014 verfügbaren Daten ergab sich eine große Schwankungsbreite der möglichen dermalen Aufnahme von Aluminium aus Antitranspirantien. Unsicherheiten bestanden insbesondere darin, inwieweit die unter den experimentellen Bedingungen erzielten Ergebnisse den Aufnahmen entsprechen, die man unter realistischen Anwendungsbedingungen erzielen würde. Eine weitere Unsicherheit bestand darin, inwieweit die Achselrasur die Aufnahme über die Haut beeinflusst.

Um diese Unsicherheiten zu reduzieren, wurde in den Jahren 2014/2015 eine Studie an zwölf Probanden durchgeführt (TNO 2016)[1]. Um möglichst umfassende Daten auch z. B. zur Aufnahme bei frisch rasierter Achselhöhle zu erhalten, wurde diese Studie als Cross-over-Design konzipiert. Letztlich betrug die Gruppengröße nur vier Probanden, weil es drei verschiedene Behandlungsregimes gab, die bei jeder Untergruppe in unterschiedlicher Reihenfolge angewendet wurden. Um die Aufnahme durch die Haut von der Hintergrundbelastung durch alltägliche Aluminiumaufnahme aus anderen Quellen unterscheiden zu können, wurde das extrem seltene Radionuklid Aluminium-26 (26Al) eingesetzt, das speziell hergestellt wurde und dessen Synthesemenge pro Jahr begrenzt ist. Für die Auftragung auf die Haut wurde eine 26Al-markierte aluminiumchlorohydrathaltige Formulierung verwendet, die wie bei handelsüblichen Antitranspirantien mit Hydroxycellulose angedickt wurde, um die für Roll-on-Produkte typische Viskosität zu erzielen. Gemessen werden sollte die Aluminiumkonzentration im Blut als Korrelat für die Aufnahme durch die Haut. Zusätzlich wurden punktuell Urinproben genommen. Durch das Cross-over-Design und die Notwendigkeit, das Radionuklid 26Al gesondert synthetisieren zu lassen, lagen die Daten erst 2016 vor. Nach Prüfung entschied der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS), dass die Datenlage für eine Bewertung nicht ausreichte; im Blut war das 26Al nur vereinzelt messbar, und eine Auswertung der Urindaten war mit Unsicherheiten behaftet, weil diese Daten nur punktuell erhoben worden waren. Trotzdem lieferte die Studie wichtige Hinweise für das Design einer neuen TNO-Studie aus dem Jahr 2019[2].

Die neue Studie, für die erneut das seltene 26Al synthetisiert wurde, hatte eine Gruppengröße von sechs Probanden und ein anderes Design. Urindaten wurden systematisch erhoben. Es wurde außerdem eine größere Menge an 26Al eingesetzt, um zu erreichen, dass ein größerer Anteil der Werte im Blut oberhalb der Bestimmungsgrenze liegt. Diese Daten lagen dem SCCS im Jahr 2019 vor. Die finale Stellungnahme des SCCS wurde im Jahr 2020 veröffentlicht.


[1] TNO. Assessment of bioavailability of aluminium, as aluminium chlorohydrate, in humans after topical application of a representative antiperspirant formulation using a [26Al] microtracer approach. Study commissioned by the Cosmetics Industry via Cosmetics Europe. 2016

[2] TNO. Assessment of bioavailability of aluminium in humans after topical application of a representative antiperspirant formulation using a [26Al] microtracer approach. Study commissioned by the Cosmetics Industry via Cosmetics Europe. 2019

Was macht die Studie aus dem Jahr 2019 anders, so dass das BfR jetzt zu dieser überarbeiteten Aussage kommt?

In der Studie aus dem Jahr 2019 wurde eine größere Menge des extrem seltenen Radionuklids Aluminium-26 (26Al) eingesetzt. Darüber hinaus wurden im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2016 die Urindaten systematisch erhoben, um die kumulative Ausscheidung von 26Al über den Urin bestimmen zu können. Die Massenbilanz (die Frage, ob das Aluminium, das mit dem Antitranspirant auf die Haut auftragen wird, auch später wiedergefunden wird; z. B. in Hautschichten oder in der Kleidung) ist für eine Studie dieser Art akzeptabel. Siehe auch Antwort auf Frage 1.

Die erste Bewertung hatte sich auf eine Studie mit zwei Personen gestützt, jetzt liegen zwei weitere Studien mit 12 bzw. 6 Personen vor. Wie verlässlich sind die neuen Daten?

Gruppengrößen von 4 - 6 Individuen sind in der Toxikologie üblich für Studien zur Bioverfügbarkeit und Toxikokinetik (Aufnahme, Verteilung, Umwandlung und Ausscheidung) einer Substanz. Hierbei handelt es sich um kontrollierte Studien, bei denen die experimentellen Bedingungen einschließlich der verabreichten Dosis konstant gehalten werden, so dass die Streuung in dem Zielparameter weitgehend die interindividuelle Variabilität widerspiegelt. Störgrößen wie die Hintergrundbelastung gegenüber einer Substanz lassen sich durch die Verwendung eines seltenen Nuklids der Substanz minimieren. Durch spezielle Forschungsdesigns wie das einer Überkreuzstudie (Cross-over-Studie), bei denen die Substanz zeitlich versetzt den gleichen Individuen auf verschiedene Weise (z. B. intravenös und dermal) oder nach unterschiedlicher Vorbehandlung (z. B. mit und ohne Hautrasur) verabreicht wird, können die Gruppengrößen optimiert werden.

Für Aluminium gibt es eine Reihe von Humanstudien zur Toxikokinetik und oralen Bioverfügbarkeit, die mit dem extrem seltenen Radionuklid 26Al durchgeführt wurden. Die Gruppengrößen lagen im Bereich von 1 - 6 Probanden. Auch in den beiden neuen Humanstudien zur dermalen Bioverfügbarkeit wurde 26Al eingesetzt. Die TNO-Studie von 2016 verwendete ein Überkreuzdesign mit 12 Probanden, die in drei Gruppen zu je vier Personen aufgeteilt wurden. Die TNO-Studie von 2019 wurde an 6 Probanden durchgeführt. Die Gruppengrößen liegen damit in dem für solche Studien üblichen Bereich.

Zu den Kriterien zur Beurteilung der Verlässlichkeit bzw. Belastbarkeit einer Studie gehören die Variabilität der Zielgröße (Streuung um den Mittelwert) sowie die Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen früherer Studien. Im Falle der TNO-Studie von 2019 wies der Anteil der über den Urin ausgeschiedenen Dosis eine relativ geringe Streuung auf. Zudem waren die Ergebnisse bei intravenöser Gabe gut vergleichbar mit denen aus der TNO-Studie von 2016. Die Gründe für die Unterschiede zwischen beiden Studien hinsichtlich der Ergebnisse bei dermaler Gabe werden in der Stellungnahme 030/2020 diskutiert:

Bei der ersten Risikobewertung des BfR wurde die tolerierbare wöchentliche Aufnahme (TWI) als Sicherheitsmaß herangezogen, jetzt ein Sicherheitsabstand (Margin of Safety, MoS). Wieso hat das BfR dies im Jahr 2014 anders gemacht als im Jahr 2020?

TWI und MoS sind zwei unterschiedliche Bewertungskonzepte, die aus unterschiedlichen Regulationsbereichen kommen. Weil in Verbindung mit der Aluminium-Aufnahme aus anderen Quellen wie Lebensmitteln oder Trinkwasser die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Lebensmittel festgelegte tolerierbare wöchentliche Aufnahme (tolerable weekly intake, TWI) überschritten wurde, hatte das BfR im Jahr 2014 darauf hingewiesen, dass die Aufnahme über die Haut besser untersucht werden müsse.

Grundsätzlich können Verbraucherinnen und Verbraucher die Aluminiumaufnahme aus Lebensmitteln oder Trinkwasser nicht vermeiden, die Aufnahme aus Antitranspirantien durch Nichtgebrauch aber schon. Das BfR hatte mit der Stellungnahme aus dem Jahr 2014 darauf hingewiesen, dass eventuell der Beitrag von Antitranspirantien zur Gesamtaufnahme zu einer dauerhaften Überschreitung des TWI führt.

Jetzt liegen verlässliche Daten zur Aufnahme von Aluminium aus Antitranspirantien über die Haut vor. Deshalb hat das BfR in seiner neuen Stellungnahme die für Kosmetik relevanten Richtlinien des SCCS zur Bewertung von Kosmetika (SCCS Notes of Guidance, 10th revision) angewendet, die eine Berechnung eines Sicherheitsabstandes (Margin of Safety, MoS) vorsehen.

Was sollen Verbraucherinnen und Verbrauchern beachten?

Gesundheitliche Beeinträchtigungen für Verbraucherinnen und Verbraucher bei der täglichen Verwendung von Antitranspirantien mit Aluminiumchlorohydrat sind nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich.

Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema:

Veröffentlichungen zu Aluminium auf der BfR-Webseite:

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.




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