Lupinen, Insekten oder Fleisch aus dem Labor – wie steht es um die gesundheitliche Bewertung alternativer Eiweißquellen?
Ob bislang wenig genutzte Hülsenfrüchte, Insekten oder Fleisch aus Zellkulturen – alternative Eiweißquellen rücken im Lebensmittel- und Futtermittelbereich zunehmend in den Fokus. Um den steigenden globalen Proteinbedarf nachhaltig zu decken, können alternative Eiweißquellen künftig herkömmliche Quellen ergänzen oder gar ersetzen. Während pflanzliche Proteine aus Soja und Erbsen bereits etabliert sind, sind neue Quellen wie Insekten, Algen oder Mikroorganismen sowie zellkulturbasierte Fleischersatzbestandteile noch wenig erforscht – ebenso wie die Akzeptanz bei Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Gesundheitliche Risiken können durch potenziell gesundheitsschädliche Stoffe entstehen, die als Kontaminanten in den Rohstoffen vorkommen oder die während des Herstellungsprozesses entstehen oder in das Produkt eingetragen werden. Darüber hinaus sind gesundheitliche Beeinträchtigungen durch allergische Reaktionen oder durch bestimmte Viren und Bakterien denkbar. Wenn es sich bei den Produkten aus alternativen Proteinquellen um neuartige Lebensmittel (Novel Food) oder um nach Gentechnikrecht zu genehmigende Lebens- oder Futtermittel handelt, muss ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit für den Verzehr im Rahmen der Zulassung in der Europäischen Union bewertet werden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) forscht bereits zu einigen neuen Proteinquellen – beispielsweise zu Insekten, Algen oder Lupinen. Es hat daher ausgewählte Fragen und Antworten zum Thema „Alternative Eiweißquellen“ zusammengestellt.
Was sind alternative Eiweißquellen und wozu werden sie genutzt?
Eiweiße (Proteine) sind essenzielle Bestandteile der Ernährung von Mensch und Tier. Als Proteinquellen werden neben bestimmten pflanzlichen Lebensmitteln – beispielsweise (Soja-) Bohnen, Erbsen und Linsen – traditionell in erster Linie Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Milchprodukte und Eier verzehrt. Da die Produktion ausreichend großer Mengen tierischer Lebensmittel zur Sicherung der Proteinversorgung deutliche Herausforderungen mit sich bringt, wird diskutiert, die Verwendung verschiedener Proteinquellen auszubauen.
Neben pflanzlichen Alternativen (Leguminosen wie Soja, Ackerbohnen und Erbsen sowie Getreide und Makroalgen) gibt es Eiweißquellen, die noch wenig erforscht, nicht zugelassen oder neu auf dem Markt sind. Beispiele sind Insekten und aus ihnen hergestellte Produkte wie z. B. verarbeitetes tierisches Protein aus Nutzinsekten, sogenanntes Insektenmehl, zellkulturbasierte Fleischersatzbestandteile und industriell genutzte Mikroorganismen wie bestimmte Bakterien, (Hefe-) Pilze oder Mikroalgen.
Alternative Proteinquellen kommen sowohl bei der Herstellung von Lebensmitteln als auch bei der Futtermittelgewinnung zum Einsatz. In der Tierernährung wird die Eiweiß- und Energieversorgung zum großen Teil über Koprodukte der Pflanzenölindustrie (sogenannte Presskuchen, Expeller oder Extraktionsschrote) abgedeckt. Bei den Wiederkäuern sind die sogenannten Grobfuttermittel – Futtermittel basierend auf ganzen Pflanzen, wie etwa Gras, Luzerne, Klee in frischer oder konservierter Form (Heu, Silage) – eine wichtige Eiweißquelle. In den vergangenen Jahren wurden als eiweißliefernde Komponente in den Futtermittelrationen vor allem Sojaextraktionsschrote eingesetzt. Als Alternative zu importierten Sojafuttermitteln wird in jüngerer Zeit in Europa wieder verstärkt auf heimische Eiweißfuttermittel bestehend aus vorwiegend Rapssaat sowie Körnerleguminosen (Ackerbohnen, Erbsen, Süßlupinen) gesetzt. Das Spektrum von Eiweißalternativen ist in der Tierernährung traditionell groß. Viele Eiweißfuttermittel stammen aus der lebensmittelverarbeitenden Industrie z. B. der Molkerei (Molke-, Magermilchpulver), der Bierbrauerei (Bierhefe und -treber) und Brennerei (Schlempen), aber auch Fleischverarbeitung (Heimtierfutter) und Fischindustrie (Fischmehl).
Alternativen aus pflanzlichen Eiweißquellen
Zu den alternativen pflanzlichen Proteinquellen gehören Hülsenfrüchte (Leguminosen). Neben den traditionell genutzten Bohnen, Erbsen oder Linsen werden seit einiger Zeit auch Süßlupinen (v. a. Süßlupinensamen) in der Lebens- und Futtermittelindustrie verwendet.
Lupinensamen haben von allen heimischen Körnerleguminosen den höchsten Eiweißgehalt. Im Lebensmittelbereich wird die Hülsenfrucht als Zusatz in verschiedenen Speisen oder als Lupinenmehl für die Herstellung von Backprodukten verwendet.
Die Samen der Süßlupine werden in geschroteter oder gequetschter Form auch als Futtermittel vor allem in der Schweine- und Rinderfütterung genutzt und können Futtermittel aus Getreide oder Soja ersetzen.
Auch Samen des Nutzhanfes werden aufgrund ihres hohen Proteingehalts als Futtermittel eingesetzt.
Neben den oben genannten Eiweißquellen wird in der Rinderfütterung aktuell auch zunehmend der Einsatz von kleinkörnigen Leguminosen (Klee, Luzerne, Wicken u. a.), Ganzpflanzensilagen (Getreide, Senf) oder Laub von schnellwüchsigen Laubholzarten als weitere Alternativen diskutiert.
Pilze/Mykoproteine aus (Hefe-) Pilzen als alternative Eiweißquellen
Mykoproteine sind Proteine, die von Pilzen produziert werden. Hohe Ausbeuten an Mykoprotein können aus bestimmten Pilzkulturen gewonnen werden. Seit den 1980er Jahren werden im industriellen Maßstab Pilzkulturen zur Herstellung von Biomasse mit einem hohen Proteingehalt verwendet. Mykoprotein mit geeigneter Textur kann für den Einsatz in Fleischersatzprodukten in Frage kommen.
Bierhefe stammt aus der Bierherstellung. Die Hefe wird durch Erhitzung oder Säurezugabe abgetötet und in flüssiger oder getrockneter Form als Futtermittel in der Schweine- oder Rindermast eingesetzt.
Koprodukte durch mikrobielle Fermentation als alternative Eiweißquellen
Eiweißreiche Einzelfuttermittel mikrobieller Herkunft sind Fermentationserzeugnisse, die in erster Linie aus mikrobieller Biomasse bestehen. Zur Nutzung als Einzelfuttermittel werden alle für die Fermentation verwendeten Mikroorganismen inaktiviert. Die Produktion von Einzelfuttermitteln mikrobieller Herkunft nahm mit der Entwicklung der Biotechnologie (d. h. durch die Herstellung von Aminosäuren, Vitaminen, Enzymen etc. durch großtechnische Kultivierung von Mikroorganismen) und der durch die BSE-Krise weggefallenen tierischen Proteinlieferanten an Bedeutung zu.
Makroalgen und Mikroalgen als alternative Eiweißquellen
Algen sind Organismen im Wasser, die Photosynthese betreiben. Algen nutzen das Sonnenlicht effektiver als Landpflanzen und wachsen schneller. Daher eignen sie sich als alternative Proteinquelle für Lebens- und Futtermittel. Grundsätzlich werden Algen in Makroalgen und Mikroalgen unterschieden. Makroalgen, wie Seetange, sind mehrzellige Organismen die im Meer wachsen. Sie werden besonders in Asien schon seit vielen Jahren für die Lebensmittelherstellung verwendet und stellen eine wichtige Proteinquelle dar. Zudem werden sie immer öfter in Fischersatzprodukten eingesetzt.
Mikroalgen sind einzellige Mikroorganismen, die sowohl im Süßwasser als auch im Meer wachsen. Sie werden vermehrt für die Lebensmittelherstellung in Nahrungsergänzungsmitteln und als Futtermittel eingesetzt. Zudem werden Mikroalgen in der Kosmetikindustrie genutzt.
Insekten als alternative Eiweißquellen
Nach Schätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden weltweit rund 1.900 Insektenarten verzehrt. Insekten wandeln ihr Futter sehr effizient in für den Menschen wertvolles Eiweiß um.
Derzeit sind in der Europäischen Union vier Insektenarten als neuartige Lebensmittel zugelassen. Je nach Zulassung werden die Insekten als Zusatz in getrockneter, gefrorener, pastenartiger oder pulverisierter Form in bestimmten Produkten wie Nudeln und Teigwaren oder Getreideriegeln verwendet.
- Gelber/Großer Mehlwurm/Mehlkäfer-Larven (Tenebrio molitor)
- Europäische Wanderheuschrecke (Locusta migratoria)
- Hausgrille/Heimchen (Acheta domesticus)
- Kleiner Mehlwurm/Getreideschimmelkäfer-Larven (Alphitobius diaperinus)
Insekten werden auch in der Futtermittelindustrie verwendet. Derzeit gibt es acht Insektenarten, die für die Herstellung von verarbeitetem tierischen Protein aus Nutzinsekten für die Verwendung zur Fütterung von Geflügel, Schweinen oder Tieren in Aquakultur zugelassen sind.
- Kleiner Mehlwurm/Getreideschimmelkäfer-Larven (Alphitobius diaperinus)
- Gelber/Großer Mehlwurm/Mehlkäfer-Larven (Tenebrio molitor)
- Hausgrille/Heimchen (Acheta domesticus)
- Schwarze Soldatenfliege (Hermetia illucens)
- Steppengrille (Gryllus assimilis)
- Kurzflügelgrille (Gryllodes sigillatus)
- Hausfliege (Musca domestica)
- Seidenspinnerpuppe (Bombyx mori)
Für Nutztiere, die keine Wiederkäuer sind, können auch lebende Insekten verfüttert werden, sofern sie nach den Bestimmungen des Futtermittelrechts unbedenklich sind. Bei Heimtieren können dies ebenfalls andere und/oder unverarbeitete Insekten sein.
Zellkulturbasierte Fleischersatzbestandteile („cultured meat“) als alternative Eiweißquellen
Neuer, zellkulturbasierter Fleischersatz – auch Laborfleisch oder Kulturfleisch bzw. „cultured meat“ genannt – stellt eine in Europa bisher noch wenig erforschte alternative Proteinquelle in der Tierhaltung und Lebensmittelerzeugung dar und ist für die Lebensmittelproduktion in der EU noch nicht zugelassen.
Die Fleischersatzbestandteile werden im Labor aus gezüchteten Stammzellkulturen hergestellt. Hierbei wird einem Tier (z. B. Rind, Schwein oder Huhn) zunächst Muskelgewebe entnommen. Aus diesem Gewebe werden Stammzellen gewonnen und mit einem Nährmedium in einem Behälter (Bioreaktor) vermehrt.
Dabei durchlaufen die Zellen verschiedene Stadien und bilden Muskelfasern. Über ein Trägergerüst, meist aus tierischem Kollagen, wachsen die Zellen zu einer größeren Masse zusammen.
In Singapur ist zellkulturbasierter Fleischersatz beispielsweise als zellkulturbasiertes Hähnchenfleisch bereits im Handel erhältlich. In den USA und in Israel gibt es erste Zulassungen für den Lebensmittelbereich, aber bislang sind noch keine Produkte im Handel. Im Sommer 2024 wurde in der Europäischen Union der erste Antrag auf Zulassung von Zellkulturfleisch aus Entenzellen eingereicht.
Können allergische Reaktionen im Zusammenhang mit Lebensmitteln aus alternativen Eiweißquellen auftreten?
Bestimmte alternative Eiweißquellen können Bestandteile enthalten, auf die manche Menschen allergisch reagieren.
Beispielsweise können Insekten Allergene enthalten, auf die Menschen mit einer bestehenden Allergie gegenüber Krebstieren, Weichtieren und/oder Hausstaubmilben reagieren können. Dies wird als Kreuzreaktion bezeichnet und liegt in diesem Fall daran, dass allergene Proteine in Krebstieren, Weichtieren oder Hausstaubmilben in ihrer Struktur bestimmten Insektenproteinen sehr ähnlich sind. Allergische Reaktionen können jedoch auch auf bisher unbekannte Proteine entwickelt werden.
Schwere allergische Reaktionen auf Insekten sind dem BfR in Deutschland bislang nicht bekannt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Konsum von Insekten-Lebensmitteln in Deutschland noch selten ist.
Zudem können auch neue Allergien auftreten und ein möglicher „Carry-Over“-Effekt entstehen. Das heißt, dass potenziell allergene Proteine durch Futtermittel in tierische Produkte gelangen und dadurch Allergien bei Menschen auslösen, die diese verzehren.
Weitere Informationen zu möglichen allergischen Reaktionen auf Insekten und Lupinen finden sich auf der BfR-Webseite.
Im Futtermittelbereich werden die in alternativen Proteinquellen enthaltenen unerwünschten Stoffe sowohl auf deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Nutztiere untersucht, als auch deren Transfer in Lebensmittel tierischer Herkunft.
In welchem Zusammenhang beschäftigt sich das BfR mit alternativen Eiweißquellen?
Die Hauptaufgaben des BfR umfassen die Bewertung bestehender und das Aufspüren neuer gesundheitlicher Risiken. Da Proteine aus alternativen Quellen in Zukunft im Lebensmittel- und Futtermittelbereich an Bedeutung gewinnen, müssen deren mögliche gesundheitliche Risiken bekannt sein und weiter erforscht werden.
Das BfR beschäftigt sich bereits in zahlreichen Forschungsprojekten mit alternativen Proteinquellen für die Verwendung in Lebensmitteln und Futtermitteln. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung von Nachweisverfahren für Proteine aus alternativen Proteinquellen und von Tests zum allergieauslösenden Potenzial solcher Lebensmittel. Weiterhin untersucht das BfR den Einsatz alternativer Proteinquellen als Futtermittel für Nutztiere hinsichtlich der Tiergesundheit und des Transfers von unerwünschten Stoffen in tierische Lebensmittel. Zudem gehört das Nationale Referenzlabor für tierisches Protein und Futtermittel zum BfR. Auch im Bereich Verbraucherakzeptanz und -wahrnehmung forscht das BfR.
Übersicht der BfR-Projekte, die sich mit alternativen Eiweißquellen beschäftigen:
- Entwicklung von standardisierten Nachweisen von Lebensmittel- und Futtermittelinhaltsstoffen in prozessierten Futter-/Lebensmitteln
- Mitentwicklung von Tests zur allergenen Wirkung von Stoffen
- Forschung zu molekularen Mechanismen der Allergieentstehung
- Drittmittelprojekt AllergenPro – Entwicklung von Nachweismethoden für allergene Bestandteile in insektenhaltigen Lebensmitteln
- Forschung zur Umsetzung von anderweitig unverwertbarer Biomasse zu als Lebens- und Futtermittel für Tiere verwertbaren Proteinen durch alternative Proteinquellen BioInsectonomy, ContamInsect
- Projekte zur Verbraucherwahrnehmung/- akzeptanz
- Forschung zur Verwendung von alternativen Proteinquellen als Futtermittel für Nutztiere; Identifikation von möglichen unerwünschten Stoffen und deren Transfer in tierische Lebensmittel
- Forschung zu Lebensmittelsicherheit von aquatischen Organismen aus Aquakulturen
Können Lebensmittel aus alternativen Eiweißquellen mikrobiologische Risiken bergen?
Grundsätzlich können auch mit neuen Eiweißquellen Krankheitserreger in die Lebensmittelkette eingetragen werden. Wie bei anderen Lebensmitteln auch können Hygienemängel oder Fehler beim Temperaturmanagement das Risiko von lebensmittelbedingten Erkrankungen erhöhen.
Außerdem bestehen bisher noch nur begrenzte Erfahrungen mit einigen Technologien zur Herstellung und Weiterverarbeitung der neuen Proteinquellen. Dies stellt neue Herausforderungen an, z. B. die Verwendung neuer Rohstoffe, Produktionshygiene oder Inaktivierungsverfahren.
Neue Krankheitserreger, die spezifisch mit alternativen Proteinquellen assoziiert sind, sind dem BfR bisher jedoch nicht bekannt.
Können Kontaminanten in Lebensmitteln aus alternativen Eiweißquellen enthalten sein?
Wie in anderen Lebensmitteln pflanzlicher oder tierischer Herkunft können auch in alternativen Eiweißquellen Kontaminanten vorkommen.
Als mögliche Kontaminanten in alternativen Eiweißquellen wie Hülsenfrüchten, Mandeln oder Sonnenblumenkernen sowie Algen werden zum Beispiel verschiedene Elemente sowie Myko- und Pflanzentoxine bzw. deren Metabolite als möglicherweise relevante Stoffgruppen diskutiert. Insbesondere für Personen mit hohen Verzehrmengen kann sich unter bestimmten Voraussetzungen ein relevanter Beitrag zur Exposition ergeben.
Können Lebensmittel aus alternativen Eiweißquellen veränderte Nährstoffprofile aufweisen?
Hülsenfrüchte enthalten antinutritive Substanzen (z. B. Phytinsäure, Lektine, Tannine oder Saponine). Daher sollten sie nur gegart/gekocht verzehrt werden.
Getrocknete Algen beispielsweise können sehr hohe Jodgehalte aufweisen. Wenn von diesem lebensnotwendigen Nährstoff zu viel aufgenommen wird, kann es zu ggf. gesundheitsrelevanten Effekten der Schilddrüse kommen.
Können Lebensmittel aus alternativen Eiweißquellen unbekannte Toxine enthalten?
Einige neue Proteinquellen könnten Toxine enthalten, die noch nicht ausreichend erforscht oder bekannt sind. Dies gilt besonders für exotische Pflanzen oder neu entdeckte Mikroorganismen.
Sofern es sich dabei um ein „neuartiges Lebensmittel“ gemäß Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 handelt, darf dieses erst nach einer Zulassung in der EU vermarktet werden. Teil dieses Verfahrens ist eine gesundheitliche Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Eine Zulassung durch die EU-Kommission ist nur möglich, wenn sich dabei keine Sicherheitsbedenken für die menschliche Gesundheit ergeben. Sollte es sich bei dem Lebensmittel um ein genetisch verändertes Lebensmittel gemäß Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 handeln, ist vor dem Inverkehrbringen hierfür ebenfalls eine Sicherheitsprüfung nach einem Gemeinschaftsverfahren erforderlich.
Was ist über gesundheitliche Risiken im Zusammenhang mit alternativen Eiweißquellen als Futtermittel bekannt?
In Futtermitteln, die als alternative Eiweißquellen verwendet werden, können auch unerwünschte Stoffe oder Kontaminanten enthalten sein, die sich einerseits negativ auf die Tiergesundheit auswirken können, andererseits jedoch auch in tierische Lebensmittel übergehen (sogenannter „Transfer“). Dies können zum Beispiel verschiedene (toxische) Elemente, persistente organische Kontaminanten sowie Myko- und Pflanzentoxine bzw. deren Metabolite sein.
Wie sieht das Verbraucherverhalten/die Verbraucherakzeptanz zu alternativen Eiweißquellen als Lebensmittel aus?
Untersuchungen über das Verbraucherverhalten zu alternativen Proteinquellen und der gezielte Austausch mit Verbraucherinnen und Verbrauchern sollten aus Sicht des BfR frühzeitig im Prozess der Diversifizierung der Lebensmittel- und Futtermittelherstellung berücksichtigt werden.
Während pflanzliche Proteinquellen und Eiweiße, die aus Pilzen gewonnen werden, bei Verbraucherinnen und Verbrauchern in Europa eine hohe Akzeptanz aufweisen, überwiegen bei der Idee, Insekten zu verzehren, einige Vorbehalte. Die individuelle „Ekelbarriere“ und Bedenken zu Hygiene und Verträglichkeit sind große Hürden für die Akzeptanz von Insekten als Lebensmittel. Dabei ist oft nicht bekannt, dass Insekten hauptsächlich in verarbeiteter Form als Insektenmehl in bestimmten Produkten enthalten sind. Zudem werden Insekten nur mit definierten Substraten, die die futtermittelrechtlichen Anforderungen erfüllen, aufgezogen, sie dürfen also nicht mit Haushalts- oder Bioabfällen oder anderen verbotenen Stoffen gefüttert werden.
Wie sind Lebensmittel, die Eiweiße aus neuartigen Quellen enthalten, gesetzlich reguliert?
- Neuartige Lebensmittel/Novel Food
Viele Lebensmittel, die aus alternativen Proteinen bestehen oder sie enthalten, gehören zur Lebensmittelgruppe der so genannten „Novel Food“. Für diese „neuartigen“ Lebensmittel gilt die europäische Novel-Food-Verordnung. Dabei handelt es sich um Lebensmittel, die in der EU vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang konsumiert wurden und die mindestens einer der in der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Lebensmittelkategorien zugeordnet werden können. Sie dürfen erst nach einer Zulassung in der EU vermarktet werden. Teil dieses Verfahrens ist eine gesundheitliche Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Eine Zulassung durch die EU-Kommission ist nur möglich, wenn sich dabei keine Sicherheitsbedenken für die menschliche Gesundheit ergeben.
Die Neuartigkeit kann auch einen neuartigen Herstellungsprozess umfassen. Die Zulassung gilt nur für ganz bestimmte vom Antragsteller beantragte Verwendungen und Zubereitungen eines Lebensmittels. Die Zulassung kann dabei generisch oder mit Datenschutz für eine Dauer von fünf Jahren für einen spezifischen Antragsteller erfolgen.
Alternativ kann einzelfallabhängig für Lebensmittel mit oder aus alternativen Proteinen eine Zulassung nach der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel erforderlich sein, wenn sie oder ihre Bestandteile einen gentechnisch veränderten Organismus (GVO) enthalten oder aus GVO hergestellt wurden. Eine solche Zulassung setzt ebenfalls eine Risikobewertung seitens der EFSA voraus.
Liste zugelassener „Novel Food“:
https://food.ec.europa.eu/food-safety/novel-food/authorisations/union-list-novel-foods_en
Liste laufender Anträge:
https://food.ec.europa.eu/safety/novel-food/authorisations/summary-applications-and-notifications_en
- Kennzeichnungspflicht
Die Novel-Food-Verordnung sieht spezifische Kennzeichnungsvorgaben neuartiger Lebensmittel vor. Dies umfasst auch den Hinweis auf Allergene bei möglichen bekannten Kreuzreaktionen. Gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel sind grundsätzlich zu kennzeichnen.
Insekten können beispielsweise in Backwaren, Keksen oder Teigwaren, etwa in gemahlener oder pulverisierter Form, als Zutat enthalten sein. Für Verbraucherinnen und Verbraucher ist die Verwendung von Insekten durch das Zutatenverzeichnis ersichtlich. Bei den bisher zugelassenen insektenhaltigen Lebensmitteln taucht der deutsche und der lateinische Name des Insekts in der Zutatenliste auf, ebenso die verwendete Form des Lebensmittels, wie getrocknet oder pulverförmig. Zudem ist ein Hinweis vorgeschrieben, der auf das Risiko allergischer Reaktionen bei Menschen mit Allergien gegen Krebs- und Weichtiere und Erzeugnisse daraus sowie gegen Hausstaubmilben verweist.
Andere alternative Eiweißquellen, die als Zutaten verwendet werden und als Allergene im Anhang II der EU-Verordnung Nr. 1169/2011 aufgeführt sind, müssen im Zutatenverzeichnis hervorgehoben werden (z. B. durch Fettdruck).
Liste in der EU kennzeichnungspflichtiger Allergene (14 Gruppen):
https://www.produktqualitaet.com/de/lebensmittel/allergene/kennzeichnungspflichtige-allergene.html