Allergien: Die wichtigsten Fragen und Antworten auf einen Blick
FAQ des BfR vom 4. Juni 2024
Allergien sind in der Bevölkerung weit verbreitet: Schätzungen zufolge entwickeln mehr als 30 % der Menschen in Deutschland im Laufe ihres Lebens eine allergische Erkrankung. Ausgelöst werden können sie durch ganz unterschiedliche Stoffe: Von Pflanzenpollen, bestimmten Lebensmitteln oder auch bestimmten Stoffen in Hausstaub. Aber auch Insektengifte, Medikamente und Chemikalien beispielsweise in Reinigungsmitteln oder Kosmetika können allergische Reaktionen verursachen. Die Symptome reichen von juckenden Hautekzemen bis zu teilweise lebensbedrohlichen allergischen Schocks. In diesem Text beantwortet das BfR die wichtigsten Fragen zu Allergien. Weiterführende Informationen und Quellen zum Thema finden sich in einem ausführlichen BfR-Wissenschaftsbericht.
Was ist eine Allergie?
Eine Allergie ist eine Überempfindlichkeit des Immunsystems. Ausgelöst werden Allergien durch körperfremde Stoffe. Bei Allergikern werden diese meist harmlosen Stoffe vom Immunsystem als gefährlich eingestuft und übermäßig stark bekämpft. Stoffe, die allergische Reaktionen auslösen können, werden Allergene genannt. Allergene sind beispielsweise in Pflanzenpollen, Insektengiften oder Lebensmitteln enthalten.
Typische Symptome einer Haut-Allergie sind Juckreiz, Quaddeln, Rötungen und Schwellungen. Beim allergischen Schnupfen kommt es zu einer verstopften oder laufenden Nase und Niesen. Lebensmittelallergene können ebenfalls Hautauschläge, aber auch Magen-Darmprobleme, Atemnot oder Abgeschlagenheit auslösen. In besonders schweren Fällen kann es zu einem allergischen Schock kommen.
Warum reagieren Menschen plötzlich allergisch auf Stoffe, die vorher bei ihnen keine Reaktionen ausgelöst haben?
Allergische Reaktionen werden klassischerweise in zwei Phasen unterteilt: Die erste Phase ist die „Sensibilisierungsphase“ und kann als „Kennenlernphase“ aufgefasst werden. Diese Phase verläuft auf den ersten Blick harmlos: Der Körper kommt zwar in Kontakt mit dem entsprechenden Stoff, aber es gibt zu diesem Zeitpunkt noch keine Allergie-Symptome.
Das Immunsystem lernt in dieser Sensibilisierungsphase den entsprechenden Stoff kennen und baut ein so genanntes „immunologisches Gedächtnis“ auf. Bestimmte Immunzellen im Körper erkennen diese Stoffe dann als körperfremd, werden dafür also „sensibilisiert“. Substanzen, die im Immunsystem zu solchen Reaktionen führen können, werden deshalb auch „sensibilisierend“ genannt.
Kommen Menschen nach der Sensibilisierungsphase wieder in Kontakt mit dem entsprechenden Stoff, kann es zur zweiten Phase der Allergie kommen, zur „Auslösephase“. Das Immunsystem erkennt das Allergen und betrachtet es als Bedrohung, die bekämpft werden muss – es kommt zur symptomatischen allergischen Reaktion.
Was sind Allergene?
Als Allergene werden alle Stoffe bezeichnet, die eine allergische Reaktion auslösen können. Es sind oft an sich harmlose Stoffe, die aber bei Allergikern zu einer Überempfindlichkeitsreaktion des Immunsystems führen (das Immunsystem erkennt sie als „fremd“).
Der Kontakt mit einem Allergen kann über die Haut, die Atemwege oder den Verdauungsapparat erfolgen, aber auch über Injektion wie beispielsweise bei Insektengiften oder Medikamenten.
Hinsichtlich ihrer chemischen Natur sind Allergene häufig Eiweiße, die beispielsweise in Pflanzenpollen, Schimmelpilzsporen oder Tierhaaren enthalten sind. Aber auch Metalle oder bestimmte natürlich vorkommende oder synthetisch hergestellte Chemikalien, wie z. B. Arzneimittel, können Allergene sein. Welche Stoffe über welche Mechanismen im menschlichen Körper als Allergen wirken, ist Gegenstand aktueller Forschung.
Ab welcher Menge oder Intensität ein Kontakt mit einem Allergen eine allergische Reaktion auslöst, ist im Einzelfall unterschiedlich. Manche Allergene können schon in sehr geringen Konzentration Symptome auslösen.
Wie viele Allergene sind zurzeit bekannt?
Eine vollständige Liste mit allen bekannten Allergenen gibt es nicht. Allerdings führt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Datenbank mit bekannten Eiweiß-Allergenen. Hier sind aktuell (Stand Februar 2024) rund 1100 Eiweiße aufgelistet, bei denen bekannt ist, dass sie Allergien auslösen können.
Daneben gibt es eine große Zahl von Chemikalien, die potentiell Allergien auslösen können. Die EU hat inzwischen mehr als 1200 entsprechende Substanzen offiziell als „hautsensibilisierend“ deklariert, etwa 120 zusätzlich oder ausschließlich als „atemwegsensibilisierend“. Viele Chemikalien wurden außerdem durch den Hersteller, Importeur oder Firmen, die diese Stoffe verwenden, eigenverantwortlich als sensibilisierend eingestuft (Selbsteinstufung). Im Buch „Patch testing“ von Anton De Groot werden zurzeit über 4900 Substanzen als potentielle Auslöser von Kontaktallergien gelistet.
Dazu kommen weitere Stoffe, bei denen eine sensibilisierende Wirkung vermutet wird oder bei denen sich diese bereits in Einzelfällen gezeigt hat.
Welche Allergien sind besonders häufig?
Allergische Erkrankungen sind vergleichsweise häufig. Laut Erhebungen des Robert-Koch-Instituts entwickeln mehr als 20 % der Kinder und mehr als 30 % der Erwachsenen in Deutschland im Laufe ihres Lebens eine allergische Erkrankung. Die Unsicherheiten bei diesen Zahlen sind jedoch sehr groß, da sie überwiegend aus Befragungen resultieren und z. B. Menschen mit Allergien möglicherweise häufiger antworten und deshalb in den Ergebnissen entsprechend überrepräsentiert wären.
Die unterschiedlichen Arten von Allergien und die dazu gehörigen Allergene werden oft nach den Aufnahmewegen eingeteilt, über die der Mensch in Kontakt mit den jeweiligen Allergenen kommt:
Zu den bekanntesten und meist verbreiteten allergischen Erkrankungen gehört der Heuschnupfen. Dabei handelt es sich um eine Sammelbezeichnung für allergische Reaktionen auf unterschiedliche Allergene in Pflanzenpollen, vor allem von Gräsern und Bäumen. Da die Allergene hier über die Atmung aufgenommen werden, werden sie auch als Inhalationsallergene oder Aeroallergene bezeichnet. Weitere häufige Beispiele für Aeroallergene finden sich in Pilzsporen, Holzmehl oder im Hausstaub. Aber auch die Stäube oder Dämpfe von bestimmten Chemikalien oder flüchtige Bestandteile von Kunststoffen oder Beschichtungen können beim Einatmen Allergiesymptome auslösen.
So genannte Injektionsallergene gelangen mittels einer Art von Injektion in den Körper. Typische Beispiele hierfür sind Insektengifte, z. B. von Biene, Hummel oder Wespe, oder auch gespritzte Medikamente und Kontrastmittel.
Nahrungsmittelallergene können beim Verzehr allergische Reaktionen auslösen. In Deutschland haben geschätzt bis zu 3 bis 6 % der Bevölkerung eine Nahrungsmittelallergie. Die häufigsten Auslöser bei Kindern und Jugendlichen sind Kuhmilch, Hühnerei, Erdnüsse, Weizen und Baumnüsse. Bei Erwachsenen, die allergisch auf Pflanzenpollen reagieren, sind außerdem Kreuzreaktionen auf Äpfel und anderes Obst sowie auf Nüsse, Soja, Sellerie und Karotte sehr häufig. Manche Erwachsene reagieren auch allergisch auf Weizen, Erdnüsse, Fisch und Krustentiere. Von Nahrungsmittelallergien abzugrenzen sind andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten, wie z. B. die Laktoseintoleranz, bei der der Körper Laktose nicht vollständig verdauen kann. Solche Nahrungsmittelintoleranzen entwickeln sich ohne eine Beteiligung des Immunsystems.
Kontaktallergene sind oft industriell hergestellte Chemikalien, aber auch natürliche Duftstoffe und bestimmte Metalle. Besonders häufig sind allergische Reaktionen auf Nickel. Bei Allergietests reagieren hierauf geschätzt ca. 11 % der Bevölkerung in Europa. Aber auch andere Metalle wie Kobalt, Chrom oder Palladium können allergische Kontaktekzeme auslösen, genauso wie eine Vielzahl nichtmetallischer Chemikalien, z. B. Duft- und Farbstoffe oder Konservierungsstoffe.
Was sind „Reaktionstypen“ bei Allergien?
In der Wissenschaft werden verschiedene allergische Reaktionstypen unterschieden, je nach den beteiligten Mechanismen und Bestandteilen des Immunsystems.
Besonders schnell geht die Reaktion bei den sehr häufigen Typ I-Allergien („Soforttyp“), der die meisten Allergien zuzuordnen sind. Hier sind bestimmte Antikörper, die Immunglobuline E (IgE), beteiligt. Der Kontakt mit einem Allergen kann in solchen Fällen innerhalb von Sekunden bis Minuten eine allergische Reaktion auslösen. Dabei werden vermittelt durch die IgE-Antikörper Histamin oder andere Botenstoffe ausgeschüttet, die dann in anderen Organen zu Abwehrreaktionen führen. Zu den Typ I-Allergien gehören neben der Pollenallergie unter anderem die Insektenallergie und die Nahrungsmittelallergie. Die beiden letzteren können ggf. zu einem allergischen („anaphylaktischen“) Schock führen.
Bei Typ II- und III-Allergien laufen im Immunsystem andere Mechanismen ab. Die Reaktionen treten meist nach ca. 6 bis 12 Stunden auf. So reagiert der Körper bei einer Typ II-Allergie mit Antikörpern gegen bestimmte Bestandteile von Körperzellen, z. B. bei einer Abstoßungsreaktion nach Transplantationen oder bei einer Blutgruppenunverträglichkeit. Bei einer Typ III-Allergie bilden sich Komplexe aus Allergenen und Antikörpern. Sofern der Körper diese nicht abbaut, lagern sie sich im Gewebe oder in den Blutgefäßen ab. Ein Beispiel ist die Serumkrankheit, bei der nach Injektion eines Impfstoffs („Impfserum“) tierischer Herkunft eine Typ III-Reaktion auftritt, z. B. als nach Verabreichung von Serum aus geimpften Pferden nach einem Giftschlangenbiss.
Bei einer Typ IV-Allergie sind hauptsächlich die so genannten „T-Zellen“ beteiligt. Das „T“ steht für Thymus, ein Organ im Lymphsystem, in dem sich die T-Zellen entwickeln. Aktivierte T-Zellen verursachen Entzündungen, aber dies dauert länger, sodass die vollständige Auslösung dieser allergischen Reaktion in der Regel innerhalb von 12 bis 72 Stunden erfolgt. Daher wird dieser Allergie-Typ auch als „verzögerter Typ“ oder „Spättypallergie“ bezeichnet. Typische Typ IV-Allergien sind das allergische Kontaktekzem oder auch verschiedene Reaktionen auf Arzneimittel.
Zusätzlich können weitere Mechanismen zum Allergiegeschehen beitragen, wie beispielsweise eine defekte Hautbarriere (z. B. durch Kontakt mit Reinigungsmitteln), entzündliche Stoffwechselprozesse oder auch direkte Interaktionen von Stoffen mit Immunzellen.
Welche Symptome von Allergien sind bekannt?
Allergiesymptome variieren von Fall zu Fall sehr stark. Die Symptome hängen unter anderem ab vom Aufnahmeweg und der Menge der aufgenommenen Allergene. Die Spannbreite reicht von leichten bis hin zu lebensbedrohlichen oder chronischen Beschwerden. Die Symptome können dabei entweder direkt an der Kontaktstelle mit dem Allergen auftreten (lokal) oder unabhängig von der Kontaktstelle (systemisch).
Jeder Allergiker hat dabei seine eigene Schwelle, ab welcher Allergenmenge Symptome auftreten. Diese Schwelle kann sich im Laufe der Zeit verändern und teilweise auch durch Therapien gezielt beeinflusst werden (sog. Hyposensibilisierung).
Die Dauer bis zum Eintritt der allergischen Reaktion ist dabei ebenfalls sehr unterschiedlich. Bei Kontakt zu Allergenen über die Haut, z. B. nach der Nutzung von Kosmetik, kann es einen oder mehrere Tage dauern, bis sich an der entsprechenden Stelle ein allergisches Kontaktekzem bildet („Spättypallergie“).
Eine Anaphylaxie oder anaphylaktische Reaktion ist dagegen eine sehr schnell verlaufende allergische Reaktion. Die Symptome können in diesem Fall unmittelbar nach dem Kontakt mit dem Allergen auftreten und den ganzen Organismus erfassen. Die schwerste Form der Anaphylaxie ist der anaphylaktische Schock, der auch zum Tode führen kann.
Bei Aufnahme über die Lunge (Inhalationsallergene) können Allergene saisonal oder ganzjährig allergischen Schnupfen (allergische Rhinitis, auch Heuschnupfen genannt), Asthma bronchiale, allergische Entzündungen der Lungenbläschen oder sogar lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Zusammenbrüche auslösen (anaphylaktischer Schock).
Injektionsallergene können ebenfalls potenziell lebensbedrohliche allergische Reaktionen verursachen (u. a. anaphylaktischer Schock, schwere Hautreaktionen).
Bei Nahrungsmittel-Allergien kommt es häufig zu Reaktionen der Haut bzw. Schleimhäute, wie z. B. Juckreiz, Rötung, Nesselfieber (Urtikaria), Ekzeme und Anschwellen der Mundschleimhäute. Verbreitet sind auch tränende Augen sowie Reaktionen der Atemwege wie Dauerschnupfen und Niesreiz, Husten, Kurzatmigkeit/Atemnot oder pfeifende Atmung sowie Asthma. Weitere mögliche Symptome sind Übelkeit, Blähungen, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall oder Entzündungen der Magen- und Darmschleimhaut. Darüber hinaus kann das Herz-Kreislauf-System betroffen sein, dabei kann es z. B. zu Schwindel, Herzrasen oder auch zum anaphylaktischen Schock kommen.
Wie werden Allergien diagnostiziert?
Für die Diagnose von Typ I-Allergien (z. B. auf Nahrungsmittel, Pollen, Insektengifte) werden in der Regel zuerst die Krankengeschichte und mögliche Allergien in der Familie abgeklärt. Im nächsten Schritt wird ein Sensibilisierungstest durchgeführt (Haut-Prick-Test oder IgE-Bestimmung im Blut). Beim Haut-Prick-Test werden einzelne Tropfen verschiedener Testflüssigkeiten, die das jeweilige zu untersuchende Allergen enthalten, nebeneinander auf die Innenseite des Unterarms getropft. Nach dem Auftragen wird die Haut oberflächlich geritzt (engl. „to prick“ für piksen) und anschließend die Reaktionen auf der Haut beobachtet. Die Bildung von Quaddeln an den einzelnen Ritzstellen nach ca. 15 – 30 Minuten deutet auf eine Allergie gegen den entsprechenden Stoff hin und das Ausmaß der Quaddeln auf den Schweregrad. Über eine Blutprobe lässt sich außerdem das Vorkommen von spezifischen IgE-Antikörpern bestimmen, die auf einzelne Allergene reagieren.
Lässt sich im Haut-Prick-Test oder durch die IgE-Bestimmung im Blut eine Sensibilisierung für einen bestimmten Stoff nachweisen, bedeutet das jedoch nicht automatisch, dass im Alltag tatsächlich Symptome auftreten müssen. Deshalb werden in bestimmten Situationen, vor allem bei Nahrungsmittelallergien, auch so genannte Provokationstests durchgeführt. Bei Provokationstests werden Patientinnen oder Patienten unter ärztlicher Aufsicht gezielt einem bestimmten Allergen ausgesetzt, beispielsweise durch Auftragen auf die Nasenschleimhaut, durch Inhalation einer Testsubstanz oder durch die Einnahme von bestimmten Lebensmitteln.
Kontaktallergien werden mittels Epikutantest oder auch „Patch-Test“ nachgewiesen. Dabei werden Testsubstanzen meist für 48 Stunden auf den Rücken aufgetragen und mit einem Pflaster abgedeckt. Anschließend wird geprüft ob sich eine Hautreaktion zeigt, beispielsweise Rötung, Schwellung, Blasenbildung oder ein Ekzem – und bewertet, wie schwer diese Reaktion ausfällt.
Was versteht man unter Kreuzallergien oder Kreuzreaktionen? Welche Rolle spielen dabei Pflanzenpollen?
Bei einer Kreuzallergie entwickelt sich - vereinfacht gesagt - wegen einer bestehenden Allergie gegen einen Stoff eine weitere Allergie gegen einen anderen Stoff. Beispielsweise kann es passieren, dass eine Person eine Birkenpollenallergie hat, die durch Einatmen ausgelöst wird - und diese Person dann plötzlich auf Äpfel, Haselnüsse und Sellerie in der Nahrung allergisch reagiert.
Eine solche Kreuzallergie kann bei Allergenen oder Stoffen entstehen, die in ihrer chemischen Struktur einen ähnlichen Aufbau haben. Im Immunsystem reagieren dann die gleichen Antikörper oder T-Zellen auf den ähnlichen Stoff.
Pollen spielen bei Kreuzallergien eine besondere Rolle, weil die darin enthaltenen Allergene oft eine hohe Ähnlichkeit zu Eiweißen in Nahrungsmitteln aufweisen. Weitere Beispiele bilden Kreuzreaktionen zwischen Allergenen aus Hausstaubmilben und Krebstieren (z. B. Garnelen) oder chemische Allergene, z. B. Kreuzreaktionen zwischen Nickel und Palladium. Oft ist jedoch nicht eindeutig klar, ob es sich wirklich um eine echte Kreuzallergie oder eine unabhängige Sensibilisierung auf den zweiten Stoff handelt. Daher stellen Kreuzallergien ebenfalls ein aktuelles Forschungsthema dar.
Wieso reagieren manche Menschen allergisch und andere nicht?
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Allergien und die teilweise zunehmende Häufigkeit von Allergien werden weiter erforscht. Auch wenn vieles noch unklar bleibt, sind mittlerweile eine Reihe von Faktoren bekannt, die die Entstehung von Allergien beeinflussen können.
Genetische Veranlagungen spielen demnach bei Inhalations- und Nahrungsmittelallergien eine Rolle. Leiden beide Elternteile an Allergien, so ist es wahrscheinlicher, dass das Kind ebenfalls eine Allergie entwickelt. Genetische Varianten führen bei manchen Menschen auch zu einer gestörten Hautbarriere, was die Entstehung von Kontaktallergien begünstigen kann.
Aber auch die Lebensumstände und Umwelteinflüsse können die Allergieentstehung beeinflussen. Es gibt Hinweise, dass der fehlende Kontakt mit bestimmten Keimen im Kindesalter die Entwicklung von Allergien begünstigen kann. Auch wird vermutet, dass die Störung von Körperbarrieren (z. B. Haut, Schleimhäute) durch unterschiedlichste Ursachen, z. B. häufigen Kontakt mit Waschmitteln (in Textilien), Luftverschmutzung usw. einen Einfluss auf eine Allergieentstehung hat. Tabakrauch scheint bei einigen Personen ebenfalls eine Allergieausbildung zu begünstigen.
Und schließlich haben auch bestimmte Berufsgruppen ein erhöhtes Risiko für die Entstehung von Allergien, da sie vermehrt in Kontakt mit allergieauslösenden Stoffen kommen. Das betrifft beispielsweise Menschen in medizinischen und pflegenden Berufen, im Friseurhandwerk, Reinigungskräfte, aber auch Berufsgruppen in der Kunststoff- und Metallverarbeitung.
Kann die Entwicklung von Allergien verhindert werden?
Der Entwicklung einer Allergie bzw. der Sensibilisierung auf in der Umwelt sehr verbreitete Allergene kann man kaum vorbeugen und es ist im Einzelfall schwer vorherzusagen, ob eine Person eine Allergie entwickeln wird. Einfluss auf die Entwicklung bestimmter Allergien haben, neben einer genetischen Veranlagung, auch Lebensumstände und Umwelteinflüsse. So entwickeln Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen, seltener Asthma und allergische Erkrankungen. Auch eine rauchfreie und eine an Luftschadstoffen arme Umgebung verringert das Allergierisiko.
Grundsätzlich ist es ratsam, den Kontakt zu Chemikalien zu reduzieren, die bekanntermaßen Allergien auslösen können. Am Arbeitsplatz lässt sich das beispielsweise über technische Mittel wie Absauganlagen oder auch über angepasste Arbeitsabläufe erreichen. Außerdem sollten ggf. Handschuhe, Atemmasken oder Schutzkleidung getragen werden.
Wie kann man sich vor allergischen Reaktionen schützen oder allergische Erkrankungen behandeln?
Wurde eine Allergie diagnostiziert, sollte der erneute Kontakt mit dem entsprechenden Allergen, wenn möglich, vermieden werden, z. B. indem man auf bestimmte Nahrungsmittel oder problematische Kosmetika verzichtet. Das ist aber nur möglich, wenn das auslösende Allergen identifiziert wurde – was nicht bei allen Allergien und in jeder Berufs- und Lebenssituation möglich ist.
Bei der Behandlung von Allergien werden zum einen aufgetretene Symptome behandelt, beispielsweise durch Salben, Cremes, Nasensprays oder Augentropfen. Zum anderen wird teilweise versucht, das Immunsystem an das Allergen zu „gewöhnen“. Das passiert im Rahmen einer sogenannten Hyposensibilisierungstherapie (auch Desensibilisierung genannt). Dabei werden anfangs gezielt winzige Mengen des jeweiligen Allergens verabreicht, beispielsweise per Spritze. Im Laufe der Therapie wird diese Dosis langsam erhöht. Schlägt die Therapie an, verschiebt sich so nach und nach die Toleranzgrenze des Immunsystems gegenüber diesem Stoff. Eine allergische Reaktion tritt dann im Alltag nicht mehr bei jedem kleinsten Kontakt mit dem Allergen auf, sondern gar nicht mehr oder erst bei Kontakt zu großen Mengen des Allergens.
Entsprechende Therapien gibt es bisher vor allem für Inhalationsallergene wie Gräserpollen Hausstaubmilbenkot oder Insektengift. Für andere Allergien befinden sich die entsprechenden Verfahren noch in der Entwicklung. Eine Hypo- oder Desensibilisierung ist allerdings nicht bei jeder Person gleich wirksam. Individuelle Unterschiede spielen auch hier eine große Rolle.
Was ist der Unterschied zwischen einer Nahrungsmittelallergie und einer Nahrungsmittelintoleranz?
Bei einer Nahrungsmittelallergie reagiert das Immunsystem auf bestimmte Allergene in Nahrungsmitteln, wie beispielsweise bestimmte Eiweiße in Nüssen, Soja, Milch oder Hühnereiern.
Nahrungsmittelintoleranzen sind dagegen keine Allergien, da hier das Immunsystem nicht beteiligt ist. Eine Nahrungsmittelintoleranz beruht häufig auf einem Enzymdefekt. Ein bekanntes Beispiel ist die Laktoseintoleranz, bei der Milchzucker (Laktose) im Körper nicht richtig aufgespalten und verdaut wird und so unter anderem Krämpfe und Durchfall verursachen kann.
Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelintoleranzen werden zusammenfassend auch als Nahrungsmittelunverträglichkeiten bezeichnet.
Müssen Nahrungsmittelallergene auf Lebensmitteln in Deutschland und der EU gekennzeichnet werden?
In der EU müssen nach der Lebensmittel-Informationsverordnung die 14 häufigsten Substanzen oder Produkte, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, auf Lebensmitteln gekennzeichnet werden, wenn diese als Zutat verwendet werden. Dabei handelt es sich um folgende Stoffe sowie daraus hergestellte Erzeugnisse:
- glutenhaltiges Getreide (namentlich Weizen wie Dinkel und Khorasan-Weizen, Roggen, Gerste, Hafer oder Hybridstämme)
- Krebstiere
- Eier
- Fische
- Erdnüsse
- Sojabohnen
- Milch
- Schalenfrüchte („Nüsse“, namentlich Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Pecannüsse, Paranüsse, Pistazien, Macadamia- und Queenslandnüsse)
- Sellerie
- Senf
- Sesamsamen
- Schwefeldioxid und Sulfite (ab 10 mg pro kg oder L)
- Lupinen
- Weichtiere (z. B. Schnecken, Muscheln, Austern, Tintenfische)
Unbeabsichtigt in Lebensmittel eingetragene Allergene müssen dagegen nicht verpflichtend gekennzeichnet werden. Entsprechende Hinweise („Kann Spuren von … enthalten.“) sind freiwillig und werden oft vorsorglich von Herstellern angegeben. Deshalb können Menschen mit Nahrungsmittelallergien nicht allein anhand vorhandener oder fehlender Hinweise sicher wissen, ob und in welcher Menge ein Allergen im Lebensmittel tatsächlich vorhanden ist. Zurzeit wird innerhalb der EU und auch bei der WHO eine verpflichtende Kennzeichnung auch für solche unbeabsichtigten Allergeneinträge diskutiert.
Insekten als Nahrungsquelle: ein Problem für Menschen mit Allergien?
In der EU wurden 2021 bis 2023 vier Insektenspezies als „neuartige Lebensmittel“ zugelassen: die Larven des gelben Mehlwurms, die europäische Wanderheuschrecke, das Heimchen und die Larven des glänzendschwarzen Getreideschimmelkäfers. Die Zulassung weiterer Insekten als Lebensmittel ist beantragt.
Ob der Verzehr von Insekten selbst eine (primäre) Nahrungsmittelallergie auslösen kann, ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Tatsächlich berichten einige Humanstudien aus Laos und China von Symptomen einer Nahrungsmittelallergie bei Bevölkerungsgruppen, die Insekten verzehren. Da die Eiweiße von Insekten denen von Hausstaubmilben und Schalentieren ähneln, könnten hier auch Kreuzallergien für die Auslösung der allergischen Reaktionen verantwortlich sein. Deshalb müssen Lebensmittel entsprechend gekennzeichnet werden, wenn sie Insektenbestandteile enthalten. Insgesamt besteht hier aber noch erheblicher Forschungsbedarf. Das BfR führt deshalb auch eigene Untersuchungen durch, um das Allergie-Potenzial von Insekten in Europa zu bewerten.
Wie werden kosmetische Mittel gekennzeichnet?
Die Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten müssen in schriftlicher Form angeben werden. Die Kennzeichnung erfolgt nach dem INCI-System (englisch: International Nomenclature of Cosmetic Ingredients, deutsch: Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe). Diese Angaben sind für Menschen mit Allergien hilfreich. Wer den INCI-Namen des relevanten Allergens kennt, kann so gegebenenfalls die Produkte mit entsprechenden Inhaltsstoffen vermeiden.
Ausführliche Informationen zur Kennzeichnung von Kosmetik gibt es beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Wie ist die Verwendung sensibilisierender Chemikalien in der EU geregelt?
Die Verwendung von sensibilisierenden Chemikalien ist europaweit durch eine Reihe von Vorschriften geregelt. Dazu gehören die CLP-Verordnung, die Europäische Chemikalienverordnung REACH, die EU-Kosmetik-Verordnung, die EU-Biozidverordnung und die EU-Spielzeugrichtlinie. Vorgeschrieben sind hier unter anderem Kennzeichnungspflichten, Grenzwerte und ggf. ein Zulassungsverfahren mit vorgeschalteter Risikobewertung.
Woher weiß man, ob eine Chemikalie hautsensibilisierend ist?
Sensibilisierende Eigenschaften von Chemikalien wurden lange Zeit vor allem durch Tierversuche bestimmt, unter anderem durch den „lokalen Lymphknotentest“ in Mäusen. Laut EU-Vorschriften sollen Tierversuche inzwischen jedoch so weit wie möglich vermieden und tierversuchsfreie Methoden verwendet und entwickelt werden. Deshalb wird auch bei der Identifizierung von Stoffen, die möglicherweise Allergien auslösen können, verstärkt mit Gewebeproben und Zellkulturen gearbeitet. An der Entwicklung und Standardisierung solcher Testverfahren ist das BfR beteiligt.
Es sind bereits einige alternative Testverfahren anerkannt und beispielweise in der EU-Chemikalienverordnung REACH, in der Biozid- und der Pflanzenschutzverordnung verankert. Tierversuche sind hier nur noch dann zulässig, wenn alternative Methoden nicht anwendbar oder ihre Ergebnisse nicht aussagekräftig sind.
Bisher unbekannte Auslöser von Allergien können aber auch entdeckt werden, wenn Patienten Hautausschläge nach dem Kontakt mit bisher „unverdächtigen“ Substanzen oder Produkten entwickeln und das genaue Allergen identifiziert werden kann.
Für Substanzen die mit der Nahrung aufgenommen werden (orale Aufnahme), gibt es bislang kein anerkanntes Testverfahren für das Auslösen von Allergien. Hier gibt es aber zumindest einige indirekte Tests, die auf möglicherweise allergieauslösende Eiweiße hinweisen können.
Für viele hautsensibilisierende Chemikalien gelten inzwischen Einsatzbeschränkungen und teilweise auch Verbote. Was bringt das?
In der Praxis führen Einsatzbeschränkungen für Stoffe, die potentiell hautsensibilisierend wirken können, dazu, dass weniger Menschen in Kontakt mit diesen Stoffen kommen und eine Allergie dagegen entwickeln. Als erfolgreiches Beispiel hierfür gilt die Beschränkung beim Einsatz von Nickel in Modeschmuck durch die EU. Vor allem bei jüngeren Menschen sind seitdem deutlich seltener entsprechende Allergien zu beobachten. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch bei anderen Stoffen, für die beispielsweise der Einsatz in Kosmetika oder Haushaltsreinigern verboten oder eingeschränkt wurde.
Können Spielzeug oder Kleidung Allergien auslösen?
Bei Spielzeug und auch bei Kleidung ist der Einsatz vieler Stoffe streng reglementiert, die Allergien auslösen können. So sind in Spielzeug beispielsweise bestimmte Duftstoffe komplett verboten oder sie müssen gekennzeichnet werden. Außerdem gelten Grenzwerte für die maximal erlaubte Freisetzung von Metallen wie Nickel, Cobalt und Chrom. Trotzdem werden immer wieder auch Fälle beobachtet, in denen durch Kleidung oder Spielzeug allergische Reaktionen ausgelöst wurden. Welcher Inhaltsstoff eine allergische Reaktion ausgelöst hat, lässt sich dabei häufig nur schwer genau identifizieren.
Wieso können Tätowiermittel Allergien auslösen?
Allergische Reaktionen auf Tätowiermittel sind selten, kommen aber vor und sind dann nicht leicht zu behandeln. Die Identifikation der wichtigsten ursächlichen Allergene ist nach wie vor Gegenstand aktueller Forschung, auch am BfR. In Frage kommen eine ganze Reihe von Substanzen in den Tätowiermitteln, beispielsweise Konservierungsmittel oder Schwermetalle wie Nickel. Besonders häufig werden rote Farben mit allergischen Reaktionen in Verbindung gebracht.
Beim Tätowieren werden die Mittel direkt in die Haut eingebracht – und kommen dort in Kontakt mit Immunzellen und Lymphflüssigkeit. Hier kann es zu einer Sensibilisierung und/oder allergischen Reaktion kommen, die ggf. noch verstärkt wird durch die Verletzung der Haut während der Tätowierung.
Die Substanzen in den Tätowiermitteln können außerdem mit der Zeit (z.B. durch Sonneneinstrahlung) oder bei einer Laserentfernung in andere chemische Verbindungen umgewandelt werden. Diese neu entstehenden Substanzen können ebenfalls eine allergene Wirkung haben. Allergische Reaktionen auf Tätowiermittel können deshalb sowohl direkt nach dem Tätowieren oder auch erst Jahre später auftreten.
Seit 2022 ist der Einsatz vieler bekannter gesundheitsschädlicher Stoffe (z. B. krebserzeugend, hautreizend) in Tätowiermitteln und Permanent-Make-Up über eine Erweiterung der EU-Chemikalienverordnung beschränkt, darunter sind auch einige bekannte sensibilisierende Stoffe.
Kann die Aufnahme von Nickel aus der Nahrung zu einer Nickelallergie führen? Stellt dies ein Problem für Menschen mit Nickelallergie dar?
Spuren von Nickel sind vor allem in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Vergleichsweise hoch sind die Nickelgehalte in Hülsenfrüchten, Nüssen und Ölsaaten (ca. 2 mg/kg), Schokoladenprodukten (ca. 3,8 mg/kg) und Kakaoprodukten (ca. 9,5 mg/kg). Im Vergleich dazu enthalten Back- und Teigwaren sowie Fleisch und Wurst deutlich weniger Nickel.
Bisher gibt es keine bekannten Fälle, in denen die Aufnahme von Nickel über den Verzehr von Lebensmitteln zur Entstehung einer Nickelallergie geführt hat. Bei einer bestehenden Sensibilisierung kann es aber in extremen Einzelfällen zur Auslösung von Symptomen kommen, wenn Nickel über Lebensmittel aufgenommen wird. In der Regel stellt die Aufnahme von Nickel aus der Nahrung für Menschen mit einer Nickelallergie aber kein gesundheitliches Problem dar.
Wie trägt das BfR dazu bei, Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor allergieauslösenden Substanzen zu schützen?
Das BfR bewertet regelmäßig, z. B. im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung REACH, ob und in welchem Maße Chemikalien oder andere Stoffe Allergien auslösen können. Weiter erarbeitet das BfR Vorschläge zur Einstufung und Kennzeichnung allergieauslösender Substanzen im Rahmen der CLP-Verordnung (EU-VO zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung). Diese Bewertungen bilden die Grundlage für Gesetze und Richtlinien, die den Einsatz solcher Stoffe ggf. beschränken, um Verbraucherinnen und Verbraucher besser zu schützen.
Weiterhin führt das BfR intensive Forschung sowohl in eigenen Projekten als auch in Kooperation mit anderen durch, um Allergierisiken besser zu verstehen und zu bewerten.
Schließlich sind BfR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in vielen wissenschaftlichen Gremien auf nationaler und internationaler Ebene aktiv. Sie tragen dort zur Entwicklung von Bewertungsleitfäden und Prüfstrategien bei, um die Bevölkerung vor Allergenen zu schützen.