Fragen und Antworten zur Anhörung „Monsanto Papers und Glyphosat“ im Europäischen Parlament am 11. Oktober 2017

FAQ des BfR vom 13. Oktober 2017

Anlässlich der Anhörung „Monsanto Papers und Glyphosat“ im Europäischen Parlament in Brüssel am 11. Oktober 2017 hat das BfR Fragen erhalten und die aktuell am häufigsten gestellten Fragen und deren Antworten (FAQ) zusammengestellt.

Links zu bereits veröffentlichen FAQ zum Verfahren der Neubewertung von Glyphosat, zur unterschiedlichen Einschätzung der krebserzeugenden Wirkung von Glyphosat durch das BfR und der Internationalen Krebsagentur (IARC) und zur Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Glyphosat finden sich am Ende des Dokuments.

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Wie strittig ist das Ergebnis in der Wissenschaft, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht als krebserregend für den Menschen einzustufen ist?

Das für die Pestizidbewertung zuständige Gremium der WHO (JMPR) kommt wie das BfR, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und andere Behörden weltweit zu dem Schluss, dass nach derzeitigem Stand der Wissenschaft bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung kein Risiko hinsichtlich einer krebserzeugenden Wirkung beim Menschen zu erwarten ist. Darüber hinaus hat unabhängig davon die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) festgestellt, dass eine Gefahreneinstufung hinsichtlich Kanzerogenität, Mutagenität und Reproduktionstoxizität nicht angezeigt ist. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) hat vorgeschlagen, Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ einzustufen. Diese Einschätzung wird derzeit weltweit von keiner nationalen wissenschaftlichen Bewertungsbehörde geteilt. Eine der Ursachen für die unterschiedlichen Einschätzungen kann darin bestehen, dass die IARC laut ihrer Satzung nur veröffentlichte Studien berücksichtigt. Somit standen der IARC viele Studien nicht zur Verfügung, die im Rahmen des EU-Genehmigungs­verfahrens gesetzlich gefordert werden, aber bislang nicht veröffentlicht wurden.

Welche Institutionen kommen zu dem Ergebnis, dass Glyphosat nach dem derzeitigen Stand des Wissens nicht als krebserregend einzustufen ist?

Jede einzelne Bewertungsbehörde europa- und weltweit, der die Originalstudien vorlagen, kommt nach eigener Bewertung mittels etablierter international anerkannter toxikologischer Standardverfahren zu dem Schluss, dass Glyphosat nach derzeitigem Stand des Wissens nicht als krebserregend einzustufen ist.

Dazu gehören:

  • die Europäische Behörde für Lebensmittelsicher (EFSA) sowie die Expertinnen und Experten der Risikobewertungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten
  • die US-amerikanische Umweltbehörde EPA
  • die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA)
  • die australische Bewertungsbehörde Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA)
  • die japanische Food Safety Commission
  • die neuseeländische Umweltbehörde EPA
  • das Joint FAO/WHO Meeting on Pesticide Residues (JMPR) und
  • die Europäische Chemikalienagentur (ECHA)

Warum wird die erneute Genehmigung von Glyphosat diskutiert?

Glyphosat wird, wie jeder andere Pflanzenschutzmittelwirkstoff im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung, turnusmäßig hinsichtlich seiner Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier sowie die Umwelt und hinsichtlich seiner Wirksamkeit erneut bewertet. Als Berichterstatter (Rapporteur Member State, RMS) von Glyphosat wurde die Bundesrepublik Deutschland von der Europäischen Kommission beauftragt. Das BfR wurde im Verfahren der Wiedergenehmigung mit der Bewertung des gesundheitlichen Risikos des Wirkstoffes und einer Beispielformulierung entsprechend seiner Zuständigkeit nach dem Pflanzenschutzgesetz beauftragt.

Wer war an der Erstellung des Bewertungsberichtes beteiligt?

Die Bewertung von Glyphosat wurde durch das BfR, aber auch von den anderen deutschen Behörden wie dem Julius-Kühn-Institut (JKI), dem Umweltbundesamt (UBA) sowie dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) durchgeführt. Der berichterstattende Mitgliedsstaat Deutschland hat seinen Bericht (Renewal Assessment Report, RAR) einschließlich seiner nachfolgend erstellten Addenda der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) als koordinierende Behörde für das weitere Genehmigungsverfahren zur Verfügung gestellt.

Warum war das BfR nicht bei der gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung sowie Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Europäischen Parlament am 11. Oktober 2017 anwesend?

Grundlage für die anstehende politische Entscheidung über die Wiedergenehmigung von Glyphosat ist maßgeblich der durch die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) erstellte Bewertungsbericht. Dieser wurde inhaltlich bei der Anhörung durch die EFSA selbst vertreten. Das BfR hatte angeboten, an der öffentlichen Anhörung des EU-Parlaments teilzunehmen, sollte dafür eine besondere Notwendigkeit vorliegen.

Hat das BfR Teile von Studien der Antragsteller zur Glyphosatgenehmigung ungeprüft und unkritisch übernommen?

Nein. Das Verfahren zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen wie Glyphosat ist durch eine EU-weit geltende Gesetzgebung geregelt. Diese Gesetzgebung sieht explizit vor, dass der berichterstattende Mitgliedsstaat - im Fall von Glyphosat Deutschland - alle Informationen der durch die Antragsteller eingereichten Dokumente auf Plausibilität und Korrektheit prüft. Wenn der berichterstattende Mitgliedsstaat mit einer bestimmten Zusammenfassung oder Bewertung der Antragsteller übereinstimmt, kann er diese direkt in seinen Bericht integrieren. Abweichende Bewertungen werden durch eigene Kommentare ausgedrückt. Der berichterstattende Mitgliedsstaat erstellt eine umfassende, unabhängige Bewertung des Antrages der Antragsteller und schließt seine eigene Bewertung zur Sicherheit des Wirkstoffes mit ein.

Das BfR ist gesetzlich verpflichtet, die Dossiers der Antragsteller zu verwenden, zu prüfen und seine eigene Bewertung vorzunehmen. Das BfR hat keineswegs die Sicht der Antragsteller und deren Interpretation entsprechender Studien unkritisch und ungeprüft übernommen. Das BfR hat in seinem Bericht in erster Linie die gesetzlich vorgeschriebenen Studien und Berichte der Antragsteller verwendet als auch alle weiteren relevanten und verfügbaren Studien unterstützend hinzugezogen, nachdem alle sorgfältig gemäß den gesetzlich etablierten Verfahren geprüft und bewertet wurden.

Was sind die „Monsanto Papers“?

Eine einheitliche Definition der „Monsanto Papers“ ist dem BfR nicht bekannt.

Als „Monsanto Papers“ werden in der öffentlichen Diskussion sowohl Dokumente interner Kommunikation eines Antragstellers, als auch vermeintlich durch Monsanto beeinflusste Publikationen in der wissenschaftlichen Literatur bezeichnet.

Warum hat das BfR die „Monsanto Papers“ in seiner Bewertung nicht berücksichtigt?

Die gesetzlichen Anforderungen stellen die wesentliche Grundlage für die Wirkstoffbewertung durch die Mitgliedsstaaten dar. Dazu gehören die sogenannten „Monsanto Papers“ nicht. Es handelt sich hierbei um zusammenfassende Übersichtsarbeiten, die publizierte Originalstudien zusammenfassen. Die Bewertung des BfR hingegen beruht auf den in Originalarbeiten berichteten Daten, von denen einige später auch in den sogenannten „Monsanto Papers“ angeführt wurden.

Wurden in Tierstudien mehrere signifikante Häufungen von Tumoren durch Glyphosat festgestellt?

Die Auswertung von tierexperimentellen Befunden in toxikologischen Studien bedarf besonderer Expertise. Die europäischen Behörden haben die tierexperimentellen Studien an Nagern nicht nur hinsichtlich der statistischen Signifikanz ausgewertet, sondern haben alle verfügbaren Daten in einem „Weight of Evidence“-Ansatz  beurteilt. Dieser „Weight of Evidence“-Ansatz wurde sowohl in den Leitlinien der ECHA als auch seitens des EFSA-Scientific-Committee veröffentlicht (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/j.efsa.2017.4971/epdf). In diesem Ansatz werden die Ergebnisse aller Methoden der Auswertung von Ergebnissen der Tierstudien sowie weitere Erkenntnisse einbezogen und bewertet. Zu den wichtigsten Beweislinien gehören die Hintergrundbelastung, historische Kontrollen, Empfehlungen der OECD zu Limitdosierungen sowie verschiedene statistische Vergleiche mit Bezug zu Dosis-Wirkungsbeziehungen, die Konsistenz und Reproduzierbarkeit von Effekten und die Plausibilität mit einem Wirkmechanismus. Dabei werden auch bestehende Unsicherheiten berücksichtigt. Im Ergebnis kam jede einzelne europäische Bewertungsbehörde zu dem Schluss, dass die Tierstudien weder an Ratten noch an Mäusen Hinweise auf krebserzeugende und erbgutverändernde Wirkungen mit Relevanz für den Menschen ergeben.

Wie sichert das BfR seine Unabhängigkeit bei der wissenschaftlichen Bewertung?

Das BfR arbeitet qualitätsgesichert. Die wissenschaftliche Risikobewertung hinsichtlich der Gesundheit des Menschen ist eine amtliche Aufgabe und wird im BfR ausschließlich von Beamtinnen und Beamten sowie Tarifbeschäftigten, durchgeführt - ohne Hilfe oder Beratung von Außenstehenden, z. B. Vertretern der Wirtschaft, von Verbänden oder Firmen. Diese Bewertungen werden ohne jedwede Beteiligung der BfR-Kommissionen durchgeführt. Das BfR bezieht von privaten Institutionen auch keinerlei finanzielle Zuwendungen und geht mit ihnen keine Kooperationen ein. Aus Gründen der Unabhängigkeit werden keine finanziellen Mittel aus der Industrie eingeworben, das BfR beteiligt sich auch nicht finanziell an solchen Forschungsprojekten.

Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema Glyphosat

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.



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