Fragen und Antworten für Tierärzte zu MRSA

FAQ des BfR, BVL und FLI vom 12. Mai 2009

Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) können bei Menschen und Tieren nachgewiesen werden. Der Nachweis des Erregers bei Tieren, aber auch bei Tierärztinnen und Tierärzten sowie bei Landwirten wirft eine Reihe von Fragen auf.

Im Folgenden werden häufig gestellte Fragen von Tierärzten beim Nachweis von MRSA bei Tieren oder bei Tierärztinnen und Tierärzten erörtert. Die Fragen und Antworten wurden gemeinsam vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie dem Friedrich-Loeffler-Instituts erarbeitet.

Fragen der Übertragung von MRSA von Mensch zu Menschen werden vom Robert Koch-Institut bearbeitet.

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Was bedeutet der Nachweis von MRSA bei mir/meinen Kolleg(inn)en für die Patienten und Tierhalter? Wie hoch ist das Risiko der MRSA-Übertragung von mir auf meine Patienten?

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Personen, die selbst kolonisiert oder infiziert sind, den Erreger auch auf Tiere übertragen und in Bestände eintragen können. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit dieses Eintrags ist, ist nicht bekannt.

Wie bewerte ich den positiven Nachweis in einer betreuten Tierherde bzw. bei einem betreuten Tier?

Bei der Bewertung muss zwischen klinischen Erkrankungen, bei denen eine Behandlung erfolgen soll, und der alleinigen Kolonisierung des Patienten unterschieden werden. Im Falle einer klinischen Erkrankung durch MRSA sollte in jedem Fall eine weitergehende Typisierung des Erregers veranlasst werden, um Hinweise auf die mögliche Herkunft des Erregers zu erhalten.

In allen Fällen sollte der Einsatz von Antibiotika kritisch geprüft werden und die Möglichkeit der Nutzung von Alternativen insbesondere vor dem Hintergrund des Einflusses von Antibiotika auf die vorhandene Flora auch nicht krankmachender Bakterien bedacht werden.

Kleintiere und Pferde, Tierkliniken
Da MRSA bei Pferden und Kleintieren bisher vergleichsweise häufig aus Infektionsprozessen isoliert werden konnte, ist eine weitergehende Charakterisierung von MRSA-Stämmen dieser Tierarten grundsätzlich anzuraten. Von den Ergebnissen dieser Diagnostik hängt auch die klinische Bewertung ab. Wichtig ist, dass im Umgang mit diesen Patienten besondere Sorgfalt aufgewandt wird, um eine Verschleppung zu anderen Tieren oder zum Betreuungspersonal zu vermeiden.

Schweinehaltung
MRSA sind in Schweinebeständen in Deutschland bereits weit verbreitet. In aller Regel ist die Kolonisierung der Schweine nicht mit klinischen Erscheinungen verbunden. Treten klinische Erscheinungen auf, ist beim Nachweis von MRSA zu klären, ob dieser tatsächlich ursächlich mit den Erscheinungen in Beziehung steht. Dies gilt insbesondere, wenn Proben von Haut- und Schleimhautoberflächen (z.B. Nasentupfer, Hautproben bei Dermatitis) genommen werden, da der Erreger auch im Umfeld der Schweine vorkommt (z.B. Stallstaub).

Rinderhaltung
MRSA wurden in der Milchviehhaltung bisher in einzelnen Betrieben im Rahmen der Mastitisdiagnostik nachgewiesen. Hier verhalten sie sich offenbar ähnlich wie andere S. aureus. Hinweise auf stärkere oder schwächere klinische Erscheinungen gibt es nicht. Es sollte frühzeitig ermittelt werden, welche Tiere betroffen sind, um einer Weiterverbreitung in der Herde im Rahmen des Melkprozesses vorbeugen zu können.

Nach bisherigem Kenntnisstand ist zu erwarten, dass MRSA auch in Mastkälberbeständen weit verbreitet sind. Auch hier erfolgt der Nachweis in der Regel ohne klinische Erscheinungen. Die Bewertung sollte daher analog der für das Schwein beschriebenen erfolgen.

Geflügelhaltung
MRSA konnten auch in Geflügelbeständen nachgewiesen werden, allerdings ist die Zahl der Nachweise in Geflügelbeständen bisher deutlich geringer als in Schweinebeständen. Auch beim Geflügel zeigen Tiere mit positivem MRSA-Nachweis in der Regel keine klinischen Symptome.

Welche Maßnahmen sind in der Praxis besonders bedeutsam, um eine Verschleppung von MRSA zu vermeiden?

Grundsätzlich gibt es für den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft Technische Regeln des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe, an denen man sich orientieren sollte.

Kleintier- und Pferdehaltung, Tierkliniken
Zur Vorbeugung einer Verschleppung des Erregers von Tier zu Tier im Rahmen der Behandlung und der Betreuung stationär aufgenommener Patienten sollte den für Kliniken gültigen Maßregeln gefolgt werden.

Schweine- und Geflügelhaltung
Es ist davon auszugehen, dass die Verbreitung der Erreger zwischen Tierbeständen vorwiegend durch Tiere bzw. den Handel mit diesen erfolgt. Es sind jedoch auch andere belebte und unbelebte Vektoren denkbar.

Über die Rolle von Personen (u.a. Tierärztinnen und Tierärzten) bei der Verbreitung ist bisher nichts bekannt. Eine Übertragung durch Personen ist jedoch wie bei anderen Erregern möglich. Es sollten daher die üblichen Regeln der Hygiene beim Wechsel zwischen den Beständen (bestandseigene oder Einmalschutzkleidung, ordnungsgemäßer Gebrauch von Gesichtsmasken etc.) beachtet werden. Da die Erreger auch in der Umwelt der Tiere vorkommen, ist der unmittelbare Kontakt zu den kolonisierten Tieren für eine Verschleppung nicht Voraussetzung. Deshalb sollten auch Gerätschaften und Materialien nicht in mehreren Betrieben ohne Zwischendesinfektion eingesetzt werden.

Rinderhaltung
Bisher wurden nur in wenigen Milchviehherden Träger von MRSA identifiziert. Teilweise war dies der Fall in Betrieben, in denen auch Schweine gehalten wurden. Auch für Milchviehherden gilt, dass ein nicht kontrollierter Tierverkehr (Zukauf, aber auch Ausstellungen und Märkte) als möglicher Weg für die Verbreitung von MRSA anzusehen ist. Innerhalb der Milchviehherde ist davon auszugehen, dass ähnlich wie bei anderen S. aureus dem Melkprozess in der Übertragung von Euter zu Euter und Viertel zu Viertel eine große Bedeutung zukommt. Deshalb sollten die für S. aureus empfohlenen melkhygienischen Maßnahmen auch im Hinblick auf MRSA angewandt werden.

Es ist nicht bekannt, ob MRSA beim Milchrind auch an anderen Lokalisationen des Körpers oder in der Umgebung der Tiere vorkommen, oder ob das Vorkommen auf das Euter beschränkt ist. Aufgrund der Erfahrungen bei Schweinen und Mastkälbern ist aber auch die Nasenschleimhaut als potenzieller Kolonisierungsort anzusehen. Beim Mastkalb wurden MRSA bereits aus Nasentupfern isoliert. Hinsichtlich der Vorsichtsmaßnahmen zur Vorbeugung einer Verschleppung von Bestand zu Bestand gelten dieselben Regeln wie für Schweinebestände.

Die Bedeutung des Personenverkehrs für die Übertragung zwischen Beständen ist für die Milchviehhaltung nicht bekannt. Hinsichtlich der Schutzkleidung sollten deshalb dieselben Regelungen gelten wie für Schweinebestände.

Welche Maßnahmen sind in der Praxis besonders bedeutsam, um eine MRSA-Kolonisation/Infektion (meiner Person) zu vermeiden?

Grundsätzlich gibt es für den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in der Land- und Forstwirtschaft Technische Regeln des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe, an denen man sich orientieren sollte. Diese sind im Internet verfügbar unter: http://www.baua.de/nn_5846/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/TRBA-230__content.html?__nnn=true

Es sind bisher für den Veterinärbereich keine Schutzmaßnahmen bekannt, die 100%ig zuverlässig vor einer Kolonisierung mit MRSA schützen. Im Ergebnis von Befragungen von Tierärzten und Landwirten führte z.B. der Einsatz von Gesichtsmasken in Nutztierbeständen nicht zu einer Verringerung der Kolonisationsrate. In Frage steht hier, ob die Schutzmaßnahmen ordnungsgemäß angewendet wurden. Ordnungsgemäß verwendete Einmalschutzkleidung und Gesichtsmasken können nach ersten Untersuchungen das Risiko einer Kolonisierung senken.

Hygienemaßnahmen können einerseits aus den Erfahrungen der Humanmedizin abgeleitet werden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Kleintier- und Pferdemedizin, bei dem die Behandlung und Betreuung der Einzeltiere im Vordergrund steht und nicht mit einer Vielzahl kolonisierter Tiere und einer damit verbundenen erheblichen Anreicherung der Keime in der Umwelt gerechnet werden muss, von der in Nutztierbeständen (v.a. Schwein und Geflügel) auszugehen ist.

Für den Nutztierbereich andererseits lassen sich Maßnahmen nur aus Schutzmaßnahmen gegen andere Erreger ableiten. Ob und wie weit diese gegen MRSA wirksam sind, ist bisher nicht belegt.

Die Anwendung von Antibiotika kann neben anderen Faktoren (vorhandene Grunderkrankungen, Immunsuppression) das Risiko erhöhen, mit MRSA kolonisiert zu werden. Daher sollten Personen, die mit Antibiotika behandelt werden oder bei denen andere bekannte Risikofaktoren vorliegen, besonders vorsichtig beim Umgang mit Tieren sein, die möglicherweise mit MRSA kolonisiert sind.

Folgende Hygienemaßnahmen, die für die Humanmedizin erprobt sind, können zu einer Verminderung des Risikos beitragen:

Kleintier- und Pferdebereich, Klinikbereich

Schutzkittel und Handschuhe

  • Erforderlich bei möglichem Kontakt mit erregerhaltigem Material, mit kontaminierten Objekten und Oberflächen
  • Schutzkittel nach Möglichkeit als Einmalkittel. Dieser sollte nach jeder sichtbaren Kontamination gewechselt werden.

Mund-Nasenschutz

  • Bei allen invasiven Maßnahmen sollte ein steriler Mund-Nasenschutz angelegt werden.

Händehygiene

  • Nach jedem Kontakt mit kontaminierten Gegenständen und Material
  • Nach dem Ausziehen der Handschuhe bzw. des Schutzkittels
  • Grundsätzlich nach dem Kontakt mit dem Patienten

Nutztierbereich

Schutzkittel und Handschuhe

  • Erforderlich bei möglichem Kontakt mit erregerhaltigem Material, mit kontaminierten Objekten und Oberflächen, d.h. bei jedem Aufenthalt in MRSA-positiven Beständen
  • Schutzkittel nach Möglichkeit als Einmalkittel. Dieser sollte nach jedem Bestandsbesuch gewechselt werden, da eine Weiterverbreitung des Erregers in andere Bestände durch kontaminierte Schutzkleidung denkbar ist

Mund-Nasenschutz

  • Vor dem Betreten der Stallungen sollte ein steriler Mund-Nasenschutz angelegt werden und im Stall so gehandhabt werden, dass eine Kontamination der Innenseite mit Mikroorganismen oder Staub (z.B. aus den Haaren) vermieden wird

Händehygiene

  • Nach jedem Kontakt mit kontaminierten Gegenständen und Material
  • Nach dem Ausziehen der Handschuhe bzw. des Schutzkittels
  • Grundsätzlich nach dem Kontakt mit dem Patienten

Welche meiner Patienten sollte ich auf MRSA-Infektion/Kolonisation testen?

Es gibt unterschiedliche Gründe, Patienten auf das Vorliegen einer MRSA-Kolonisierung zu testen. Zum einen sind klinische Verdachtsfälle bei einzelnen Tieren zu untersuchen (postoperative Wundinfektionen oder andere schlecht heilende Wunden), zum anderen kann es aber auch erforderlich sein, im Nutztierbereich auf Bestandsebene zu untersuchen. Folgende Gründe kommen in Frage:

Um den Patienten zu therapieren
Dieser Grund spielt vorwiegend im Bereich der Kleintiere und Pferde sowie in Tierkliniken eine Rolle. Besteht hier der Verdacht auf eine MRSA-Infektion bei einem Tier, sollte dieser Verdacht diagnostisch abgeklärt werden, um eine angemessene Therapie durchführen zu können. Im Falle des Nachweises von MRSA sollte eine antibakterielle Therapie nur nach den Ergebnissen der Resistenzuntersuchung und entsprechend den Antibiotikaleitlinien der Bundestierärztekammer durchgeführt werden. Kontakttiere und -personen sollten im Falle des Nachweises Beachtung finden.

Um das Betreuungspersonal zu schützen
Dieser Grund spielt auch vorwiegend im Bereich der Kleintiere, Pferde und Tierkliniken eine Rolle. Im Bereich der Schweinehaltung ist ein solcher Schutz nach derzeitigem Kenntnisstand nicht wirkungsvoll möglich, da aufgrund der großen Tierzahlen ein erheblicher Kolonisierungsdruck besteht.

Im Bereich der Schweine- und Geflügelhaltung kann die Diagnostik auf Bestandsebene sinnvoll sein, wenn beim Betreuungspersonal MRSA nachgewiesen wurde und sich die Frage der Dekolonisierung der Personen stellt. Betreuen die Personen positive Bestände, hat eine Dekolonisierung im Vorfeld eines geplanten Krankenhausaufenthalts ohne konsequente Fernhaltung vom Tierbestand wenig Aussicht auf nachhaltigen Erfolg.

Um eine Verschleppung zu vermeiden
Dieser Grund trifft auf jegliche Tierhaltung zu, wobei der Schwerpunkt im Bereich der Kleintier- und Pferdemedizin sowie der Tierkliniken auf der Verhinderung der Verschleppung von Tier zu Tier liegt. Ähnliches gilt mit Einschränkungen nach derzeitigem Kenntnisstand für die Milchviehhaltung im Hinblick auf die Kolonisierung/Infektion der Milchdrüse.

Im Bereich der Schweine- und Geflügelhaltung sowie der Rindermast liegt der Schwerpunkt auf der Vermeidung der Verschleppung von Bestand zu Bestand, so dass hier nicht die Diagnostik des Einzeltiers im Vordergrund steht, sondern die Diagnostik der Herde.

Welche Konsequenzen hat der Nachweis von MRSA für meine Person, wenn ich im Bereich der Schlachttier- und Fleischuntersuchung tätig bin?

Auch für diesen Bereich gibt es bisher keine spezifischen rechtlichen Regelungen hinsichtlich MRSA. Personen, die im Bereich der Schlachttier- und Fleischuntersuchung tätig sind, sind verpflichtet die auch im Hinblick auf andere Erreger erforderlichen Hygienemaßnahmen einzuhalten, um eine Kontamination des Lebensmittels zu vermeiden.

Welche Empfehlung gebe ich Tierhaltern von MRSA positiven Tieren bzw. Tierbeständen?

Insbesondere wenn ein Krankenhausaufenthalt des Tierhalters ansteht, der Tierhalter selbst bzw. ein Mitglied seiner Familie an schlecht heilenden Wunden und/oder anderen chronischen Krankheiten leidet oder weitere bekannte Risikofaktoren für eine MRSA-Infektion bestehen, sollte der behandelnde Arzt auf die Tierhaltung und den MRSA-Befund hingewiesen werden.

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