Alternativen zum Nachweis von Algengiften in Muscheln


09/2005, 08.04.2005


BfR empfiehlt moderne Nachweismethoden zur Reduzierung der Zahl von Tierversuchen


Lebende Muscheln werden bei der Erzeugung und Vermarktung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung auf Algengifte, so genannte marine Biotoxine, untersucht. Die Anwendung eines Tests an Mäusen als routinemäßig einzusetzende Referenzmethode zum Nachweis dieser Algengifte wird vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kritisiert. Um die Gifte sicher nachzuweisen, hält das Institut chemisch-physikalische Messverfahren für die geeigneteren Methoden. Hierbei handelt es sich um wissenschaftliche und nach internationalen Kriterien geprüfte Verfahren, durch deren Anwendung auf die Tierversuche mit Mäusen weitestgehend verzichtet werden kann. „Die Methoden werden in Deutschland bereits seit Ende der 80er Jahre routinemäßig eingesetzt, ohne dass dadurch der Verbraucherschutz gefährdet wurde“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. Jetzt sei es wichtig, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die Methoden auch behördlich auf europäischer Ebene anzuerkennen, damit der Test an Mäusen zumindest als Routinemethode zukünftig ersetzt werden könne. Weiterhin sollten auf europäischer Ebene alle Anstrengungen unternommen werden, damit möglichst schnell auf Tierversuche beim Nachweis von Algentoxinen in Muscheln grundsätzlich verzichtet werden kann.

Marine Biotoxine sind von Algen erzeugte Giftstoffe, die von Muscheln aufgenommen werden können und sich dann in deren Gewebe ablagern. Nimmt der Mensch diese Giftstoffe beim Verzehr von Muscheln zu sich, so kann dies zu Erkrankungen wie Durchfall oder Lähmungen, in schwerwiegenden Fällen sogar zum Tod führen. Um den Verbraucher vor diesen Giften zu schützen, werden lebende Muscheln im Rahmen der Lebensmittelüberwachung auf marine Biotoxine untersucht. Für diese Untersuchungen gelten in der Europäischen Union spezielle Vorschriften, die einen Test an Mäusen routinemäßig vorschreiben. Dazu wird Mäusen ein aufbereiteter Extrakt aus dem zu untersuchenden Muschelgewebe in die Bauchhöhle injiziert. Der Tod der Mäuse gilt als positiver Nachweis von marinen Biotoxinen.

In Deutschland werden chemisch-physikalische Verfahren eingesetzt, nur in Zweifelsfällen wird der Tierversuch verwendet. Begründet ist dieses Vorgehen mit dem Anspruch, sowohl wissenschaftlich überprüfbare Methoden als auch das deutsche Tierschutzrecht anzuwenden, wonach Tierversuche nicht durchgeführt werden dürfen, wenn wissenschaftlich zufriedenstellende, vertretbare und praktikable Alternativen zur Verfügung stehen. Dies entspricht den Regelungen der europäischen Richtlinie zum Schutz von Versuchstieren. Am weitesten vorangeschritten ist die Entwicklung chemisch-physikalischer Methoden auf Basis der Hochdruckflüssigkeits-Chromatographie (HPLC), bei der hochempfindliche Messinstrumente das Vorhandensein von Toxinen anzeigen.

Die Anwendung der chemisch-physikalischen Messverfahren ist nach Ansicht des BfR dem Test an Mäusen überlegen und besser geeignet, einen sicheren Verbraucherschutz zu gewährleisten. Im Gegensatz zu diesen alternativen Methoden ist der Maus-Test eine nicht nach wissenschaftlichen Kriterien überprüfte und genormte Methode.

Das BfR schlägt vor, Muschel-Proben zunächst mit den vorhandenen chemisch-physikalischen Methoden auf das Vorkommen mariner Biotoxine zu untersuchen. Erst wenn bei einem unklaren Ergebnis eine weitere Absicherung im Interesse des Verbraucherschutzes notwendig erscheint, sollte der Test an Mäusen als Referenzmethode angewendet werden.



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