Nationales Referenzlabor für die Überwachung von marinen Biotoxinen

In den Weltmeeren existieren ca. 5000 Algenarten. Davon können ungefähr 300 Spezies in so hohen Konzentrationen auftreten, dass sie das Wasser verfärben (Red Tide). Ein geringer Prozentsatz dieser Algenarten ist in der Lage, marine Biotoxine zu produzieren. Werden solche Algen von Muscheln oder Fischen als Nahrungsquelle genutzt, können sich die Toxine in deren Gewebe anreichern.

Marine Biotoxine in Muscheln

Beim Menschen können durch den Verzehr von kontaminierten Muscheln in Abhängigkeit von der Art des Toxins verschiedene Erkrankungen hervorgerufen werden. Die Symptome variieren von Durchfällen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen über Amnesie und neurologische Störungen wie leichten Taubheitsgefühlen bis hin zu Lähmungen, die in sehr seltenen Einzelfällen tödlich verlaufen können.

Zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern fordert die Gesetzgebung in der EU die Sicherstellung, dass Muscheln zum menschlichen Verzehr nur dann in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die für die verschiedenen Toxine festgelegten Grenzwerte nicht überschritten werden. Das EU-weite Netzwerk der Referenzlaboratorien gewährleistet, durch Unterstützung der nationalen Überwachungsbehörden, die Kontrolle der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben.

Das Nationale Referenzlabor (NRL) für die Überwachung mariner Biotoxine ist in der Fachgruppe „Kontaminanten“ der Abteilung „Sicherheit in der Nahrungskette“ des BfR angesiedelt.

Arbeitsschwerpunkte des NRL für die Überwachung von marinen Biotoxinen

Gemäß der Verordnung (EU) 2017/625 erfüllt das NRL u.a. folgende Aufgaben.

  • Zusammenarbeit mit den Referenzlaboratorien der Europäischen Union sowie Teilnahme an Schulungen und Laborvergleichstests
  • Koordination der Tätigkeiten der zuständigen amtlichen Laboratorien und Behörden mit dem Ziel der Methodenharmonisierung und -verbesserung; in Deutschland sind dies die Überwachungslaboratorien der Bundesländer, die mit der Kontrolle der marinen Biotoxine beauftragt sind (vornehmlich im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung)
  • Weitergabe von Informationen des Europäischen Referenzlaboratoriums (EURL) an die zuständigen deutschen Behörden und an die mit den entsprechenden Analysen beauftragten nationalen Laboratorien; das EURL für marine Biotoxine hat seinen Sitz in Vigo (Spanien)
  • die Unterstützung der für die Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden bei der Umsetzung der in der Verordnung genannten Kontrollprogramme
  • Durchführung von Schulungen für das Personal der amtlichen Laboratorien
  • Entwicklung und Validierung von Analysenverfahren

Gesetzliche Regelungen zu marinen Biotoxinen in Muscheln

Marine Biotoxine können sich im Muschelgewebe anreichern und nach dem Verzehr beim Menschen verschiedene Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Aus diesem Grund werden Muschelfanggewässer sowie Muscheln, bevor sie zum Vertrieb und Verzehr freigegeben werden, auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit untersucht. In Deutschland nehmen die amtlichen Laboratorien diese Aufgabe wahr. Zum Schutz des Verbrauchers hat die Europäische Kommission in der Verordnung EG Nr. 853/2004 Grenzwerte für die folgenden Gruppen mariner Biotoxine festgelegt. Muscheln dürfen demnach „im ganzen Tierkörper oder in allen essbaren Teilen gesondert gemessen“ keine Gesamtmengen enthalten von mehr als

  1. 800 Mikrogramm je Kilogramm der Lähmungen hervorrufenden Algentoxine (Paralytic Shellfish Poisoning - PSP)
  2. 20 Milligramm je Kilogramm der Amnesie hervorrufenden Domoinsäuren (Amnesic Shellfish Poisoning - ASP)
  3. 160 Mikrogramm Okadasäure-Äquivalent je Kilogramm, bestimmt als Summe von Okadasäure, Dinophysistoxinen sowie deren Estern und Pectenotoxinen
  4. 3,75 Milligramm Yessotoxin-Äquivalent je Kilogramm und
  5. 160 Mikrogramm Azaspirosäuren-Äquivalent je Kilogramm, bestimmt als Summe von Azaspiracid-1, 2 und 3.

Wie werden marine Biotoxine in Muscheln nachgewiesen?

Die Durchführungsverordnung (EU) 2019/627 und die Verordnung (EG) Nr. 853/2004 legen die Gruppen mariner Biotoxine fest, welche zur Kontrolle der geltenden Höchstmengen analytisch zu bestimmen und welche Analysenverfahren zu deren Quantifizierung anzuwenden sind.

Das Referenzverfahren für die Bestimmung der PSP-Toxine ist gegenwärtig die sogenannte Lawrence-Methode, eine chemisch-analytische Methode unter Anwendung der Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC). Daneben kann die Bestimmung mittels anderer international anerkannter und validierter Analyseverfahren erfolgen. Bei einer Anfechtung von Ergebnissen muss das Referenzverfahren eingesetzt werden.

ASP-Toxine werden mittels HPLC mit UV-Detektion untersucht. Als Schnelltest kann auch ein antikörperbasiertes Verfahren eingesetzt werden (ELISA – enzyme-linked immunosorbent assay). Für lipophile marine Biotoxine wie Okadasäure, Yessotoxine oder Azaspirosäuren ist eine chemisch-analytische Methode, HPLC gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie (LC-MS/MS), das Referenzverfahren.



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