Konsiliarlabor für Vibrionen
Vibrionen sind salztolerante Bakterien, die in Meeresgewässern und Flussmündungen weltweit verbreitet sind. In vielen Ländern sind Vibrionen die Hauptursache für bakterielle Durchfallerkrankungen, die durch den Verzehr von Meeresfrüchten und Fischereiprodukten („Seafood“) oder durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser verursacht werden. Durch die globale Erwärmung und die damit verbundenen erhöhten Temperaturen des Meerwassers und durch den steigenden Welthandel mit Fischereiprodukten und Meeresfrüchten wird erwartet, dass es weltweit zu einer Zunahme von Vibrio-Infektionen kommen könnte.
Aufgaben des Konsiliarlabors
Die Aufgabe des Konsiliarlabors für Vibrionen im BfR ist es, Methoden zum Nachweis von Vibrionen in Meeresfrüchten und Fischereiprodukten für die amtliche Überwachung zu entwickeln und die Untersuchungslabore beim Nachweis dieser Bakterien zu beraten und zu unterstützen. Weiterhin führt das Konsiliarlabor Forschungsprojekte zum Vorkommen von Vibrionen in der Umwelt und in Lebensmitteln durch.
Die meisten lebensmittelbedingten Vibrio-Infektionen werden durch die drei Spezies Vibrio parahaemolyticus, Vibrio cholerae und Vibrio vulnificus verursacht. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich durch den Verzehr kontaminierter Meeresfruchte - v. a. bei Rohverzehr von Austern bzw. dem Verzehr nicht ausreichend erhitzter Meeresfrüchte und Fischprodukte - oder durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser infizieren. In Deutschland durchgeführte Studien an Meeresfrüchten und Fischereiprodukten aus dem Einzelhandel belegen, dass die o.g. drei enteropathogenen Vibrio-Spezies in diesen Lebensmitteln vorkommen können.
Neben den Erkrankungen durch Lebensmittel können viele Vibrionen auch Wund- und Ohrinfektionen hervorrufen, die durch Kontakt mit Vibrionen-haltigem Wasser ausgelöst werden. Ein solcher Keim ist V. vulnificus, der lebensgefährliche Blutvergiftungen (Sepsis) bei abwehrgeschwächten, meist älteren Personen hervorrufen kann. Solche Infektionen können bei sehr langen Hitzeperioden beim Baden im Meer oder Wandern im Seewasser (Spülsaum) auftreten. Bislang ist die Zahl der Infektionen allerdings gering.
Arbeitsschwerpunkte des Konsiliarlabors
- Methodenetablierung, -evaluierung und -validierung zum Nachweis von Vibrionen in Meeresfrüchten und Fischereiprodukten
- Mikrobiologische Diagnostik von Vibrio spp. durch phänotypische Charakterisierung, durch PCR-Verfahren und MALDI-TOF Massenspektrometrie
- Untersuchung auf Toxingene durch PCR und DNA-Sequenzierung
- Beratung zu Fragen der mikrobiologischen Diagnostik (Erregernachweis und Toxin-Nachweis) und Erregertypisierung
- Durchführung regelmäßiger Laborvergleichsuntersuchungen für amtliche Untersuchungslabore zur Qualitätssicherung
- Forschung zum Vorkommen und zur Bedeutung von virulenzassoziierten Eigenschaften von enteropathogenen Vibrionen unter Einsatz von Ganz-Genom-Sequenzierungen, insbesondere in Kooperation mit Laboren aus dem VibrioNet-Verbund http://www.vibrionet.de/
Grundlage für mikrobiologische Verfahren zum Nachweis von Vibrionen in Lebensmitteln ist die ISO Norm 28172:
Mikrobiologie der Lebensmittelkette - Horizontales Verfahren zur Bestimmung von Vibrio spp. - Teil 1: Nachweis von potentiell enteropathenogenen Vibrio parahaemolyticus, Vibrio cholerae und Vibrio vulnificus (ISO 21872-1:2017); Deutsche Fassung EN ISO 21872-1:2017