Bewertung des Risikos für Anwender, Arbeiter, Nebenstehende und Anwohner durch Pflanzenschutzmittel
Das BfR bewertet, ob Pflanzenschutzmittel bei sachgerechter Anwendung ein gesundheitliches Risiko für Anwender, Arbeiter, Nebenstehende oder Anwohner darstellen. Nur wenn ein entsprechendes Risiko - ggf. unter Erteilung von Auflagen - ausgeschlossen werden kann, stimmt das BfR einer Zulassung des Pflanzenschutzmittels zu.
Expositionsabschätzung
Das BfR führt die Expositionsabschätzung anhand von Modellen mit zunächst sehr konservativen Annahmen durch.
Dabei wird die Exposition für Anwender von Pflanzenschutzmitteln (i. d. R. Landwirte, aber auch Mitarbeiter im Gartenbau oder nicht-berufliche Anwender im Haus- und Kleingartenbereich) basierend auf dem sogenannten „Deutschen Modell“ ermittelt (Lundehn et al., 1992). Das für die Ermittlung der Exposition von Arbeitern bei Nachfolgearbeiten verwendete Modell wurde von Krebs et al. (2000) publiziert. Bei der Expositionsabschätzung für berufliche Anwender kann ggf. berücksichtigt werden, dass der Kontakt mit den Pflanzenschutzmitteln, z. B. durch spezielle Arbeitsschutzkleidung, reduziert wird. Weitere Maßnahmen, wie etwa die Verwendung von anwendungsfertigen Pflanzenschutzmitteln, Köderboxen, kindersicheren Verschlüssen oder wasserlöslichen Beuteln, sind auch zum Schutz von nicht-beruflichen Anwendern bzw. der Allgemeinheit geeignet.
Die Leitlinien zur Berechnung der Exposition für Nebenstehende und Anwohner wurden von Martin et al. (2008) veröffentlicht. Dabei werden insbesondere Kinder berücksichtigt, da sie sich speziell in den ersten Lebensjahren in ihrem Verhalten deutlich von Erwachsenen unterscheiden. Kleinkinder stecken oft die Finger in den Mund oder verschlucken möglicherweise Gegenstände (z. B. Sand, Pflanzenteile). Ist eine mögliche Gefährdung unbeteiligter Personen beim Ausbringen der Präparate aufgrund dieser Abschätzungen nicht auszuschließen, sind entsprechende Maßnahmen, wie beispielsweise der Einsatz spezieller, abdriftmindernder Geräte, erforderlich.
Falls die ermittelte Exposition die entsprechenden Grenzwerte nicht überschreitet, sind weitere Betrachtungen nicht erforderlich. Andernfalls wird die Exposition unter Verwendung spezifischer Parameter realistischer und genauer abgeschätzt. Bei Bedarf kann die Expositionsabschätzung unter Verwendung gemessener Daten, die unter den konkreten Anwendungsbedingungen erhoben wurden, präzisiert werden.
Risikobewertung
Die Beurteilung des gesundheitlichen Risikos basiert auf der toxikologischen Bewertung des Pflanzenschutzmittels und den oben beschriebenen Expositionsabschätzungen. Das Risiko, auch von wiederholten Belastungen, ist dann vertretbar, wenn die maximal zu erwartende Exposition unter dem entsprechenden toxikologischen Grenzwert (AOEL) liegt.
Im Ergebnis der Risikobewertung empfiehlt das BfR falls erforderlich:
- die Vergabe von standardisierten Gefahrensymbolen, Gefahrenhinweisen und Sicherheitsratschlägen (d. h. die Einstufung und Kennzeichnung des Pflanzenschutzmittels),
- die Erteilung von Anwendungsbeschränkungen, persönliche Schutzmaßnahmen oder weitere Auflagen für den sicheren Umgang mit dem Pflanzenschutzmittel.
Referenzen
Die oben zitierte Literatur finden Sie in:
- Lundehn et al., Uniform Principles for Safeguarding the Health of Applicators of Plant Protection Products (Uniform Principles for Operator Protection); Mitteilungen aus der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Berlin-Dahlem, no. 277, 1992
- Krebs. B.; Maasfeld, W.; Schrader, J.; Wolf, R.; Hoernicke, E.; Nolting, H. G.; Backhaus, G. F.; Westphal, D. (2000); Uniform Principles for safeguarding the health of workers re-entering crop-growing areas after application of plant protection products, Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd., 52, S. 5 – 9, ISSN 0027-7479, Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart
- Martin, S.; Westphal, D.; Erdtmann-Vourliotis, M.; Dechet, F.; Schulze-Rosario, C.; Stauber, F.; Wicke, H. and Chester, G. (2008); Guidance for Exposure and Risk Evaluation for Bystanders and Residents exposed to Plant Protection Products during and after Application, Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, 2008, Volume 3, Number 3, Pages 272-281