Mitteilung von Vergiftungen nach Chemikaliengesetz und Giftinformationsverordnung

  1. BfR-Falldatenbank
  2. Welche Vergiftungen müssen mitgeteilt werden?
  3. Wer ist mitteilungspflichtig?
  4. Wie erfolgt die Mitteilung?
  5. Welche Daten müssen in einer Vergiftungsmitteilung nach ChemG enthalten sein?
  6. Wann erfolgt die Mitteilung?
  7. Wo finden sich die gesetzlichen Grundlagen zur Mitteilungspflicht?
  8. Verarbeitung von Falldaten
  9. Wie werden die Falldaten genutzt?

Für behandelnde Ärztinnen und Ärzte besteht eine Pflicht zur Mitteilung von Vergiftungen. Dies ist im § 16e Abs. 2 des Chemikaliengesetzes festgelegt. Vergiftungen und Erkrankungen mit begründetem Vergiftungsverdacht werden in anonymisierter Form dem BfR mitgeteilt.

BfR-Falldatenbank

Das BfR bewertet die eingehenden Fallberichte und speichert diese strukturiert in einer Datenbank. Diese BfR-Falldatenbank umfasst aktuell etwa 120.000 Vergiftungsfälle (Stand März 2021). Die Daten werden unter anderem von Behörden für die Risikobewertung genutzt.

Eine ärztliche Mitteilungspflicht für Vergiftungen an das BfR bzw. seine Vorgängerinstitutionen besteht seit dem Jahr 1990. Die Auswertung dieser Fallberichte ermöglicht u.a. einen detaillierten Überblick über Häufigkeiten und Trendentwicklungen bei Unfällen mit chemischen Stoffen und Produkten. Hieraus lassen sich wichtige Hinweise für Präventionsmaßnahmen ableiten und nach Einführung dieser Maßnahmen in ihrer Wirkung überprüfen (Toxikovigilanz).

Vergiftungen mit Produkten, die nicht dem Chemikaliengesetz unterliegen (z.B. Arzneimittel, Medizinprodukte, Tabakwaren, Kosmetika) werden ebenfalls in der BfR-Falldatenbank registriert.

Welche Vergiftungen müssen mitgeteilt werden?

Vergiftungen, die dem BfR mitgeteilt werden müssen, sind beispielsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen durch

  • chemische Stoffe und Produkte
  • Gase, beispielsweise bei Bränden
  • Baustoffe
  • Biozide
  • Pflanzenschutzmittel
  • gesundheitsschädigende chemische Stoffe aus der Umwelt und bei technischen Störfällen
  • giftige Pflanzen, Pilze und Tiere

Folgende Vergiftungsfälle werden unterschieden:

  • inhalative Vergiftungen (z.B. Brandgasvergiftungen)
  • orale Vergiftungen (z.B. durch irrtümliches Verschlucken, auch von Gegenständen)
  • Augenreizungen und -verätzungen
  • Hautreizungen und -verätzungen

Wer ist mitteilungspflichtig?

Jeder als Ärztin/Arzt, die/der zur Behandlung oder zur Beurteilung der Folgen einer Erkrankung hinzugezogen wird, bei der zumindest der Verdacht besteht, dass diese auf die Einwirkung von

  • gefährlichen Stoffen
  • gefährlichen Gemischen
  • Erzeugnissen, die gefährliche Stoffe oder Gemische freisetzen oder enthalten
  • Biozid-Produkten

zurückgeht, teilt dem BfR wesentliche Informationen zu dieser Vergiftung mit.

Erfolgte der Kontakt (die Exposition) im Zuständigkeitsbereich einer gewerblichen Berufsgenossenschaft oder eines Unfallversicherungsträgers der öffentlichen Hand (z.B. am Arbeitsplatz oder in der Schule), so übernimmt die Berufsgenossenschaft bzw. die Unfallkasse die Mitteilung.

Neben den gesetzlichen Mitteilungen nimmt das BfR auch freiwillige Meldungen (z.B. von Betroffenen) in die Datenbank auf.

Wie erfolgt die Mitteilung?

Vergiftungen werden durch Übersendung des Mitteilungsformulars bei Vergiftungen gemäß Giftinformationsverordnung oder eines anonymisierten ärztlichen Berichtes (z.B. Durchgangsarztbericht bei Einwirkung am Arbeitsplatz) mitgeteilt.

Die Daten können per Post, Fax oder per E-Mail übermittelt werden:

Bundesinstitut für Risikobewertung
Abteilung Exposition
Fachgruppe „Expositionsbewertung von gefährlichen Produkten“
Max-Dohrn-Straße 8-10
10589 Berlin

Telefon: 030 18412-23201
Fax: 030 18412-23299

E-Mail: giftdok@bfr.bund.de

Welche Daten müssen in einer Vergiftungsmitteilung nach ChemG enthalten sein?

Mitteilungen über Vergiftungen nach Chemikaliengesetz enthalten folgende Angaben:

  • involvierte Produkte und Stoffe
    • Namen
    • wenn möglich Produktidentifikatoren (wie UFI bzw. CAS- oder EG-Nummer)
  • Aufnahmemenge
  • Expositionsweg
  • Alter und Geschlecht des Patienten
  • Symptome und Untersuchungsbefunde

Wann erfolgt die Mitteilung?

  • bei akuten Erkrankungen nach Abschluss der Behandlung
  • bei chronischen Erkrankungen nach Stellung der Diagnose
  • bei einer Beratung im Zusammenhang mit einer Erkrankung nach Abschluss der Beratung
  • bei Erkrankung mit Todesfolge nach Abschluss der Obduktion

Unfallversicherungsträger können die Fallberichte ggf. monatlich oder quartalsweise gebündelt übermitteln.

Wo finden sich die gesetzlichen Grundlagen zur Mitteilungspflicht?

Verarbeitung von Falldaten

Jeder Fall wird nach toxikologischen Kriterien bewertet und in standardisiertem Format in die BfR-Falldatenbank eingegeben. Zu den strukturiert erfassten und damit später recherchierbaren Parametern zählen u.a. der Produktname (Noxenname) und der toxikologisch wichtigste Inhaltsstoff, die Eintrittspforte, die Expositionsumstände (beruflich/privat, akzidentell/suizidal/...), sowie Altersgruppe und Geschlecht der Patientinnen und Patienten.

Der Schweregrad eines Falles wird abhängig von den Symptomen und Untersuchungsbefunden anhand des international verwendeten Poisoning Severity Score (http://www.who.int/ipcs/poisons/pss.pdf) eingestuft. Die vergiftungsauslösenden stofflichen Noxen (bspw. chemische Produkte) werden mittels verschiedener Kategoriesysteme, z.B. des TDI-Noxenkategoriesystems (TKS, https://www.klinitox.de/142.0.html) nach ihrem Anwendungszweck aufgegliedert.

Wie werden die Falldaten genutzt?

Die in der Falldatenbank registrierten Fälle werden im Rahmen der Risikobewertungen des BfR und anderer Behörden intensiv genutzt. Darüber hinaus werden Berichtsanfragen an das BfR seitens der Wissenschaft, von Versicherungen, Industrieverbänden und Medien beantwortet. Dabei werden grundsätzlich keine Informationen weitergegeben, die Rückschlüsse auf Einzelfälle ermöglichen.

Den gesetzlichen Unfallversicherungsträgern wird jährlich eine Übersicht der im Vorjahr durch alle Unfallversicherungen übermittelten Vergiftungsfälle zugesandt. Alle Unfallversicherungen, die im betreffenden Jahr Fälle übermittelt haben, erhalten zusätzlich eine Auswertung der von ihnen mitgeteilten Fälle.




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