Leitlinien für die Moderation von öffentlichen Diskursen
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Bei der Eröffnung von öffentlichen Diskursen ist es die Aufgabe
der Moderation, die Zielsetzung der öffentlichen Veranstaltung, die Gesprächsregeln
und die geplante Vorgehensweise den Zuhörenden zu vermitteln. Dabei sollte
er an die Fairness der Teilnehmenden appellieren und auf die zeitlichen Beschränkungen
(etwa Redezeiten) ausdrücklich hinweisen.
Nach der Festlegung der Ziele und des Zeitplanes bittet er alle Teilnehmenden
des Podiums oder mögliche Referenten, sich kurz vorzustellen und die persönliche
bzw. institutionelle Verbindung zu dem Thema des öffentlichen Diskurses
zu erläutern.
In der Regel sollten die eingeladenen Vortragenden nicht länger als
15-20 Minuten reden. Sind mehr als sechs Redner vorgesehen, sollte jedes Statement
max. 10 Minuten umfassen.
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Konsens und Dissenspunkte
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Nach der Präsentation der Statements ist es Aufgabe der Moderation,
zunächst die zu Tage getretenen Konsenspunkte vor dem Publikum darzulegen
und dann die Dissenspunkte noch einmal zu verdeutlichen. Dabei kann er sich
Präsentationstechniken wie etwa der MetaPlan Methode bedienen.
Während der Diskussion am Podium bemüht sich die Moderation aktiv
um die Offenlegung der Interessen und Absichten aller Beteiligten. Dadurch
können Scheinkonflikte vermieden und die Diskussion auf die wirklich zentralen
Differenzen gelenkt werden.
Die Moderation lässt allen Teilnehmenden des Podiums den gleichen Respekt
zu Teil werden und schafft für alle eine Plattform, um Behauptungen aufzustellen.
Dies ist verbunden mit der Verpflichtung, diese auch im Rahmen der Zeitbegrenzung
zu begründen.
Die Moderation achtet darauf, dass sich jeder Redner des Podiums genau an
seine Zeit hält. Dies sollte vorab den Rednern auch schon mitgeteilt werden.
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Tipps für Behördenvertretende
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Ist die kommunizierende Behörde auf dem Podium vertreten, dann sollte
der jeweilige Sprecher bzw. die Sprecherin sich an folgende Grundsätze
halten:
- Die Ansprache sollte im Ton verbindlich und fürsorglich aber in
der Sache deutlich und entschieden sein.
- Die Gründe, die zu einer bestimmten Bewertung geführt haben,
sollen verdeutlich werden. Die Legitimität, auf der Basis dieser Argumente
auch zu anderen Schlussfolgerungen zu kommen, sollte durchaus anerkannt werden.
- Die Beziehung der Bewertung zu den gesetzlichen Vorgaben (Schutzziel)
sollte deutlich herausgearbeitet werden.
- Die Sprecher einer Behörde sollten sich zwar als individuelle Personen
einbringen, aber gleichzeitig ihre Funktion als Vertretende einer bestimmten
Institution herausstellen. Auf keinen Fall sollte man eine Kluft zwischen den
eigenen persönlichen und den institutionellen Bewertungen kommunizieren
(selbst wenn man sich innerhalb der Institution mit der eigenen Meinung nicht
hat durchsetzen können).
- Die Sprecher der Behörde können gängigen Rollenerwartungen
dadurch entgehen, dass sie ihre persönliche Vorgehensweise darlegen und
die Kommunikation dem persönlichen Erfahrungsrahmen der Zuhörerschaft
anpassen.
- In öffentlichen Diskussionen sind die meisten Zuhörenden nicht
nur an der Höhe des Risikos interessiert, sondern auch an Maßnahmen,
diese Risiken zu begrenzen oder zu reduzieren. Man sollte daher mindestens
ein Drittel der Redezeit für die Erörterung möglicher Schutzmaßnahmen
reservieren.
- Werden die Sprecher der Behörde persönlich angegriffen und
interveniert die Moderation nicht, dann sollte ruhig die persönliche Betroffenheit
und die damit verbundene Kränkung zum Thema gemacht werden (etwa: Glauben
sie wirklich, ich hätte ein Interesse daran, ihren Kindern gesundheitlich
zu schädigen? Für wen halten sie mich?). Auf keinen Fall sollte man
aber den Angreifer mit den gleichen Waffen schlagen wollen.
- In der Diskussion sollte man sich auf die eigene Kompetenz und Intuition
verlassen. Rhetorische Fähigkeiten werden in ihrer Wirkung oft überschätzt.
Nachdenklichkeit, Persönlichkeit, Besonnenheit, Engagement für das
jeweilige Schutzziel, persönliche Betroffenheit – all dies sind
Elemente einer Redeführung, die bei den Zuhörenden gut ankommen.
Vor allem sollten die Sprecher nicht „Theater“ spielen. Die meisten
Menschen haben ein gutes Gespür für Authentizität.
Die Moderation sollte nach den Statements der Podiumsteilnehmenden stringent
die Tagungsordnungspunkte abarbeiten, dabei aber flexibel auf das Publikum reagieren.
Werden die Zuhörenden unruhig, sollte man vorab schon Fragen aus dem Publikum
zulassen, diese aber zeitlich begrenzen, um die Tagesordnung einhalten zu können.
Die Moderation sollte nach Beendigung eines jeden Diskussionspunktes die
Konsens- und Dissenspunkte noch einmal kurz zusammenfassen. Dabei kann er auf
technische Hilfsmittel zurückgreifen.
Ist es vorgesehen, dass die Teilnehmenden aus dem Publikum Fragen und Kommentare
abgeben (was immer empfehlenswert ist), sollte vorab eine Redezeitbegrenzung
vereinbar werden. Ansonsten ist die Gefahr von Ko-Referaten sehr groß.
Bei einer großen Anzahl von Zuhörenden ist es anzuraten, den Teilnehmenden
vorab Redekarten auszuteilen, die sie mit ihrem Namen versehen können
(Eine Variante dazu ist die zusätzliche Auflistung der Frage(n) auf jede
Karte; dann kann man die Fragen in der Pause nach inhaltlichen Gesichtspunkten
ordnen). Während der Diskussion werden dann nach dem Zufallsprinzip diese
Karten gezogen und die Personen gebeten, ihre Frage oder ihr Statement vorzutragen.
Auf diese Weise kommen nicht nur die „Vielsprechenden und Funktionäre“
zu Wort.
Die Moderation sollte darauf achten, dass bei Fragen und Kommentare die angesprochenen
Expertinnen und Experten oder Podiumsteilnehmenden nur kurz und bündig
antworten. Die Frustration bei den Zuhörenden ist groß, wenn sie
aus Zeitgründen nicht ihre Fragen und Kommentare anbringen können.
In der Regel sollten Fragen gesammelt werden (etwa 35 pro Runde), um möglichst
viel Redezeit für das Publikum einzuplanen.
Am Ende des öffentlichen Diskurses gibt die Moderation noch einmal eine
Zusammenfassung der erreichten Ergebnisse, falls es diese gab. Er dankt sowohl
den Teilnehmenden des Podiums wie dem Publikum.
Die Moderation benennt am Ende der Sitzung Kontaktstellen und Adressen für
weiterführende Informationen. Sie erläutert, wie die Ergebnisse des
Gespräches behördenintern weiter verarbeitet werden und zeigt auf,
in welcher Weise die Zuhörenden oder bestimmte gesellschaftliche Gruppen
gegebenenfalls in die weitere Aufarbeitung der Ergebnisse einbezogen werden
können.
Nach Abschluss des Bewertungsgespräches ist eine Presseerklärung
sinnvoll, sofern das Thema öffentliche Aufmerksamkeit besitzt. Der Text
der Erklärung sollte vorab mit den Teilnehmenden des Podiums abgestimmt
werden.
Erfahrungen mit dem Vorgehen und dem Verlauf des öffentlichen Diskurses
sollten systematisch gesammelt und im Sinne einer Evaluation ausgewertet werden.
Somit wächst der Erfahrungsschatz einer Behörde mit solchen kommunikativen
Instrumenten und ermöglicht ein stetiges Lernen am Objekt (learning by
doing).