Delphi-Befragung |
Im Kontext der Prioritätensetzung, bei der Beurteilung von sehr unsicheren Ausgangssituationen und bei hoch kontroversen Abschätzungsergebnissen (z.B. im Bereich Gentechnik) sind die klassischen Verfahren der Gruppenarbeit oft überfordert, In diesen Fällen sind komplexere Verfahren der kognitiven Urteilsbildung gefragt. Unter diesen Verfahren hat sich die DelphiBefragung besonders bewährt. Dieses Verfahren wurde von der RAND Co. Mitte der 60er Jahre entwickelt und zunächst für die Bewertung von Verteidigungstechnologien eingesetzt. Später wurde es vor allem als Prognoseinstrument im Rahmen von Technikfolgenabschätzungen verwandt. Die DelphiBefragung setzt sich aus den folgenden Schritten zusammen:
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Ein Forschungsteam stellt einen Fragenkatalog auf, in dem die zu erwartenden Konsequenzen einer Maßnahme oder einer Entscheidungsoption abgefragt werden.
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Der Fragebogen wird an eine Gruppe von anerkannten Expertinnen und Experten des jeweiligen Fachgebiets verschickt. Die Expertinnen und Experten beantworten die Fragen nach bestem Wissen und schätzen die "subjektive Gewissheit", d.h. die geschätzte Gültigkeit ihrer eigenen Antworten.
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Das Forschungsteam ermittelt die Durchschnittswerte, die Extremwerte und die Varianz der Antworten.
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Der ursprüngliche Fragebogen wird zusammen mit der Auswertung der ersten Befragung an die Expertinnen und Experten zurückgesandt. Dabei werden alle Namen der Expertinnen und Experten anonym gehalten, um Beeinflussungen durch Status oder Seniorität auszuschalten. Die Befragten werden gebeten, den Fragebogen ein zweites Mal auszufüllen, diesmal aber mit der Vorgabe, die Ergebnisse der ersten Befragung als Korrektiv der eigenen Urteile mit in die erneute Urteilsbildung einzubeziehen. Zweck dieser zweiten Befragung ist es, die Varianz der möglichen Antworten zu reduzieren und die kollektive Urteilssicherheit zu erhöhen.
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Die Schritte 2,3 und 4 werden solange wiederholt, bis die Expertinnen und Experten keine Änderungen ihrer Urteile mehr vornehmen.
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Im Idealfall sortiert die Delphi-Befragung die Bewertungen aus, die innerhalb der Expertengruppe konsensfähig sind oder einen Dissens begründen. Durch die Anonymisierung der Teilnehmenden und den iterativen Prozess der Befragung kann der jeweilige Kenntnisstand ohne Rücksicht auf den Prestigewert eines jeden Teilnehmenden am Delphi-Prozess dargestellt werden.