Wie kann die Sicherheit von Nanomaterialien gewährleistet werden?


06/2015, 03.03.2015


„Nano“-Woche im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zum Stand der Sicherheitsforschung und der gesundheitlichen Bewertung von Nanomaterialien


Nanomaterialien werden bereits in vielen alltäglichen Produkten eingesetzt. Die Spanne reicht von Nanopartikeln für den Sonnenschutz bis hin zum Nanoton, der Getränkeflaschen gasdicht macht. So vielfältig wie die Materialien, die die Nanotechnologie hervorbringt, sind auch die Fragen zur Bewertung der Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt, denen sich alle Beteiligten bei der Regulation stellen müssen. „Diese Herausforderung für die Risikobewertung kann nur gemeinsam mit Partnern aus anderen Wissenschaftsfeldern gemeistert werden“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Unsere Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft ist ein gutes Beispiel dafür: Sowohl das BfR als auch die Fraunhofer-Gesellschaft bearbeiten Aspekte der Chemikalien- und Verbrauchersicherheit. Während der Schwerpunkt des BfR auf der gesundheitlichen Risikobewertung von Chemikalien, Produkten, Lebens- und Futtermitteln liegt, bringen die Institute der Fraunhofer-Gesellschaft eine anwendungsorientierte Perspektive unter anderem aus den Bereichen Herstellungstechnologie und Ökologie ein.“ Beide Institutionen nehmen am EU -Forschungsvorhaben NANoREG teil, in dem Methoden für die regulatorische Testung von Nanomaterialien erarbeitet werden. Das „Erste gemeinsame Symposium Nanotechnologie“ von BfR und den Fraunhofer-Allianzen Food Chain Management und Nanotechnologie vom 5. bis 6. März 2015 stellt unter anderem Ergebnisse aus diesem Projekt vor. Vorab, am 03. und 04. März, tauschen sich auf der von der BfR-Akademie veranstalteten „1. Fortbildung zur Nanotechnologie für Risikobewerter“ Experten und Teilnehmer zur Sicherheit und der Risikobewertung von Nanomaterialien aus. Die Veranstaltung ist die erste in Europa, die sich speziell an Risikobewerter wendet. Sie schließt damit eine Lücke, auf die die zuständigen Institutionen in Europa schon länger aufmerksam machen.

Die für den Menschen nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft potentiell am ehesten gesundheitsgefährdende Form einer möglichen Aufnahme von Nanomaterialien ist die Inhalation, d. h. die Einatmung. Auf dem ersten gemeinsamen Symposium Nanotechnologie werden Ergebnisse zur Inhalationstoxikologie und Verteilung von Nanomaterialien im Körper vorgestellt. Am Beispiel von Nano-Cerium-dioxid wird die Akkumulation von Partikeln in Lunge, Leber, Niere und weiteren Organen untersucht. Hier geht es auch um die Frage, ob inhalativ, das heißt über die Lunge, aufgenommene Nanopartikel die Luft-Blut-Schranke überwinden und über das Blut in andere Organe des Körpers verteilt werden und sich dort möglicherweise anreichern oder ausgeschieden werden.

Von zentraler Bedeutung für die Nanotoxikologie ist die Frage, ob Partikel in Nanogröße die Barrieren im Körper überwinden und wie sie sich im Körper verteilen. Um dies zu klären, werden derzeit bildgebende Verfahren wie die Flugzeit-Sekundärionenmassenspektrometrie für die Analyse biologischer Medien weiterentwickelt. Hiermit können Wechselwirkungen zwischen Partikeln und Biomolekülen sowie deren Verteilung bildlich dargestellt werden. Diskutiert wird auch über Nachweismethoden, zum Beispiel über Fortschritte bei der „Single Particle(SP)-ICP-MS“, ein massenspektrometrisches Verfahren, bei dem Nanopartikel in Form von Einzelsignalen sichtbar gemacht werden. Verfahren wie die SP-ICP-MS sind von Bedeutung, um zu klären, ob durch Nanokomposite wie Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff oder Keramik, aber auch durch Kosmetika, eine relevante Exposition des Menschen gegenüber Nanomaterialien stattfindet.

Auf der „1. Fortbildung zur Nanotechnologie für Risikobewerter“ der BfR-Akademie setzen sich Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Ländern, darunter auch viele Mitarbeiter aus Regulierungs- und Überwachungsbehörden, mit aktuellen, praktischen Fragen der Sicherheit und der Risikobewertung von Nanomaterialien auseinander. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass heute bereits eingesetzte Nanomaterialien wie zum Beispiel Nanosilber und Titandioxid, in zahlreichen Varianten (z. B. unterschiedlichen Größen, Oberflächenbeschichtungen) hergestellt werden, wodurch eine große Materialvielfalt entsteht. Da jede Variation der physiko-chemischen Parameter auch Auswirkungen auf die Aufnahme, die Verteilung und die Wirkung der Nanomaterialien haben kann, sollte eine Risikobewertung immer nur einzelfallbasiert erfolgen.

Der Gesetzgeber hat Nanomaterialien in verschiedenen Teilbereichen bereits reguliert. Für die Überwachungsbehörden geht es jetzt darum, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit verlässlichen Methoden zu überprüfen. Unter dem europäischen Chemikalienbewertungsprogramm REACH werden Nanomaterialien mit einigen gesonderten Spezifikationen erfasst. Sie sind hinsichtlich ihrer physikalisch-chemischen Eigenschaften zu charakterisieren. Weiterhin sind Nanomaterialien - unter Umständen auch ihre verschiedenen Varianten - hinsichtlich ihrer toxikologischen Eigenschaften zu untersuchen. Derzeit ist nicht vollständig geklärt, wie die bestehenden OECD-Testleitlinien anzupassen und zu ergänzen sind. Den Teilnehmern der Fortbildungsveranstaltung wird der Sachstand zu verschiedenen Methoden auf den einzelnen Arbeitsfeldern vorgestellt. Diskutiert werden dabei sowohl Methoden zur physikalisch-chemischen Untersuchung der Eigenschaften, als auch zur Toxizitätstestung, Expositionsbestimmung oder Risikobewertung. Es geht um die Frage, welche der vorhandenen Methoden wofür geeignet sind, wo die Grenzen der jeweiligen Methoden liegen, wo noch Lücken bestehen und wie diese künftig in den einzelnen Arbeitsfeldern wie z.B. der Bewertung von Chemikalien, kosmetischen Mitteln oder Lebensmittelkontaktmaterialien geschlossen werden können.

Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.



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