Fragen und Antworten zur vom BfR geleiteten Kooperationsstudie zum Nachweis von Tattoo-Farbpigmenten als Nanopartikel in Lymphknoten

Fragen und Antworten des BfR vom 12. Oktober 2017

Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) haben in einem internationalen Forschungsprojekt nachgewiesen, dass sich nanometrische Pigmente aus Tattoo-Farbpigmenten dauerhaft in Lymphknoten ablagern können. Die Studie wurde am 12. September 2017 in der Zeitschrift „Scientific Reports“ der Nature Publishing Group veröffentlicht. (https://www.nature.com/articles/s41598-017-11721-z).

Durch Röntgenstrahlen des Teilchenbeschleunigers in Grenoble (Europäische Synchrotronstrahlungseinrichtung, ESRF) wurde bei Untersuchungen herausgefunden, wo sich die Pigmente im Gewebe ansammeln. Bisher war die Ansammlung von Pigmenten von tätowierten Personen nur durch die optische Färbung der Lymphknoten bekannt, da diese häufig in der gleichen Farbe wie die aufgebrachten Tattoos gefärbt waren. Jetzt konnten sowohl die Haut als auch die Lymphknoten hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung, Pigmentidentität und Größe charakterisiert werden.

Nachfolgend hat das BfR häufig gestellte Fragen und Antworten zur Studie zusammengestellt.

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Was wurde in der Studie zur Verteilung von Tattoo-Farbpigmenten in Haut und Lymphknoten untersucht?

Es wurden Haut- und Lymphknotenproben von verstorbenen Spendern untersucht. Dazu wurden Röntgenstrahlen des Teilchenbeschleunigers in Grenoble verwendet. So konnten die Pigmente und ihre Verteilung in den Geweben untersucht werden. Mit dieser Methode konnten Partikelgrößen bis zu einer Auflösung von 50 nm untersucht und Informationen zu den Elementen in jedem Partikel bereitgestellt werden. Auf diese Weise gelang es, die Partikelgrößen verschiedener Pigmente in genau denselben Haut- und Lymphknotengewebebereichen zu untersuchen.

Wie wurden die verschiedenen Proben ausgewählt, die für die Forschung verwendet wurden?

Die Proben wurden aufgrund ihrer Farbvielfalt ausgewählt. Dadurch konnte die Translokation verschiedener Pigmenttypen nachgewiesen werden. Die genaue Anzahl der Proben variierte je nach eingesetzter Untersuchungsmethode (siehe Forschungsbericht).

Wie lange dauert es, bis die (Nano-)Partikel von Tattoo-Farbpigmenten die Lymphknoten erreichen?

Aus Studien mit anderen Partikeln ähnlicher Größe ist bekannt, dass Partikel die Lymphknoten zeitnah erreichen. In der Forschungsgemeinschaft der Tätowiermittel wird derzeit angenommen, dass der Haupttransport von Pigmenten innerhalb der ersten Tage und Wochen nach dem Tätowieren stattfindet. Dies ist der gleiche Zeitraum, der für die Wundheilung notwendig ist. Der Transport von Tattoopartikeln kann entweder passiv entlang des lymphatischen Stroms oder aktiv nach der Aufnahme durch Immunzellen und deren nachfolgende Wanderung zu Lymphknoten erfolgen.

Warum wurde gezielt in Lymphknoten gesucht?

Aus Beobachtungen ist bekannt, dass die Lymphknoten tätowierter Menschen mit Tattoo-Farbpigmenten gefüllt sind. Die Forscherinnen und Forscher zielten nun darauf ab, diese Pigmente zu charakterisieren und auf diese Weise die Ablagerung verschiedener anorganischer und organischer Pigmente in den Lymphknoten analytisch nachzuweisen. Auch konnten das BfR und die Kooperationspartner des ESRF (European Synchrotron Radiation Facility) die dauerhafte Ablagerung von toxischen Verunreinigungen in den Lymphknoten nachweisen.

Was hat die Untersuchung der biomolekularen Proteinstruktur in der Haut gezeigt?

Das BfR und die Kooperationspartner aus dem ESRF verglichen die Hautregionen ohne Tattoo-Farbpigmente mit denen, die eine hohe Pigmentkonzentration enthalten, um biomolekulare Veränderungen in Bezug auf Proteinfaltung und Lipideinlagerungen zu untersuchen. In der Haut mit einer hohen Pigmentbeladung wurde häufiger eine bestimmte Proteinstruktur nachgewiesen, die oft mit einem Funktionsverlust einhergeht und als Initiator der Fremdkörpergranulombildung angesehen wird. Da die Spender gesund waren, wird es wichtig sein, zu untersuchen, welche anderen Faktoren zusätzlich zur strukturellen Veränderung der Proteine zur Granulombildung in der Haut beitragen.

Welche der in den Lymphknoten gefundenen Pigmente sind organisch/anorganisch? Haben sie die gleiche Toxizität?

Im Kooperationsprojekt wurden anorganisches Eisenoxid und Titandioxid gefunden. Alle organischen Pigmente sind Kohlenwasserstoffe, z. B. Kupferphthalocyanin und Azopigmente. Jedes Pigment hat hinsichtlich seiner Toxizität unterschiedliche Eigenschaften. Gegenwärtig fehlen diesbezüglich noch Daten, welche die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nach dem Tätowieren mit Sicherheit voraussagen.

Der Unterschied in der Toxizität hängt von der chemischen Struktur und den Verunreinigungen der Pigmente ab, die verwendet werden, um eine bestimmte Farbe zu erzeugen. Erdgetönte Eisenoxidpigmente sind eher mit Metallen wie Nickel und Chrom kontaminiert, die sowohl sensibilisierend als auch krebserregend sind, wenn sie in bestimmten Oxidationsstufen vorliegen. Diese Elemente sind oft Verunreinigungen der Pigmente oder deren Synthese. Die Auswirkungen der verschiedenen in den Lymphknoten abgelagerten Pigmente sind bisher nicht bekannt.

Organische Azopigmente können krebserregende oder sensibilisierende Substanzen nach Sonneneinstrahlung oder Laserbestrahlung freisetzen, wie in früheren Studien nachgewiesen wurde. Rote und rosa Farbtöne sind oft mit allergischen Reaktionen von Tätowierungen verbunden. Schwarze Farben werden häufiger mit Granulombildung in Verbindung gebracht.

Wurden in den Lymphknoten nur Nanopartikel gefunden?

Nanopartikel haben einen Durchmesser von weniger als 100 Nanometern (nm). Wie in der Studie gezeigt, sind Titandioxid- und Eisenoxidpigmente größer, werden jedoch immer noch in die Lymphknoten transportiert. Das Kupferphthalocyanin-Grünpigment enthielt Partikel, die bis zu 50 nm klein waren und vorzugsweise in den Lymphknoten gefunden wurden. Aus anderen Studien ist auch bekannt, dass insbesondere schwarze Rußpigmente im Allgemeinen kleiner als 100 nm sind.

Wie aus der Studie hervorgeht, wurden alle chemischen Pigmenttypen, die mit der angewandten Methode detektiert werden konnten, im Haut- und Lymphknotengewebe in einer oder mehrerer Proben gefunden.

Können die Nanopartikel, die in den Lymphknoten gefunden wurden, nur aus den Tattoos stammen?

Es ist unwahrscheinlich, dass andere Quellen, z. B. Sonnenschutzmittel, die in dieser Untersuchung festgestellten hohen Mengen erklären. Erhöhte Titandioxidmengen sind in Lunge und Lymphknoten nur dann zu erwarten, wenn eine Exposition der Atemwege stattgefunden hat.

Gibt es eine höhere Konzentration an Partikeln in den Lymphknoten, wenn der Körper stark tätowiert ist?

Die Größe und der Grad der Schattierung des Tattoos bestimmen die Menge an Farbpigmenten, die in den Körper injiziert wird. Daher hängt die Pigmentmenge von der Größe der Tattoos ab. Ob es einen exakten proportionalen Bezug zur Größe der Tattoos und der Pigmentablagerung in den Lymphknoten gibt, wurde bislang nicht analysiert.

Ist die Menge der Pigmente in den Lymphknoten davon abhängig, wo sich das Tattoo befindet (z. B. in der Nähe der Lymphknoten)?

Anhand der in der Studie gewonnenen Daten kann nicht gesagt werden, ob die Menge an Pigmenten und deren Verunreinigungen je nach Entfernung zu den ableitenden Lymphknoten variieren kann.

Können die Nanopartikel aus dem Körper entfernt werden?

Andere Studien von Nanopartikeln legen nahe, dass sie nach intravenöser Injektion teilweise aus dem Körper ausgeschieden werden. Da Blutungen besonders bei Tätowierungen großer Flächen beobachtet werden, erscheint eine ähnliche Ausscheidung eines Teils der Tattoo-Pigmente plausibel. Da das Tattoo jedoch ein Leben lang in der Haut vorhanden ist, ist es wahrscheinlicher, dass die meisten Pigmente, die einmal zu den Lymphknoten transportiert wurden, auch dort verbleiben.

Welches Risiko besteht für Pigmente, wenn diese in Form von Nanopartikeln im Körper vorliegen?

Das Problem kleiner Partikel ist, dass je kleiner die Partikel sind, diese umso leichter auch zu anderen Organen - wie der Leber - transportiert werden können. Andere Forscher haben nachgewiesen, dass Leberenzyme in der Lage sind, Pigmente zu metabolisieren, die in Tattoo-Pigmenten verwendet werden. Diese Metaboliten können wiederum ihre eigene Toxizität haben. Derzeit gibt es jedoch nur wenig Wissen über diese besondere Frage der metabolischen Umwandlung von Tattoo-Pigmenten.

Welche weiteren Untersuchungen sind erforderlich?

Das BfR wird künftig gemeinsam mit anderen Kooperationspartnern weitere Stichproben von Patienten untersuchen, die an negativen Auswirkungen ihrer Tattoos litten. Wir möchten eine Assoziation zwischen den beobachteten Effekten und den chemischen und strukturellen Eigenschaften der zur Herstellung dieser Tattoos verwendeten Farbpigmente finden.

Das BfR wird auch die Pigment- und Schwermetallbelastung anderer, weiter entfernter innerer Organe und Gewebe untersuchen. Die Bioverteilung, der Stoffwechsel und die mögliche Ausscheidung von Substanzen sind wichtige Punkte, die zur Beurteilung der Toxizität von Verbindungen notwendig sind. Insbesondere wenn organische Pigmente in die Leber transportiert werden, kann ein höherer metabolischer Umsatz erwartet werden. Die Metaboliten weisen wiederum unbekannte toxikologische Eigenschaften auf.

Lassen die Erkenntnisse darauf schließen, dass diese mit der Entstehung von Krebs verbunden sein können?

Einige der gefundenen Elemente werden durch das Globale Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS) als krebserregend und sensibilisierend eingestuft (beispielsweise Nickel und Chrom, wenn sie als bestimmte Verbindungen vorliegen). Die Frage ist, inwieweit diese Elemente das Risiko erhöhen, während der Lebenszeit Krebs zu entwickeln. Zur Quantifizierung des Risikos wäre unter anderem die durchschnittliche Menge dieser Substanzen und wahrscheinlich eine Extrapolation des Risikos durch den Expositionsweg erforderlich. Bisher konnte allerdings keine vollständige Risikobewertung dieser Verbindungen hinsichtlich ihrer Anwendung in Tattoo-Farbpigmenten durchgeführt werden, da viele der notwendigen Daten fehlen. Somit kann die Frage, inwieweit die gefundenen Elemente die Gesundheit tätowierter Personen schädigen können, nicht beantwortet werden.

Zeigen die Ergebnisse, dass das Stechen von Tattoos langfristige Gesundheitsrisiken haben könnte, die vorher unbekannt waren?

Die Ablagerung von Elementen in Lymphknoten wurde bisher noch nie untersucht. Expositionsdaten bezüglich dieser toxischen Elemente sind jedoch für die Risikobewertung im Hinblick auf chronische Erkrankungen notwendig. Da noch keine derartigen Daten vorliegen, sollten Verbraucher sich der unbekannten Risiken bewusst sein, die mit dem Tätowieren einhergehen, anstatt davon auszugehen, dass die Farben sicher sind.

Weitere Informationen zum Thema

Allgemeine Informationen zum Tätowieren finden Sie in den Fragen und Antworten des BfR über Tattoo-Farbpigmente:

 Über das BfR

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist ein wissenschaftlich unabhängiges Institut im Ressort des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in Deutschland. Es berät die Bundesregierung und die Länder in Fragen der Lebensmittel-, Chemie- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.



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