Risikobewertung am BfR: unabhängig und transparent Fragen und Antworten zur Sicherung der Unabhängigkeit des Bundesinstituts für Risikobewertung

Aktualisierte FAQ des BfR vom 11. September 2023

Die Unabhängigkeit der Expertinnen und Experten von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen ist eine fundamentale Voraussetzung einer objektiven, rein auf wissenschaftlichen Fakten basierenden Risikobewertung. Seit über 20 Jahren hat sich daher in Deutschland und auf der europäischen Ebene die Trennung von wissenschaftlicher Risikobewertung und dem sich anschließenden Risikomanagement bewährt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist dementsprechend eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es betreibt auf der Grundlage seines Errichtungsgesetzes eigene Forschung und berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Futtermittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR ist in seiner wissenschaftlichen Bewertung, Forschung und Kommunikation unabhängig.

Um seinen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, tauscht sich das BfR mit allen relevanten Stake-holdern (NGO, Verbraucherverbänden, Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien) aus. Liegen konträre wissenschaftliche Positionen zu einem Sachverhalt vor, ist es wichtig, die verschiedenen Stakeholder in den Diskussionsprozess gesundheitlicher Bewertungen über wissenschaftliche Foren und Stakeholder-Konferenzen einzubinden. Aus Gründen der Unabhängigkeit werden keine finanziellen Mittel aus der Industrie eingeworben, das BfR beteiligt sich auch nicht finanziell an solchen Forschungsprojekten.

Im Folgenden sind Regeln, die die Unabhängigkeit des Bundesinstituts für Risikobewertung sichern, zusammengestellt.

nach oben

Wie erfolgen die Risikobewertungen des Bundesinstituts für Risikobewertung?

Die Risikobewertungen erfolgen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfR. Externe Sachverständige beraten das BfR bei Bedarf, sie treffen aber keine Entscheidungen zur Risikobewertung. Die Arbeitsergebnisse und Empfehlungen des BfR dienen allen interessierten Kreisen als wichtige Informationsquelle und Entscheidungshilfe. Die vom BfR getroffenen Aussagen orientieren sich an international anerkannten wissenschaftlichen Prinzipien und werden auch für Außenstehende transparent dargestellt. Das BfR betreibt dafür eigene Forschungsarbeit und wertet vorhandene wissenschaftliche Studien aus, berücksichtig darüber hinaus aber auch bisher unveröffentlichte Gutachten und Daten beispielsweise aus Zulassungsverfahren. Relevante wissenschaftliche Gegenauffassungen werden angegeben.

Auf allen Ebenen der Risikobewertung ist dabei Transparenz notwendig. Von Zielsetzung und Geltungsbereich der Stellungnahme über Quelle, Art und Evidenz der zugrunde liegenden Daten, über die verwendeten Methoden, Annahmen, Unsicherheit und Variabilität bis hin zum Ergebnis und der Schlussfolgerung ist die Bewertung klar, verständlich und reproduzierbar. Das BfR setzt sich deshalb seit Jahren weltweit in zahlreichen Gremien für transparente Verfahren bei der Risikobewertung und auch für die Offenlegung von Industriestudien ein.

Ausführlich beschrieben werden die einzelnen Schritte der Risikobewertung in unserem „Leitfaden für gesundheitliche Bewertungen im Verbraucherschutz“ (BfR 2020: Leitfaden für gesundheitliche Bewertung). Der BfR-Leitfaden ist Vorgabe für die Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken von Lebensmitteln, Futtermitteln, chemischen Stoffen und Verbraucherprodukten und Leitdokument für das BfR und damit Bestandteil seines Qualitätsmanagement-Systems.

 

Wie wird die Unabhängigkeit der BfR-Beschäftigten sichergestellt?

Bei ihrer Arbeit und ihren Entscheidungen müssen sich alle BfR-Beschäftigten an die Rechtsvorschriften des Bundes halten. Mit Unterschrift unter den Arbeitsvertrag oder der Übernahme in das Beamtenverhältnis verpflichtet sich dazu jede/jeder Beschäftigte ausdrücklich. Für sie gelten die Rechtsnormen des öffentlichen Dienstes, beispielsweise zu Objektivität, Effektivität, Sachkunde sowie Unbefangenheit, Unbestechlichkeit und Korruptionsprävention. Die entsprechenden Regelungen ergeben sich aus Gesetzen und Ausführungsbestimmungen des Bundesministeriums des Innern (siehe z. B. das Bundesbeamtengesetz, § 10 Verwaltungsverfahrensgesetz und andere Vorschriften).

Welche Regelungen sichern im Einzelnen, dass die Beschäftigten des BfR Bewertungen allein auf wissenschaftlicher Basis unbeeinflusst von anderen Interessen vornehmen?

Nebentätigkeiten der Beschäftigten des BfR sind nach den einschlägigen rechtlichen Bestimmungen grundsätzlich anzeige- bzw. nach dem Beschäftigungsverhältnis (Tarifangestellte oder Beamte) genehmigungspflichtig. In diesem Prozess werden geplante Nebentätigkeiten vom BfR auf Interessenkonflikte geprüft. Bei Hinweisen darauf, dass durch eine Zweit-Tätigkeit von Beschäftigten des BfR die gesetzlich gewollte Unabhängigkeit beeinträchtigt werden könnte, werden diese durch das BfR konsequent untersagt. So können Beschäftigte des BfR nicht aufgrund einer parallelen Tätigkeit in der Industrie in einem unzulässigen Interessenkonflikt stehen. Mit diesen Regeln und Verfahrensweisen stellt der Gesetzgeber eine objektive Beratung der Bundesregierung durch ihre wissenschaftlichen Einrichtungen sicher.

Dürfen Beschäftigte des BfR für Stiftungen, Institutionen, Netzwerke oder Vereine, die von der Industrie finanziert werden, ehrenamtlich oder nebenamtlich tätig sein?

Grundsätzlich gehört es zu den Aufgaben der Beschäftigten des BfR, im Rahmen ihrer Dienstaufgaben auch mit Interessenvertretern, sog. Stakeholdern, zu kommunizieren. Dazu engagieren sie sich u. a. in Arbeitsgruppen und Gremien von Stiftungen oder Institutionen sowie Interessenvertretungen von Industrie bzw. Verbraucherschutzverbänden. Dies ist dann Bestandteil der hauptberuflichen Tätigkeit. Die Beschäftigten des BfR nehmen gemäß der gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Pflicht ihre Aufgaben unparteiisch und unabhängig wahr. Sie werden bei ihrer Einstellung bzw. Ernennung ausdrücklich hierzu verpflichtet und regelmäßig dafür sensibilisiert.

Wie wird gewährleistet, dass die Mitwirkung von Beschäftigten des BfR in von der Industrie finanzierten Gremien und Institutionen nicht die Unabhängigkeit des BfR gefährdet?

Es gilt für die Beschäftigten die Pflicht zur Anzeige von Nebentätigkeiten. Sobald dienstliche Interessen durch eine Nebentätigkeit beeinträchtigt werden können, ist diese zu untersagen.

Außerdem sind die Beschäftigten grundsätzlich zur Verschwiegenheit über Angelegenheiten, die ihnen in ihrer öffentlich-rechtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind, verpflichtet, auch über die Beendigung des Beamtenverhältnisses bzw. Arbeitsverhältnisses hinaus.

Welche Regeln gelten für die Teilnahme von BfR-Beschäftigten an Kongressen und wissenschaftlichen Veranstaltungen?

Die Teilnahme von BfR-Beschäftigten an Kongressen und anderen wissenschaftlichen Veranstaltungen gehört zur wissenschaftlichen Arbeit des BfR. Jede Teilnahme im Namen des BfR muss von der Leitung des BfR genehmigt werden. Im Genehmigungsverfahren wird deshalb geprüft, ob durch die Teilnahme an der jeweiligen Veranstaltung ein Interessenkonflikt hinsichtlich der Aufgaben und der Unabhängigkeit des Instituts besteht. Wissenschaftliche Veranstaltungen können auch von Stakeholdern ausgerichtet werden, mit denen das BfR regelmäßig kommuniziert. Eine Liste dieser Stakeholder enthält die BfR-Hintergrundinformation Nr. 033/2014 „Die Risikokommunikation des Bundesinstituts für Risikobewertung in der Praxis“ auf der BfR-Webseite.

 

Welche Regeln gelten für die Auswahl von Sachverständigen?

Mitglieder der BfR-Kommissionen und des Wissenschaftlichen Beirats werden nach objektiven und transparenten Kriterien ausschließlich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Exzellenz, ihrer Kompetenz und ihrer Fachkenntnisse ausgewählt.

Das Konzept der BfR-Kommissionen sieht als entscheidendes Kriterium wissenschaftliche Exzellenz vor, nicht die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppen. Die ehrenamtlichen Positionen werden nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren vergeben, in dem es jeder Expertin und jedem Experten weltweit freisteht, sich aufgrund ihrer oder seiner fachlichen Selbsteinschätzung zu bewerben. Das Verfahren ist offen gestaltet und adressiert ausdrücklich nicht nur Fachleute aus Universitäten und Forschungseinrichtungen, sondern auch Vertreterinnen und Vertreter der Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen, der Industrie und der Behörden, um in fachlicher Breite und Tiefe den wissenschaftlichen Beratungsbedarf des BfR zu decken. Das Verfahren gestaltet sich wie folgt: Zunächst werden alle Sachverständigen, die sich für eine Mitarbeit in einer BfR-Kommission interessieren, in einem öffentlichen Aufruf um eine Bewerbung gebeten. Anschließend wählt der eigens eingerichtete Berufungsbeirat geeignete Sachverständige aus dem Kreise der Bewerberinnen und Bewerber aus. Der Berufungsbeirat setzt sich aus den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats des BfR, jeweils einem Vertreter des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), einem Vertreter der „Senatskommissionen zur gesundheitlichen Bewertung von Lebensmitteln“ und einer Vertreterin oder einem Vertreter einer Ressortforschungseinrichtung des BMEL zusammen.

Welche Regeln gelten für die Arbeit der Kommissionen?

Die BfR-Kommissionen arbeiten alle nach einer verbindlichen Geschäftsordnung. Die Kommissionen beraten das BfR in offenen wissenschaftlichen Fachfragen und sind ausdrücklich aufgefordert, den jeweiligen Stand von Wissenschaft und Technik kritisch auf die aktuelle Bewertungsarbeit des BfR zu reflektieren und auch zukünftige Arbeitsfelder der Risikobewertung aufzuzeigen. Die Beratungsergebnisse der Kommissionsarbeit sind an das BfR gerichtet und haben allein empfehlenden Charakter. Das BfR nimmt diese Auffassungen zur Kenntnis und entscheidet unabhängig von den Kommissionen. Die Mitglieder der Kommissionen kommen aus Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen, Behörden des Bundes und der Länder, Wirtschafts- und Verbraucherverbänden, privaten Laboratorien und der Industrie.

 

Wie werden mögliche Interessenkonflikte der Mitglieder der BfR-Kommissionen dokumentiert?

Eventuelle Interessenkonflikte der Mitglieder der Kommissionen werden bereits im Rahmen des Berufungsprozesses erfasst und schriftlich dokumentiert.

Zusätzlich werden Interessenkonflikte zu den in der Kommission behandelten Themen zu Beginn jeder Sitzung mündlich abgefragt. Liegt ein Interessenkonflikt vor, wird das Kommissionsmitglied von den Beratungen zu den entsprechenden Sachverhalten ausgeschlossen. Dies wird im Ergebnisprotokoll vermerkt. Sämtliche BfR-Kommissionsprotokolle sind auf der BfR-Webseite einsehbar. BfR-Mitarbeiter haben in den Kommissionen ausdrücklich kein Stimmrecht, so dass die Beratungsarbeit der Kommissionen vollständig von den behördlichen Bewertungsabläufen getrennt ist.

 


0



Es befinden sich keine Dokumente auf Ihrem Merkzettel

Es befinden sich keine Dokumente in Ihrem Warenkotb

Cookie-Hinweis

Die BfR-Webseite verwendet nur Cookies, die notwendig sind, um die Webseite nutzerfreundlich zu gestalten. Weitere Informationen enthält unsere Datenschutzerklärung.