Fragen und Antworten zu Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln

Aktualisierte FAQ des BfR vom 17. Juli 2015

Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt, um Pflanzen vor Schaderregern zu schützen. Auch wenn die zugelassenen Pflanzenschutzmittel sachgerecht und bestimmungsgemäß angewendet werden, können Rückstände im Erntegut und in den daraus gewonnenen Lebens- und Futtermitteln verbleiben. Um sicherzustellen, dass Rückstände die Gesundheit der Verbraucher weder bei lebenslanger täglicher Aufnahme noch bei einmaligem Verzehr großer Lebensmittelmengen schädigen können, nimmt das BfR im Rahmen der Zulassung eine umfangreiche gesundheitliche Bewertung der Pflanzenschutzmittel vor und erarbeitet auf dieser Basis Vorschläge für Rückstandshöchstgehalte. Die Festlegung zulässiger Mengen eines Wirkstoffes, die ein Lebensmittel enthalten darf, folgt auch dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable englisch für so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar).

Rückstandshöchstgehalte sind maximal zulässige Konzentrationen für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe und deren Abbauprodukte, die im Lebensmittel verbleiben dürfen. Sie werden nicht allein aufgrund der gesundheitlichen Risikobewertung festgelegt, sondern berücksichtigen auch die gute landwirtschaftliche Praxis. Die Einhaltung eines Rückstandshöchstgehalts entscheidet darüber, ob ein Lebensmittel verkehrsfähig ist oder vom Markt genommen werden muss.

Vor diesem Hintergrund hat das BfR häufig gestellte Fragen und Antworten zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, zur Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten und zu den Konsequenzen möglicher Überschreitungen zusammengefasst.

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Warum werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt?

Pflanzenschutzmittel sollen Pflanzen oder Teile von Pflanzen, einschließlich Frischobst, Gemüse und Samen, vor Schaderregern wie Pilzen, Unkräutern oder Schadorganismen schützen. Sie werden außerdem eingesetzt, um den Ernteertrag zu sichern, das Erntegut während der Lagerung und des Transportes zu schützen und eine gute Lebensmittelqualität zu gewährleisten. Im ökologischen Landbau werden zwar weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt als in der konventionellen Landwirtschaft, völlig ohne chemische Pflanzenschutzmittel kommen aber auch ökologisch arbeitende Landwirte nicht aus.

Was ist der Unterschied zwischen Pflanzenschutzmitteln und Wirkstoffen?

Wirkstoffe sind chemische Elemente und deren Verbindungen oder Mikroorganismen mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schaderreger auf Pflanzen, Pflanzenteilen oder Pflanzenerzeugnissen. Pflanzenschutzmittel sind handelsübliche Zubereitungen, die als Gemisch oder Lösung einen oder mehrere Wirkstoffe sowie einen oder mehrere Formulierungshilfsstoffe enthalten können.

Wie viele Wirkstoffe enthält ein Pflanzenschutzmittel?

Von den in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmitteln enthalten 66 Prozent nur einen Wirkstoff, 27 Prozent zwei Wirkstoffe, 6 Prozent drei und 1 Prozent vier Wirkstoffe (Stand: November 2014).

Wie viele Pflanzenschutzmittel sind in Deutschland zugelassen?

Im November 2014 waren in Deutschland 775 verschiedene Pflanzenschutzmittel zugelassen. Diese Pflanzenschutzmittel enthielten insgesamt 276 unterschiedliche Wirkstoffe.

Die jeweils aktuellen Angaben finden sich in der online-Datenbank des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL):

http://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/01_Aufgaben/02_ZulassungPSM/01_ZugelPSM/01_OnlineDatenbank/psm_onlineDB_node.html.

Wie gelangt ein Pflanzenschutzmittel auf den deutschen Markt?

Bevor Pflanzenschutzmittel im Handel angeboten und in der Landwirtschaft angewendet werden dürfen, müssen diese in Deutschland zugelassen sein. Die Zulassung wird für eine spezielle Zweckbestimmung (Indikation) erteilt, also zur Bekämpfung eines bestimmten Schaderregers an bzw. in einer Kulturpflanze. Man spricht deshalb von einer „Indikationszulassung“.

Die Bewertung der Risiken, die sich aus der Anwendung eines Pflanzenschutzmittels ergeben können, wird gemäß den geltenden EU-Regelungen von einem EU-Mitgliedstaat stellvertretend für die Mitgliedsstaaten einer Zone vorgenommen. Das Gebiet der EU ist hierfür in drei Zonen unterteilt, wobei Deutschland Teil der zentralen Zone ist. Die Mitgliedsstaaten der Zone wirken über Kommentierungen an der Bewertung des Pflanzenschutzmittels direkt mit. Die eigentliche Zulassung des Pflanzenschutzmittels erfolgt national. In Deutschland wird sie vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erteilt. Am Zulassungsverfahren wirken das Julius Kühn-Institut - Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI), das Umweltbundesamt (UBA) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit und führen Teilbewertungen im Rahmen ihrer Zuständigkeit durch. Das BfR bewertet die gesundheitlichen Risiken für Verbraucher, Anwender, Anwohner und zufällig Beteiligte.

Werden Wirkstoffe auch zugelassen?

Wirkstoffe werden nicht zugelassen, sondern auf EU-Ebene nach einer umfassenden gemeinschaftlichen Bewertung unter Beteiligung aller Mitgliedsstaaten für den Einsatz in Pflanzenschutzmitteln genehmigt, d.h. diese Wirkstoffe stehen grundsätzlich für die Zulassung und Verwendung in Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung.

Was versteht man unter Pflanzenschutzmittelrückständen?

Als Pflanzenschutzmittelrückstände werden die auf bzw. in einem Lebensmittel zurückbleibenden Reste von Wirkstoffen und deren Abbauprodukte bezeichnet. Abbauprodukte können im pflanzlichen Stoffwechsel gebildet werden oder zum Beispiel auch unter Einwirkung von Sonnenlicht entstehen.

Weshalb kann es bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu Rückständen auf den Ernteprodukten kommen?

Rückstände auf Ernteprodukten lassen sich selbst bei guter landwirtschaftlicher Praxis und sachgerechtem, bestimmungsgemäßem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht völlig vermeiden. Pflanzenschutzmittel werden zu unterschiedlichen Zeiten während der Vegetationsperiode eingesetzt. Ihre Wirkstoffe werden unterschiedlich rasch abgebaut. Insbesondere dann, wenn Pflanzenschutzmittel kurz vor der Ernte eingesetzt werden oder wenn ihre Wirkstoffe eher langlebig sind, muss zum Erntezeitpunkt mit Rückständen gerechnet werden. Diese müssen aber so niedrig sein, dass sie die Gesundheit der Verbraucher nicht gefährden.

Sind Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln erlaubt?

Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln sind bis zum jeweils gesetzlich festgesetzten Rückstandshöchstgehalt erlaubt. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei Einhaltung der zulässigen Rückstandshöchstgehalte nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich.

Welche Lebensmittel können Pflanzenschutzmittelrückstände aufweisen?

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln können in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Auch Lebensmittel, die vom Tier stammen, können solche Rückstände aufweisen, wenn die Tiere zuvor pflanzliches Futter aufgenommen haben, das Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten hat.

Was versteht man unter „guter landwirtschaftlicher Praxis“?

Die Grundsätze für die Durchführung der „guten landwirtschaftlichen Praxis“, auch bezeichnet als „gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz“, sind als Handlungsanweisungen zu verstehen und gelten für jeden, der Pflanzenschutzmaßnahmen durchführt. Sie schreiben vor, dass Pflanzenschutzmittel standort-, kultur- und situationsbezogen eingesetzt werden und dass ihr Einsatz auf das notwendige Maß beschränkt wird. Die Mittel sollen nur eingesetzt werden, wenn ein „bekämpfungswürdiger“ Befall vorliegt. Die erforderlichen Pflanzenschutzmaßnahmen müssen sachgerecht durchgeführt und dokumentiert werden.

Welchen Einfluss auf die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln hat das BfR?

Das BfR ist als Benehmensbehörde am Zulassungsverfahren beteiligt. Es stimmt der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels nur zu, wenn die Rückstände, die nach sachgerechter Anwendung auf Lebensmitteln verbleiben können, nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand gesundheitlich unbedenklich sind und geeignete Analysenmethoden existieren, mit denen die Rückstände überwacht werden können. Die sachgerechte Anwendung darf auch nicht zu unannehmbaren Auswirkungen auf Anwender, Arbeiter, Nebenstehende und Anwohner führen. Das Votum des BfR wird bei der Entscheidung über die Zulassung berücksichtigt.

Wie ermittelt das BfR im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel ein mögliches Verbraucherrisiko?

Um ein mögliches Verbraucherrisiko durch Pflanzenschutzmittelrückstände zu ermitteln, führt das BfR eine Risikobewertung durch. Dabei werden zwei Faktoren berücksichtigt: Der toxikologische Grenzwert für die Aufnahme des Pflanzenschutzmittelwirkstoffes sowie die Menge des Wirkstoffes, die ein Verbraucher über belastete Produkte aufnimmt. Diese Aufnahmemenge wird als „Exposition“ bezeichnet.

Wie ermittelt das BfR die toxische Wirkung eines Wirkstoffes?

Die toxische Wirkung wird auf der Basis von Studienergebnissen ermittelt. Meist handelt es sich dabei um tierexperimentelle Studien, die Auskunft über die akute, subakute und chronische Toxizität eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffes geben. Sie liefern u.a. auch Informationen zu möglichen erbgutschädigenden (gentoxischen), krebsauslösenden (kanzerogenen) und die Fortpflanzung beeinträchtigenden (reproduktionstoxischen) Eigenschaften. Aus diesen Studien werden im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung zwei wichtige toxikologische Grenzwerte abgeleitet: die Akute Referenzdosis (ARfD) und die duldbare tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI). Die ARfD bezieht sich auf die akute, der ADI-Wert auf die chronische Wirkung einer Substanz.

Was ist ein ADI-Wert?

ADI steht für „Acceptable Daily Intake“ (duldbare tägliche Aufnahmemenge) und gibt die Menge eines Stoffes an, die ein Verbraucher täglich und ein Leben lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen kann. Der ADI-Wert wird zur Bewertung des chronischen Risikos verwendet.

Was versteht man unter der Akuten Referenzdosis?

Die Akute Referenzdosis (ARfD) ist als die Substanzmenge definiert, die ein Verbraucher im Verlauf eines Tages bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten ohne erkennbares Gesundheitsrisiko mit der Nahrung aufnehmen kann.

Wie leitet das BfR eine ARfD und einen ADI-Wert ab?

Um toxikologische Grenzwerte für die wissenschaftliche Risikobewertung abzuleiten, wertet das BfR dafür geeignete Studien aus. Dazu gehören u.a. Studien an Versuchstieren. Durch diese wird experimentell die Dosis ohne erkennbare schädliche Wirkung (No Observed Adverse Effect Level, NOAEL) für die empfindlichste Tierart (Spezies) und das empfindlichste Geschlecht ermittelt. Zur Ableitung der ARfD werden meist Kurzzeitstudien verwendet. Der ADI-Wert wird aus Toxizitätsstudien abgeleitet, in denen chronische Endpunkte untersucht wurden. Häufig handelt es sich dabei um Kanzerogenitäts- bzw. Reproduktions- oder Mehrgenerationenstudien. Die aus den relevanten Studien abgeleitete Dosis ohne erkennbare schädliche Wirkung wird noch durch einen so genannten (Un)sicherheitsfaktor geteilt, der Unterschiede zwischen den Arten (d.h. Tier und Mensch) ebenso berücksichtigt wie Unterschiede zwischen Individuen (d.h. den einzelnen Menschen). Meist wird dafür insgesamt ein Faktor von 100 verwendet.

Wie ermittelt das BfR im Zulassungsverfahren die Exposition der Verbraucher gegenüber Pflanzenschutzmittelrückständen?

Die Exposition der Verbraucher über die Nahrung (Aufnahmemenge) wird aus der Höhe des Rückstands im Lebensmittel und aus der üblicherweise verzehrten Menge des Lebensmittels ermittelt. Die Konzentration des Rückstands im Lebensmittel wird aus Studien abgeleitet, in denen das Pflanzenschutzmittel unter Realbedingungen angewendet wurde (überwachte Rückstandsversuche). Verzehrsmengen stehen aus so genannten Verzehrsstudien zur Verfügung.

Welche Verzehrsdaten berücksichtigt das BfR bei der Bewertung von Pflanzenschutzmittelrückständen?

Die für Verbraucher in Deutschland derzeit relevanten Lebensmittelmengen wurden in zwei Verzehrsstudien ermittelt: Zum einen werden die Ergebnisse der so genannten VELS-Studie verwendet, einer Verzehrsstudie an deutschen Kindern im Alter von zwei bis vier Jahren, die 2005 veröffentlicht wurde. Diese Bevölkerungsgruppe ist wegen der vergleichsweise hohen Nahrungs­aufnahme im Verhältnis zum geringen Körpergewicht als besonders empfindlich einzustufen. Zum anderen werden Verzehrsdaten für 14- bis 80-jährige Verbraucher in Deutschland genutzt, die in der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) erhoben wurden. Ab 2015 sollen zusätzlich Verzehrsdaten für 6- bis 17-jährige Verbraucher in Deutschland in der Risikobewertung für Pflanzenschutzmittel berücksichtigt werden, die aus der so genannten EsKiMo-Studie (Ernährungsstudie als KiGGS-Modul) stammen.

Neben den deutschen Verzehrsdaten berücksichtigt das BfR auch Verzehrsinformationen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten.

Wann stimmt das BfR einer Zulassung aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes zu?

Wenn die Risikobewertung ergibt, dass mit den aus der Anwendung resultierenden Rückständen weder der ADI-Wert noch die ARfD überschritten werden, ist ein gesundheitliches Risiko für die Verbraucher unwahrscheinlich. Nur dann ist eine Zulassung des entsprechenden Pflanzenschutzmittels aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucher­schutzes zu vertreten.

Eine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher ist unter den folgenden Bedingungen nicht zu erwarten:

  • Wenn die abgeschätzte maximale Aufnahmemenge eines Pflanzenschutzmittelrückstands unterhalb der ARfD bleibt; die maximale Aufnahmemenge wird für jedes Lebensmittel einzeln errechnet und ergibt sich aus dem höchsten in den überwachten Rückstandsversuchen aufgetretenen Rückstand in Verbindung mit der maximalen Verzehrsmenge.
  • Wenn die abgeschätzte durchschnittliche Aufnahmemenge eines Pflanzenschutzmittelrückstands unterhalb des ADI-Wertes bleibt; die durchschnittliche Aufnahmemenge berechnet sich aus dem Median der Ergebnisse der überwachten Rückstandsversuche in Verbindung mit einer mittleren Verzehrsmenge und wird für sämtliche verzehrten Lebensmittel summiert.

Werden Pflanzenschutzmittel mit krebserregenden Wirkstoffen zugelassen?

Bei krebserregenden Stoffen muss zwischen solchen unterschieden werden, die bekanntermaßen oder wahrscheinlich beim Menschen karzinogen wirken und in Kategorie 1 eingestuft sind und solchen, die in Verdacht stehen, Krebs beim Menschen auslösen zu können und in Kategorie 2 eingestuft sind.

Für Stoffe der Kategorie 1 gelten die Ausschlusskriterien der EU-Pflanzenschutzmittel-Verordnung. Diese Stoffe dürfen nur genehmigt werden, wenn die Exposition des Menschen vernachlässigbar ist.

Bei Stoffen der Kategorie 2, die krebserregend wirken, das Erbgut aber nicht schädigen, liegt - nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand - der kanzerogenen Wirkung ein Schwellenwert zugrunde. Unterhalb dieses Wertes ist mit einer krebsauslösenden Wirkung nicht zu rechnen.

Schließen die geltenden Zulassungskriterien Risiken für Verbraucher hinreichend sicher aus?

Aus Sicht der Risikobewertung schließen die geltenden Zulassungskriterien Risiken für Verbraucher hinreichend sicher aus. Für Pflanzenschutzmittel hat die Europäische Kommission mit den Zulassungsbestimmungen ein hohes Schutzniveau vorgegeben: Pflanzenschutzmittel dürfen nur zugelassen werden, wenn ihre Rückstände nach Anwendung guter landwirtschaftlicher Praxis nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Um die Voraussetzungen für eine Zulassung zu erfüllen, müssen für die Wirkstoffe und für die Pflanzenschutzmittel umfangreiche Untersuchungen zur Toxizität, zum Rückstandsverhalten und zur Analytik der Rückstände vorgelegt werden. Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gehören damit zu den chemischen Stoffen, die hinsichtlich möglicher Gefahren und Risiken für die Gesundheit am besten untersucht und charakterisiert sind.

Auf der Grundlage der in den toxikologischen Prüfungen ermittelten schädlichen Wirkungen eines Stoffes und der Dosis-Wirkungsbeziehungen ist es in aller Regel möglich, das Eintreten gesundheitsschädlicher Wirkungen bei einer definierten Exposition zu charakterisieren und zu quantifizieren. Ebenso ist es möglich, Dosisbereiche abzuschätzen, in denen gesundheitsschädliche Wirkungen praktisch ausgeschlossen werden können.

Sind Anwohner gesundheitlich gefährdet, wenn in Ihrer Nähe Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden?

Bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln kann in Einzelfällen ein unangenehmer Geruch auftreten. Es sind aber für Anwohner nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu befürchten, solange zugelassene Pflanzenschutzmittel nach guter fachlicher Praxis angewandt werden. Für Fragen bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind die Pflanzenschutzdienste der jeweiligen Bundesländer zuständig. Eine Übersicht über die amtlichen Auskunftsstellen für Pflanzenschutz der Länder gibt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): http://www.bvl.bund.de/pflanzenschutzdienste.

Weitere Informationen unter: https://www.nap-pflanzenschutz.de//fileadmin/user_upload/_imported/fileadmin/SITE_MASTER/content/Dokumente/Downloads/Aktuelles/Flyer_Pflanzenschutzanwendung-2.pdf

Was ist, wenn ein Rückstand den ADI-Wert oder die ARfD überschreitet?

Eine einmalige Überschreitung des ADI-Wertes und auch eine kurzzeitige (über einige Tage anhaltende) Überschreitung des ADI-Wertes stellt noch keine Gefährdung der Verbraucher dar, weil der Wert unter Annahme einer täglichen lebenslangen Exposition abgeleitet wird.

Im Gegensatz dazu lässt sich eine mögliche gesundheitliche Beeinträchtigung der Verbraucher durch eine einmalige oder kurzzeitige Überschreitung der ARfD nicht von vornherein ausschließen. Ob eine Schädigung der Gesundheit tatsächlich eintreten kann, muss für jeden Einzelfall geprüft werden.

Was sind Rückstandshöchstgehalte?

Ein Rückstandshöchstgehalt (auch Rückstandshöchstmenge) gibt die maximal zulässige Konzentration eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffs in einem Lebensmittel an. Rückstandshöchstgehalte dienen als verbindliche Handelsstandards zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs. Lebensmittel sind nur verkehrsfähig, wenn sie die Rückstandshöchstgehalte einhalten.

Wie werden Rückstandshöchstgehalte festgesetzt?

Das Verfahren zur Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten ist formal unabhängig vom Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel. Die Höchstgehalte werden von Experten der Mitgliedstaaten und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem Gemeinschaftsverfahren abgeleitet, auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit überprüft und anschließend von der Europäischen Kommission in rechtsverbindlicher Form veröffentlicht. Da es sich hierbei um EU-Verordnungen handelt, gelten automatisch in allen EU-Mitgliedsstaaten dieselben Höchstgehalte.

Welche Anforderungen müssen Rückstandshöchstgehalte erfüllen?

Bevor ein neuer Höchstgehalt festgesetzt werden kann, muss sichergestellt sein, dass seine Einhaltung auch überwacht werden kann. Dazu müssen die Rückstände analytisch bestimmbar sein, nach Möglichkeit mit einem schnellen und einfachen analytischen Routineverfahren. Rückstände in Höhe des Höchstgehalts dürfen zudem weder ein akutes noch ein chronisches Risiko für Verbraucher darstellen. Um dies beurteilen zu können, muss noch vor Festsetzung eines neuen Höchstgehalts eine Bewertung der toxikologischen Eigenschaften und des Rückstandsverhaltens des Wirkstoffes vorgenommen werden.

Wie leitet das BfR Vorschläge für Rückstandshöchstgehalte ab?

Bei der Festlegung zulässiger Mengen eines Wirkstoffes, die ein Lebensmittel enthalten darf, gilt das ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable englisch für so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar). Höchstgehalte werden daher nie höher festgesetzt als es nach guter landwirtschaftlicher Praxis erforderlich ist. Damit wird dem Minimierungsgebot für den Einsatz von Pflanzen­schutzmitteln Rechnung getragen.

Die Grundlage der Höchstgehaltsfestsetzung bilden Rückstandsversuche, die entsprechend der beantragten und zur Bekämpfung des Schaderregers erforderlichen Anwendung eines Pflanzenschutzmittels durchgeführt werden. Die Versuche sind unter kontrollierten Bedingungen so angelegt, dass die kritischste zulässige Anwendung geprüft wird: die höchste zulässige Applikationsmenge, die höchste zulässige Zahl von Anwendungen, der späteste zulässige Anwendungszeitpunkt sowie die kürzeste Wartezeit zwischen letzter Anwendung und Ernte. Aus den Versuchsergebnissen wird abgeleitet, welcher Rückstand im Erntegut verbleibt, und es wird ein entsprechender Vorschlag für einen Höchstgehalt unterbreitet. Unter Umständen werden weitere Aspekte, wie z.B. die Veränderung des Rückstands bei der Verarbeitung, berücksichtigt. Zuletzt wird geprüft, ob der abgeleitete Höchstgehalt in gesundheitlicher Hinsicht akzeptabel ist, d.h. ob Rückstände in Höhe dieses Gehaltes auch kein akutes oder chronisches Risiko für Verbraucher darstellen. Nur wenn keine Hinweise auf ein Verbraucherrisiko bestehen, wird vom BfR der Rückstandshöchstgehalt vorgeschlagen.

Was sind Importtoleranzen?

So genannte Einfuhr- oder Importtoleranzen entsprechen den Rückstandshöchstgehalten, beziehen sich aber auf Lebensmittel, die in die Europäische Union eingeführt werden (z.B. Reis, tropische Früchte). Auch Importtoleranzen werden für die beantragten Wirkstoff-Lebensmittel-Kombinationen nur dann erlassen, wenn Rückstände in der beantragten Höhe aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand keine Gefährdung darstellen.

Warum werden Rückstandshöchstgehalte geändert?

Die Festsetzung von Rückstandshöchstgehalten ist ein kontinuierlicher Prozess. Sobald die Zulassungen neuer Anwendungen und/oder neuer Pflanzenschutzmittel beantragt und entsprechende Rückstandsversuche vorgelegt werden, müssen die bestehenden Höchstgehalte überprüft und ggf. geändert werden.

Außerdem werden Höchstgehalte an den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn angepasst. Neue Toxizitätsstudien oder neue Verzehrsdaten etwa können zu einer Veränderung bestehender Höchstgehalte führen, weil die Risikobewertung aktualisiert und die Sicherheit von Höchstgehalten neu bewertet wird.

Was ist, wenn ein Rückstand den Rückstandshöchstgehalt überschreitet?

Die Überschreitung eines Rückstandshöchstgehalts stellt einen Verstoß gegen geltendes Recht dar. Die entsprechende Ware ist nicht verkehrsfähig. Dies muss aber nicht bedeuten, dass der nachgewiesene Rückstand auch ein Risiko für Verbraucher darstellt, denn Rückstandshöchstgehalte sind keine toxikologischen Grenzwerte. In aller Regel werden erst bei sehr viel höheren Konzentrationen toxikologische Grenzwerte erreicht (ADI-Wert und ARfD).

Was versteht man unter Mehrfachrückständen in Lebensmitteln?

Der Begriff „Mehrfachrückstände“ bezeichnet das gleichzeitige Vorkommen von Rückständen verschiedener Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in einem Lebensmittel. Verbraucher können mehrere Rückstände aber auch durch den gleichzeitigen bzw. kurz nacheinander erfolgenden Verzehr verschiedener Lebensmittel aufnehmen.

Wie kommt es zu Mehrfachrückständen in Lebensmitteln?

Moderne Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zeichnen sich durch eine gezielte Wirkung auf bestimmte Schaderreger aus. Stoffe früherer Generationen wirkten häufig breiter und waren nebenwirkungsreicher. Der Einsatz von sogenannten Breitbandwirkstoffen hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen, der von gezielt wirkenden Pflanzenschutzmitteln hat zugenommen. Dieser Trend hat zur Folge, dass je nach Befallssituation viele unterschiedliche Pflanzenschutzmittel angewendet werden, von denen Rückstände im Erntegut verbleiben können. Ein Wirkstoffwechsel ist auch geboten, um Resistenzbildungen vorzubeugen, da sonst auf Dauer manche Schaderreger nicht mehr bekämpft werden können.

Mehrfachrückstände gibt es schon seit längerer Zeit. Sie sind in den letzten Jahren in den Fokus geraten, da der Einsatz verschiedener Wirkstoffe zunimmt und die Entwicklung der Rückstandsanalytik dazu geführt hat, dass immer mehr Wirkstoffe in immer geringeren Konzentrationen nachgewiesen werden können.

Wieso könnte die gleichzeitige Aufnahme mehrerer Stoffe toxikologisch anders zu bewerten sein als die Aufnahme von Einzelstoffen?

Einzelwirkstoffe sind toxikologisch sehr gut untersucht. Treten gleichzeitig mehrere Stoffe auf, gibt es grundsätzlich vier Möglichkeiten, wie diese Stoffe zusammenwirken können:

  • Sie können voneinander unabhängige, unterschiedliche Wirkungen haben
  • Ihre Wirkungen können ähnlich/gleich sein und sich addieren (additive Wirkung)
  • Sie können sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken (synergistische Wirkung)
  • Sie können sich gegenseitig in ihrer Wirkung abschwächen (antagonistische Wirkung).

In Lebensmitteln treten Pflanzenschutzmittelrückstände normalerweise in sehr geringen Konzentrationen auf, die weit unterhalb der Schwelle liegen, ab der die Einzelsubstanzen eine Wirkung auf die Gesundheit haben (Effektschwelle). Es ist davon auszugehen, dass in diesem niedrigen Konzentrationsbereich vorwiegend additive Wirkungen für die Bewertung eines gesundheitlichen Risikos von Mehrfachrückständen relevant sind. Synergistische und antagonistische Wirkungen können nach derzeitigem Stand des Wissens vernachlässigt werden.

Mit welchem Ergebnis wurden bisher Überwachungsproben mit Mehrfachrückständen bewertet?

Erfahrungen des BfR und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) haben gezeigt, dass bei der Bewertung von Lebensmittelproben, die Mehrfachrückstände enthielten, viele Stoffe nur in sehr geringen Konzentrationen auftraten und der Gesamtrückstand in der Regel von einem Wirkstoff dominiert wurde. Enthielten Proben mehrere Wirkstoffe in annähernd gleichen Konzentrationen, führte die gemeinsame Bewertung dieser Stoffe in der Regel zu keinem grundlegend anderen Ergebnis als die Einzelstoffbewertung.

Wer überwacht die Einhaltung der Rückstandshöchstgehalte für Lebensmittel?

Wer gewerblich Lebensmittel an Verbraucher abgibt, ist verpflichtet, die Einhaltung der Rückstandshöchstgehalte in den Lebensmitteln zu garantieren. Handelsunternehmen führen in der Regel selbst interne Qualitätskontrollen durch. Die amtliche Lebensmittelüberwachung der Bundesländer überprüft in umfangreichen Überwachungsprogrammen, ob die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und Verbraucher ausreichend geschützt sind.

Wo kann ich mich über geltende Rückstandshöchstgehalte und genehmigte Wirkstoffe informieren?

Aktuelle Informationen werden von der Europäischen Kommission über das Internet zur Verfügung gestellt unter: http://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/eu-pesticides-database/public/.

Wie werden die Risiken durch Pflanzenschutzmittelrückstände in Lebensmitteln von Verbrauchern eingeschätzt?

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher gehen davon aus, dass in Lebensmitteln keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthalten sein dürfen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung zur Thematik „Pflanzenschutzmittel-Rückstände in Lebensmitteln“, die im Auftrag des BfR durchgeführt wurde.

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln werden von Verbrauchern als relativ großes gesundheitliches Risiko angesehen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei Einhaltung der zulässigen Rückstandshöchstgehalte allerdings nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich. Dem BfR liegen zudem keine Meldungen vor, dass es durch Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen wäre. Vor diesem Hintergrund informiert das BfR die Verbraucher kontinuierlich, um ihnen eine realistische Einschätzung des Risikos zu ermöglichen. Hierzu arbeitet das BfR mit einer Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppen und Multiplikatoren zusammen.

Wie beurteilt das BfR die Initiativen des Lebensmitteleinzelhandels zur Verringerung von Pflanzenschutzmittelrückständen auf Lebensmitteln?

Von Lebensmitteln geht bei Einhaltung der gesetzlich geltenden Höchstgehalte für Pflanzenschutzmittelrückstände nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand kein Risiko für die Gesundheit aus. Ungeachtet dessen erteilen einige Handelsketten ihren Lieferanten zusätzliche Auflagen für maximale Rückstandsgehalte von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln, die weitaus strenger sind als die gesetzlichen Vorgaben (so genannte Sekundärstandards).

Grundsätzlich begrüßt das BfR alle Bemühungen, die zu einer Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft und zu einer Verminderung von Rückständen auf Lebensmitteln beitragen. Das BfR sieht aber die Gefahr, dass die Sekundärstandards unerwünschte Folgen für den Umgang mit Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft haben können. Der bewusste Verzicht auf einen Wirkstoffwechsel (mit dem Ziel, die Gesamtzahl nachweisbarer Wirkstoffe im Lebensmittel möglichst gering zu halten) kann zum vermehrten Auftreten von Resistenzen bei den Schaderregern führen. Diese können dann nicht mehr oder nur noch sehr schwer bekämpft werden. Erzeuger sehen sich zur Verminderung von Rückständen im Erntegut auch zunehmend gezwungen, Pflanzenschutzmittel vorbeugend und früh in der Vegetationsperiode einzusetzen anstatt bedarfs- und situationsbezogen, was dann nicht mehr der „guten landwirtschaftlichen Praxis“ entspricht.

Die Etablierung von Sekundärstandards kann zudem zu einer Verunsicherung der Verbraucher führen, die das Vertrauen in die gesetzlichen Regelungen und behördlichen Risikobewertungen verlieren.

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