Fragen und Antworten zu Lebensmittelbetrug und Authentizitätsprüfung

FAQ des BfR vom 22. Februar 2016

Die analytische Überprüfung der Echtheit (Authentizität) von Lebens- und Futtermitteln ist ein fundamentaler Aspekt im Rahmen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befasst sich daher mit der Entwicklung, Validierung und Bewertung analytischer Strategien und Verfahren zur Authentizitätsprüfung - der Feststellung der Zusammensetzung und Herkunft von Lebens- und Futtermitteln.

Im Folgenden hat das BfR Fragen und Antworten zum Thema Lebensmittelbetrug und Authentizitätsprüfung zusammengestellt. Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie auf der Webseite des BfR unter

http://www.bfr.bund.de/de/produktidentitaet_und_rueckverfolgbarkeit-62072.html.

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Was versteht man unter Lebensmittelbetrug?

Derzeit gibt es in der europäischen Gesetzgebung noch keine einheitliche rechtliche Definition des Begriffs „Lebensmittelbetrug“. Im Allgemeinen versteht man unter Lebensmittelbetrug das vorsätzliche Inverkehrbringen von Lebensmitteln mit der Absicht, durch Verbrauchertäuschung einen finanziellen Gewinn zu erzielen. Erreicht wird dies zum einen durch unerlaubte Zusätze, die zu einer Änderung der Zusammensetzung des Lebensmittels führen oder durch bewusste Falschdeklaration, d. h. die absichtliche Verwendung falscher oder das Weglassen von Angaben auf dem Etikett.

Was sind die häufigsten Arten von Lebensmittelbetrug?

Grundsätzlich ist zwischen verschiedenen Formen von Lebensmittelbetrug zu unterscheiden, die oft miteinander einhergehen:

  1. Zusatz eines lebensmittelfremden - exogenen - Stoffes zur Vortäuschung einer besseren Qualität oder zur Streckung,
  2. Zusatz eines im Lebensmittel bereits enthaltenen - endogenen - Stoffes zur Streckung oder zur Vortäuschung einer höheren Qualität,
  3. Verschnitt von verschiedenen - geographischen und/oder botanischen/tierischen - Herkünften ohne entsprechende Kennzeichnung,
  4. Anwendungen nicht gekennzeichneter oder nicht erlaubter Herstellungsprozesse,
  5. Falschdeklaration. Als Folge von Lebensmittelbetrug ergeben sich regelmäßig falsche Angaben oder Auslobungen auf dem Etikett.

Eine erste Abschätzung der häufigsten Arten von Lebensmittelbetrug kann dem ersten Bericht des neu gegründeten Lebensmittelbetrug-Netzwerks der Europäischen Kommission (Food Fraud Network Activity Report) entnommen werden. In 2014 wurden demnach 60 Fälle ausgewertet und folgende Arten von Lebensmittelbetrug in der Europäischen Union festgestellt (in Prozent der gemeldeten Fälle):

  • Fehlerhafte Etikettierung, z. B. hinsichtlich des Mindesthaltbarkeitsdatum: 25 %
  • Gefälschte Zertifizierung, z. B. Vortäuschung einer höheren Qualität: 22 %
  • Ersatz-Inhaltsstoffe, z. B. Verwendung von Pferde- statt Rindfleisch: 17 %
  • Verbotene Inhaltsstoffe: 10 %
  • Verbotene Verarbeitung und/oder Prozesse: 8 %
  • Verbotene, für den menschlichen Verzehr ungeeignete Produkte: 7 %
  • Produkt- /Markenfälschung: 5 %
  • Andere: 5 %

(Quelle: http://ec.europa.eu/food/safety/docs/official-controls_food-fraud_network-activity-report_2014.pdf)

Welche Lebensmittelgruppen sind besonders von Betrug betroffen?

Systematische Auswertungen zum Umfang von „Food Fraud“ fehlen bislang. Hinweise zu den global am häufigsten betroffenen Lebensmitteln findet man in der Food Fraud Datenbank der U.S. Pharmacopeial Convention (http://www.usp.org/food-ingredients/food-fraud-database). Dieser Ansatz orientiert sich allerdings an der Anzahl von „berichteten“ Verfälschungen und nicht am Volumen der verfälschten Produkte, wobei hier zwischen Handelsvolumen und Marktwert zu differenzieren ist. Olivenöl, Milch, Honig, Safran, Orangensaft, Kaffee, Apfelsaft und Wein zählen zu den Lebensmitteln, über die am meisten berichtet wurde. In Deutschland fehlen derzeit flächendeckende, aussagekräftige Daten zu Betrug in bestimmten Lebensmittelbranchen.

Welches gesundheitliche Risiko geht von Lebensmittelbetrug aus?

Es treten immer wieder Fälle von Verfälschungen auf, die für Verbraucher gesundheitliche Risiken zur Folge haben können. Derartige Vorkommnisse in der Vergangenheit beruhten auf dem Zusatz von minderwertigen oder gar verbotenen Stoffen. Bekannte Beispiele sind das Hinzufügen von Frostschutzmitteln zu Wein oder Sudanrot-Farbstoffen zu Gewürzen. Vor dem Hintergrund der Globalisierung des Handels sieht das BfR gerade im Bereich des Zusatzes von lebensmittelfremden Stoffen eine mögliche gesundheitliche Gefährdung.

Nicht jeder Lebensmittelbetrug führt zu gesundheitlichen Auswirkungen. So etwa hatte die jüngste, nicht deklarierte Verwendung von Pferdefleisch in Rinderfleischprodukten keine gesundheitlichen Konsequenzen. Produkte mit falsch deklarierten Inhaltsstoffen oder unbekannter geographischer Herkunft können insbesondere im Krisenfall mit einem erhöhten Risiko behaftet sein. Denn nur wenn ein lückenloser Nachweis aller Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen - einschließlich der Kennzeichnung - vorliegt, kann im Krisenfall (z. B. BSE) die Identifizierung und Rücknahme von bestimmten Waren schnell und effektiv vorgenommen werden. Die analytische Überprüfung der Authentizität sowie die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit sind somit fundamentale Aspekte des gesundheitlichen Verbraucherschutzes.

Was versteht man unter Authentizitätsprüfung?

Unter Authentizitätsprüfung versteht man die analytische Überprüfung der Echtheit von Lebens- und Futtermitteln mit Blick auf deren Zusammensetzung sowie deren Herkunft (z.B. Typ, Region, Produktion). Mittels verschiedener chemisch-analytischer als auch Dokumenten-basierter Strategien und Verfahren wird die Authentizität des Produkts festgestellt, das heißt ob das Lebens- oder Futtermittel tatsächlich dem entspricht, was vom Hersteller gekennzeichnet wurde.

Welche analytischen Verfahren der Authentizitätsprüfungen von Lebens- und Futtermitteln gibt es?

Der Ursprung der chemisch-analytischen Untersuchung von Lebensmitteln ist in der Aufdeckung von Verfälschungen begründet. Es gibt heutzutage eine Vielzahl von Verfahren, die zur Überprüfung der Authentizität eingesetzt werden. Diese Techniken umfassen klassische nasschemische Ansätze, moderne instrumentelle Techniken und molekularbiologische Methoden. Der Nachweis einer Verfälschung erfolgt oft über sogenannte Marker-Verbindungen, die für den Nachweis eines Verschnitts, einer Beimengung, charakteristisch sind. Beispiele dafür sind:

  • der Nachweis von Pferdefleisch in Rindfleischprodukten mit der PCR-Analytik,
  • der Nachweis eines Zusatzes von technischem Glycerin zu Wein (Glycerin ist ein natürlicher Inhaltsstoff von Wein. Der Zusatz von technischem Glycerin kann über die Begleitstoffe 3-Methylpropanol und cyclische Diglyceride festgestellt werden, die sonst nicht in Wein auftreten.).

Eine Schwierigkeit beim Nachweis von Verfälschungen ist die Tatsache, dass üblicherweise nur das gefunden werden kann, was gesucht wird. D. h. ein Lebensmittel wird auf verschiedene bereits bekannte Verfälschungen bzw. deren Abwesenheit geprüft. Unbekannte Zusätze können dabei übersehen werden. Ein Beispiel dafür ist der Zusatz von Melamin zu Milchprodukten zur Vortäuschung eines höheren Proteingehalts, so wie er 2009 in China aufgetreten ist. Der Proteingehalt in Milchprodukten wird üblicherweise über das sogenannte Kjeldahl-Verfahren bestimmt, bei dem der Gesamtstickstoffgehalt in der Probe erfasst wird. Ob der Stickstoff dabei aus den Milchproteinen oder organischen N-haltigen Chemikalien wie Melamin stammt, ist bei diesem Verfahren nicht unterscheidbar.

Neuere Ansätze beinhalten daher auch sogenannte nicht-zielgerichtete Verfahren, die es grundsätzlich ermöglichen, nicht bekannte Verfälschungen, insbesondere unerwartete Zusätze, zu erkennen. Bei den nicht-zielgerichteten Analyseverfahren wird ein charakteristischer Fingerabdruck eines Lebens- oder Futtermittels aufgenommen und in einer Referenzbibliothek geprüft, ob es sich um das gekennzeichnete Lebens- oder Futtermittel handelt oder nicht. Die mögliche Identifizierung vielfältiger Abweichungen vom erwarteten Erzeugnis bspw. in Form von etwaigen Verfälschungen ist aus Sicht des BfR besonders hervorzuheben, weil so auch gesundheitlich bedenkliche bzw. sicherheitsrelevante Verfälschungen detektiert werden können. Auf diese Weise sollen zukünftig auch analytisch anspruchsvolle Fragestellungen, wie die der geographischen Herkunft von Produkten, beantwortet werden können.

Wie kann ich mich vor Lebensmittelbetrug schützen?

Die Verfälschung von Lebens- und Futtermitteln stellt eine komplexe Problematik dar und ist mitunter auch analytisch nur sehr schwer feststellbar. Verbraucher haben selbst kaum die Möglichkeit, Lebensmittelbetrug zu erkennen. In Deutschland führt die amtliche Lebens- und Futtermittelüberwachung auf Länderebene umfangreiche Untersuchungen zur Feststellung der Authentizität durch. Auf Bundesebene ist am Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die Nationale Kontaktstelle für Lebensmittelbetrug für das Food Fraud Network, einem europäischen Netzwerk zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug, eingerichtet. Über ein von der Europäischen Kommission verwaltetes elektronisches System zur Amtshilfe und Zusammenarbeit wird über diese Kontaktstelle etwa bei länderübergreifenden Fällen von Lebensmittelbetrug ein Informationsaustausch mit anderen Europäischen Mitgliedstaaten sichergestellt. Darüber hinaus befasst sich das BfR mit der Entwicklung, Validierung und Bewertung neuer analytischer Strategien und Verfahren zur Identitäts- und Authentizitätsprüfung, die einen verbesserten gesundheitlichen Verbraucherschutz ermöglichen sollen.



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