Fragen und Antworten zur Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Glyphosat

FAQ des BfR vom 1. März 2016

Glyphosat ist weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln. Glyphosat wird wie jeder andere Pflanzenschutzmittelwirkstoff im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung turnusmäßig hinsichtlich seiner Risiken für Gesundheit und Umwelt sowie seiner Wirksamkeit neu bewertet. Berichterstatter für die gemeinschaftliche Prüfung und Bewertung von Glyphosat ist Deutschland. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde im Verfahren der Neubewertung mit der Bewertung des gesundheitlichen Risikos des Wirkstoffes und einer Beispielformulierung beauftragt. Für die gesundheitliche Bewertung hat das BfR mehr als 1000 Studien, Dokumente und Veröffentlichungen geprüft und ausgewertet. Inzwischen wurde das wissenschaftliche Bewertungsverfahren zum Wirkstoff Glyphosat auf der europäischen Ebene abgeschlossen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihre Schlussfolgerung (EFSA Conclusion) zur Risikobewertung an die Europäische Kommission und an die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union übergeben und hat damit den Entscheidungsprozess des Risikomanagements eingeleitet. Die EFSA hat den überarbeiteten Bewertungsbericht (Renewal Assessment Report) einschließlich der zugehörigen Ergänzungen nach Auswertung der öffentlichen und fachlichen Konsultationen (Peer Review Report) und das BfR-Addendum zur Bewertung der IARC-Monographie auf ihrer Homepage unter www.efsa.europa.eu veröffentlicht.

Die Dokumente können eingesehen werden unter:

Aufgrund der breiten öffentlichen Diskussion hat das BfR Fragen und Antworten zu Glyphosat und glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln und ihrer gesundheitlichen Bewertung erarbeitet.

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Was ist Glyphosat?

Glyphosat (chemische Bezeichnung: N-(Phosphonomethyl)glycin) ist weltweit einer der am meisten eingesetzten Wirkstoffe in Pflanzenschutzmitteln, die zur Verhinderung von unerwünschtem Pflanzenwuchs im Kulturpflanzenbau oder zur Abtötung von Pflanzen oder Pflanzenteilen verwendet werden. Diese Mittel werden als Herbizide oder umgangssprachlich als "Unkrautbekämpfungsmittel" bezeichnet.

Wie wirkt Glyphosat in Pflanzen?

Glyphosat hemmt das Enzym 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat (EPSP)-Synthetase, das in Pflanzen für die Biosynthese der Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan essenziell ist. Dieses Enzym kommt bei Tieren und beim Menschen nicht vor.

Wozu wird Glyphosat eingesetzt?

Glyphosat wird in der Landwirtschaft und im Gartenbau zur Bekämpfung von Wildkräutern (Unkraut) verwendet. Beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen mit einer Glyphosatresistenz wird der Wirkstoff außerhalb der Europäischen Union auch angewandt, um konkurrierende Wildkräuter zu bekämpfen.

Welche Eigenschaften zeigte Glyphosat in toxikologischen Studien?

Glyphosat wird nach oraler Verabreichung zu etwa 20 % aus dem Magen-Darm-Trakt absorbiert und innerhalb von 7 Tagen wieder nahezu vollständig ausgeschieden. In Tierversuchen zeigt Glyphosat eine geringe akute Toxizität nach einmaliger oraler, dermaler oder inhalativer Verabreichung. Glyphosat ist augenreizend, aber nicht hautreizend oder sensibilisierend/allergen.

Bei wiederholter Verabreichung von Glyphosat kam es in Dosierungen oberhalb des NOAEL (No-observed adverse effect level) zu Veränderungen der Speicheldrüsen und Wirkungen auf die Leber und den Blinddarm, außerdem traten schleimhautreizende Effekte im Magen-Darm-Trakt und in der Harnblase sowie Linsentrübung der Augen auf. In allen Studien konnte ein klarer NOAEL, d.h. eine höchste Dosis, bei der keine gesundheitlich schädigenden Wirkungen auftreten, festgestellt werden.

Geht von Glyphosat ein Risiko aus, für den Menschen krebserregend zu sein?

Das BfR kommt nach Prüfung aller bislang vorliegenden Studien, Dokumente und Veröffentlichungen einschließlich der Glyphosat-Monographie der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO (IARC) zu dem Ergebnis, dass nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist. Diese Auffassung vertreten mit einer Ausnahme (Schweden) auch die Experten aus den EU- Mitgliedstaaten und die EFSA in der nunmehr veröffentlichten Schlussfolgerung (EFSA - Conclusion) im laufenden Verfahren der EU-Wirkstoffprüfung zur weiteren Genehmigung von Glyphosat als Wirkstoff für Pflanzenschutzmittel.

Verursacht Glyphosat Missbildungen?

Studien an Ratten und Kaninchen ergaben, dass Glyphosat nach den in Europa gesetzlichen Bestimmungen der CLP-Verordnung nicht als entwicklungstoxisch oder teratogen einzustufen ist. Nach Verabreichung sehr hoher Dosierungen an trächtige Kaninchen, traten vereinzelt Anomalien bei den Nachkommen auf. Da diese Effekte jedoch auf Dosierungen beschränkt waren, in denen die Kaninchen bereits deutliche Vergiftungssymptome und Mortalität zeigten, wurde aus diesen Befunden - entsprechend den international anerkannten Bewertungsprinzipien - kein Risiko für Entwicklungsstörungen bei Menschen abgeleitet.

Nicht nur die Experten der EU sind in der EFSA - Conclusion zu dem Schluss gekommen, dass Glyphosat nicht frucht- oder entwicklungsschädigend beim Säuger, einschließlich des Menschen ist. Diese Auffassung vertreten auch das wissenschaftliche Gremium Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO und die US-Umweltbehörde EPA.

Auf welcher Basis wird Glyphosat von den Bewertungsbehörden als nicht entwicklungsschädigend bewertet?

Die Prüfung auf entwicklungstoxische Eigenschaften von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben an zwei Säugerspezies (Ratte, Kaninchen); für diese Spezies liegen deshalb die umfangreichsten Erfahrungen hinsichtlich der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen vor. Die Prüfsubstanz wird den Muttertieren normalerweise oral verabreicht, bei entsprechender Exposition des Menschen kann aber auch die Verabreichung über die Haut oder die Atemluft begründet sein. Die international verbindlichen Prüfrichtlinien schreiben vor, dass die höchste Dosierung bei den Muttertieren nur leichte toxische Effekte auslösen soll, da eine embryo- oder fetotoxische Wirkung auch infolge maternaler Toxizität, verminderter Wasser- oder Futteraufnahme, Stress, spezifischen Nahrungsmangels oder anderer unspezifischer Einflüsse auftreten kann. Dem Einfluss dieser Faktoren auf die Fruchtentwicklung ist deshalb besondere Beachtung zu schenken, denn es ist für die Bewertung der Befunde und die gefahrstoffrechtliche Einstufung des Stoffes entscheidend, ob die embryo- oder fetotoxische Wirkung bei einer Dosis mit oder ohne ausgeprägte maternale Toxizität auftritt.

Wie sind die Glyphosat-Studien an Krallenfröschen und Hühnern einzuschätzen?

Auch wenn es grundsätzlich möglich ist, bestimmte entwicklungstoxische Effekte von chemischen Stoffen in Versuchen an Frosch- oder Hühnerembryonen zu erkennen, so sind sie dennoch nicht als Testsysteme in der human-toxikologischen Prüfung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und anderen Chemikalien validiert, d.h. hinsichtlich ihrer Aussagefähigkeit, Praktikabilität und Wiederholbarkeit der Ergebnisse geprüft und von der EU und internationalen Organisationen (wie der OECD) anerkannt. Aus diesem Grunde können die Ergebnisse solcher Studien nur mit Einschränkungen für die gesundheitliche Risikobewertung verwendet werden.

Bei den von Professor Carrasco (Universität Buenos Aires) durchgeführten Untersuchungen an Frosch- oder Hühnerembryonen ist zu berücksichtigen, dass die Testsubstanzen direkt an die Nachkommen, d.h. durch Beimischung ins Nährmedium bzw. durch Injektion ins Hühnerei, verabreicht wurden. Die Richtlinien für die Toxizitätsprüfung von Chemikalien schreiben jedoch vor, dass die Testsubstanz den Muttertieren oral bzw. über die Haut oder die Atemluft verabreicht werden soll, d.h. die Nachkommen werden abhängig vom Übergang der Testsubstanz durch die Plazenta exponiert.

Ist Glyphosat der einzige Bestandteil glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel?

Pflanzenschutzmittel werden in unterschiedlichen Zusammensetzungen (sogenannten Formulierungen) ausgebracht. Diese Formulierungen bestehen aus dem Wirkstoff und verschiedenen Beistoffen. Glyphosat wird in Pflanzenschutzmitteln neben wässrigen Formulierungen auch in Kombination mit bestimmten Beistoffen, die als Netzmittel (Surfactants) wirken, eingesetzt. Die herbizide Wirkung von Glyphosat wird besonders durch den Zusatz solcher Netzmittel gezielt verstärkt. Sie begünstigen das Eindringen von Glyphosat in die Pflanzen und sind teilweise toxischer als der Wirkstoff. Die Gesamtwirkung aller Bestandteile von Pflanzenschutzmitteln wird erst im Nachgang zum Genehmigungsverfahren der Wirkstoffe für jedes Pflanzenschutzmittel separat in einem Zulassungsverfahren durch die betroffenen Mitgliedsstaaten bewertet.

Wie sind die toxikologischen Eigenschaften bestimmter Beistoffe in glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zu bewerten?

Bestimmte Netzmittel, wie z. B. POE-Tallowamine (polyethoxylierte Alkylamine), haben eine höhere Toxizität als Glyphosat, die vorrangig auf einer Reizwirkung beruht. Auf die Effekte dieser Substanzen werden die bekannt gewordenen Vergiftungsfälle beim Menschen nach irrtümlicher oder beabsichtigter (suizidaler) oraler Aufnahme größerer Mengen glyphosathaltiger Herbizide sowie die im Vergleich zum Wirkstoff höhere Toxizität einiger Pflanzenschutzmittel bei Versuchstieren zurückgeführt. Das in Deutschland für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat die Zulassungsinhaber von entsprechenden Pflanzenschutzmitteln zu einem Austausch der POE-Tallowamine gegen andere Netzmittel aufgefordert, der mittlerweile bereits erfolgt ist.

Dürfen Glyphosatrückstände in Lebensmitteln nachweisbar sein?

Wie für andere genehmigte Pflanzenschutzmittelwirkstoffe sind von der Europäischen Kommission auch für Glyphosat Rückstandshöchstgehalte in Lebensmitteln festgelegt. Die Rückstandshöchstgehalte beziehen sich immer auf eine Wirkstoff/Kultur-Kombination und berücksichtigen die jeweilige Anwendungsart. Die Höhe der erlaubten Rückstände wird auf Basis von Rückstandsversuchen ermittelt, die nach den Regeln der guten landwirtschaftlichen Praxis durchgeführt werden. Die gesundheitlichen Grenz- oder Referenzwerte dürfen durch die festgelegten Rückstandshöchstgehalte auch bei Vielverzehrern bestimmter Lebensmittel nicht überschritten werden. Für Glyphosat sind folglich je nach Kultur und Anwendungsart unterschiedliche Rückstandshöchstgehalte festgelegt. Der Rückstandshöchstgehalt für den Einsatz als Mittel zur Bekämpfung von Wildkräutern in Getreidekulturen liegt zum Beispiel für Buchweizen und Reis bei 0,1 mg pro Kilogramm Erntegut. Wird Glyphosat zur Vorerntebehandlung (Sikkation) eingesetzt, dann gilt für Weizen und Roggen beispielsweise ein Rückstandshöchstgehalt von 10 mg pro Kilogramm Erntegut.

Kann Glyphosat über tierische Lebensmittel wie Milch und Milchprodukte vom Menschen aufgenommen werden?

Der Übergang von Glyphosat aus Futtermitteln in die Milch von Kühen wurde bisher nicht nachgewiesen. In einer Fütterungsstudie an Kühen, bei der Glyphosat und der Metabolit AMPA (Aminomethylphosphonsäure) verabreicht wurden, ist selbst in der höchsten Dosis, die weit über den unter praxisrelevanten Bedingungen zu erwartenden Konzentrationen in Futtermitteln lag, die Ausscheidung über die Milch sehr gering.

Was bedeutet es, wenn Glyphosat und sein Metabolit AMPA (Aminomethylphosphonsäure) im Urin von Menschen und Tieren nachgewiesen wurde?

Glyphosat ist ein zugelassener Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln zur Unkrautbekämpfung und zur Sikkation (Vorerntebehandlung). Rückstände in Lebensmitteln und Futtermitteln bis zum erlaubten Rückstandshöchstgehalt sind daher zulässig. Menschen und Tiere können folglich über Lebensmittel und Futtermittel geringe Mengen an Glyphosat aufnehmen. Da Glyphosat vom Körper schnell wieder ausgeschieden wird, ist zu erwarten, dass Spuren des Wirkstoffes im Urin von Menschen und Tieren nachzuweisen sind. Die bisher nachgewiesenen Glyphosatkonzentrationen im Urin weisen jedoch nicht auf eine gesundheitlich bedenkliche Belastung von Anwendern oder Verbrauchern mit Glyphosat hin.

Das BfR hat hierzu eine Übersicht nach Auswertung von Studien aus Europa und den USA veröffentlicht, in denen Urinproben auf Glyphosatrückstände hin untersucht worden sind (http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00003-014-0927-3#page-1).

Landwirtschaftliche Nutztiere können aufgrund der Rückstände in Futtermitteln größere Mengen von Glyphosat im Urin ausscheiden als Menschen. Dies geht aus Untersuchungen an deutschen und dänischen Milchkühen hervor. Die wenigen bislang vorliegenden Daten zeigen, dass auch hier die abgeschätzte Aufnahme deutlich unter den Konzentrationen lag, die in toxikologischen Studien Effekte hervorriefen, und somit keine gesundheitliche Gefährdung anzunehmen ist.

Weitere Informationen zur Frage des Nachweises von Glyphosat in Urin sind auch in derAntwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag vom 1. Juli 2013 nachzulesen.

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/142/1714291.pdf

Kann sich Glyphosat im Körper anreichern und in die Muttermilch übergehen?

Das BfR geht nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand davon aus, dass aufgrund der physikalisch-chemischen Eigenschaften von Glyphosat, insbesondere hinsichtlich seiner Löslichkeitseigenschaften, keine Anreicherung im Fettgewebe stattfindet, die zu einem Übergang dieses Wirkstoffes in die Muttermilch führt. Trotz einer Vielzahl von Studien gibt es keine gesicherten Hinweise auf eine Anreicherung im Organismus. Die Nationale Stillkommission und das BfR weisen darauf hin, dass Muttermilch nach wie vor die beste Nahrung für Säuglinge ist. Mütter sollten sich nicht verunsichern lassen und wie bisher stillen.

In einer Mitteilung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wurde berichtet, dass in Proben von Urin und Muttermilch erhöhte Werte von Glyphosat festgestellt wurden. Wie bewertet das BfR diese Messungen?

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 25. Juni 2015 berichtet, dass ein Labor in 16 Muttermilchproben den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat gefunden hat, und die Ergebnisse als „sehr besorgniserregend“ bezeichnet. Eine große Zahl von Müttern wurde durch die Studie sehr verunsichert.

Für die Untersuchung der 16 Muttermilchproben auf Glyphosat hatte das Prüfungslabor als Nachweisverfahren einen sogenannten ELISA-Test verwendet. Die Glyphosat-Konzentrationen in den Proben sollen zwischen 0,21 und 0,43 ng/mL gelegen haben. Der Hersteller des ELISA-Tests gibt für den Nachweis von Glyphosat in Milch mit dieser Methode allerdings eine Empfindlichkeit von nur 75 ng/mL an. Zudem wurden die positiven Befunde in Muttermilch nicht durch ein unabhängiges Analyseverfahren bestätigt. Das BfR äußerte deshalb wissenschaftliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ergebnisse und gab eine eigene Studie in Auftrag, um valide Ergebnisse zu erzielen. Aus den vorliegenden Daten ging außerdem nicht hervor, ob der Test vorher für alle untersuchten Matrices (Muttermilch, Urin) validiert worden ist. Dies wäre für eine belastbare Aussage erforderlich. Die in der Muttermilch gemessenen Werte sind daher weder ein Indiz für eine Akkumulation des Wirkstoffes im Körper noch für eine Gesundheitsgefährdung.

Warum untersucht das BfR mit Hilfe einer eigenen Studie Muttermilch auf Glyphosat?

Nach dem in den Medien berichteten Befund von Glyphosat in 16 Muttermilchproben fragten besorgte Mütter beim BfR an, um sich über das Risiko durch Glyphosatgehalte in Muttermilch zu informieren. Das BfR äußerte wissenschaftliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ergebnisse und gab eine eigene Studie in Auftrag, um valide Ergebnisse zu erzielen.

Wie sind die 2014 veröffentlichten Studien aus den USA zu bewerten, die Glyphosat in der Muttermilch nachweisen?

Nach Kenntnis des BfR beruhen diese Nachrichten auf einer einzigen und von der Stichprobengröße her nicht-repräsentativen Studie, die im Auftrag von zwei US-amerikanischen Nicht-Regierungsorganisationen (“Moms Across America” und ”Sustainable Pulse”) von einem Labor in St. Louis ebenfalls mittels der ELISA-Technik durchgeführt und von Honeycutt und Rowlands (2014) im Internet veröffentlicht worden ist. Untersucht wurden Milchproben von zehn stillenden Müttern. In drei Proben war die vom Labor angegebene Nachweisgrenze von 75 Mikrogramm (µg) pro Liter (L) überschritten, wobei der „Spitzenwert“ bei 166 µg pro L gelegen haben soll. Diese vorläufigen Messdaten sind weder repräsentativ noch hinreichend abgesichert oder plausibel.

Wie kann nach den gesetzlichen Bestimmungen kontrolliert werden, dass Pflanzenschutzmittel bestimmungsgemäß angewendet werden?

Grundsätzlich bezieht sich jede Bewertung von Risiken immer auf den bestimmungsgemäßen oder absehbaren Gebrauch. Dass durch Missbrauch, fahrlässige oder falsche Anwendungen nicht abzuschätzende Risiken entstehen können, ist offensichtlich. Im Bereich Pflanzenschutzmittel hat der Gesetzgeber deswegen verschiedene Kontrollen vorgesehen. Die Kontrolle der bestimmungsgemäßen Anwendung ist aber nicht Aufgabe des BfR als Risikobewertungsbehörde, sondern verantwortlich sind hier die zuständigen Managementbehörden. Dies sind laut Pflanzenschutzgesetz (PflSchG) die Länderbehörden. Für den Fall der Nichteinhaltung der Bestimmungen sind im Abschnitt 13 des PflSchG entsprechende Straf- und Bußgeldvorschriften enthalten. Nach PflSchG ist auch vorgeschrieben, dass eine großflächige Anwendung ausschließlich nur durch qualifizierte Fachleute mit einem Sachkundenachweis erfolgen darf, die regelmäßig eine entsprechende Weiterbildung wahrnehmen müssen.

Damit auch im Privatbereich eine bestimmungsgemäße Anwendung erfolgt, ist im PflSchG eine Beratungspflicht der Händler beim Verkauf von Pflanzenschutzmitteln vorgeschrieben. Die Überwachungsbehörden kontrollieren, ob diese Vorschrift vom Handel eingehalten wird. Zudem sind die Anwendungsbestimmungen und die vollständigen Bewertungsberichte auf der Webseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zu finden.

http://www.bvl.bund.de/DE/04_Pflanzenschutzmittel/01_Aufgaben/02_ZulassungPSM/02_Zulassungsberichte/psm_zulassungsberichte_node.html

Warum wurden bei der Neubewertung von Glyphosat der ADI und der AOEL geändert?

ADI steht für „Acceptable Daily Intake“ (duldbare tägliche Aufnahmemenge) und gibt die Menge eines Stoffes an, die ein Verbraucher täglich und ein Leben lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen kann. Der ADI-Wert wird zur Bewertung des chronischen Risi-kos für Verbraucher verwendet.

AOEL steht für „Acceptable Operator Exposure Level“ und gibt die zulässige Expositionshöhe für Anwender während der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln an, bei der kein erkennbares Gesundheitsrisiko besteht.

Im Rahmen der Neubewertung von Glyphosat wurden zahlreiche neue toxikologische Studien vorgelegt und überprüft, die weit über die geforderte Anzahl von Tierversuchen hinausgehen und die bei der ursprünglichen Bewertung nicht vorlagen. Die Festlegung des ADI und des AOEL erfolgte bei der Neubewertung des Wirkstoffes unter Einbeziehung aller zur Verfügung stehenden Studien und Informationen.

Warum wurde bei der Neubewertung von Glyphosat zusätzlich eine akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD) abgeleitet?

ARfD steht für „Akute Referenzdosis“ und gibt die Menge eines Stoffes an, die Verbraucher bei einer Mahlzeit oder bei mehreren Mahlzeiten über einen Tag ohne erkennbares Gesundheitsrisiko mit der Nahrung aufnehmen können. Die ARfD stellt somit einen Grenzwert für die Risikobewertung mit Bezug auf eine Kurzzeit-Exposition von Verbrauchern dar.

Im Rahmen der Neubewertung von Glyphosat wurden alle vorliegenden toxikologischen Studien in Hinsicht auf gesundheitsschädliche Effekte nach einmaliger oder kurzzeitiger Exposition überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass in den Studien zur Entwicklungstoxizität an Kaninchen bei den Muttertieren schwerwiegende Effekte (Mortalität und Post-Implantationsverlust) bei vergleichsweise niedrigen Dosierungen (ab 100 mg/kg Körpergewicht pro Tag) auftreten können. Aus diesem Grunde wurde eine ARfD von 0,5 mg/kg Körpergewicht abgeleitet. Diese basiert auf dem NOAEL (No Observed Adverse Effect Level) von 50 mg/kg Körpergewicht, d.h. auf der höchsten Dosis, bei der im Rahmen dieser Studie noch kein toxischer Effekt beobachtet wurde, und einem Sicherheitsfaktor von 100.

Welche Konsequenzen ergeben sich aus der zusätzlich abgeleiteten ARfD für die Risikobewertung?

Während die Bewertung eines chronischen Gesundheitsrisikos für Verbraucher auf mittleren Konzentrationen eines Stoffes in Lebensmitteln beruht, die in tagesüblicher Menge verzehrt werden (chronische Exposition), bewertet man bei Stoffen, für die eine ARfD abgeleitet wurde, zusätzlich, ob akute Gesundheitsrisiken bestehen. Hierzu wird der kritischere Fall betrachtet, dass einmalig große Mengen eines hoch belasteten Lebensmittels aufgenommen werden (akute Exposition). Die bisherige Risikobewertung für Glyphosat wurde daher entsprechend erweitert, um sowohl das chronische als auch das akute Gesundheitsrisiko umfassend bewerten zu können.

Wie viel Glyphosat nehmen Verbraucher über Lebensmittel auf?

Das BfR ist derzeit dabei, die deutschen Lebensmittelmonitoringdaten der vergangenen sechs Jahre auszuwerten, um Aussagen zur durchschnittlichen Exposition von Verbrauchern gegenüber Pflanzenschutzmittelrückständen treffen zu können. Die Auswertungen sind noch nicht abgeschlossen und derzeit deshalb auch noch nicht nachzulesen. Eine Veröffentlichung nach Abschluss der Arbeiten ist vorgesehen.

Für Glyphosat hat die bisherige Auswertung ergeben, dass über alle Lebensmittel hinweg, die in den vergangenen sechs Jahren im Rahmen des Lebensmittelmonitorings untersucht worden sind, knapp 1400 Proben auf Glyphosat untersucht wurden. Für eine belastbare Aussage zur Exposition der deutschen Bevölkerung ist diese Probenzahl als zu gering einzuschätzen. Insgesamt sind nur in weniger als 4 % der untersuchten Proben Rückstände gefunden worden. Die Glyphosatexposition entspricht auf Grundlage dieser 24 Befunde weniger als 1 % des ADI-Wertes. ADI steht für „Acceptable Daily Intake“ (duldbare tägliche Aufnahmemenge) und gibt die Menge eines Stoffes an, die ein Verbraucher täglich und ein Leben lang ohne erkennbares Gesundheitsrisiko aufnehmen kann. Der ADI-Wert wird zur Bewertung des chronischen Risikos für Verbraucher verwendet.



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