Fragen und Antworten zu Dioxinen und PCB in Lebensmitteln

FAQ des BfR vom 4. Dezember 2018

Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) sind Umweltkontaminanten, die sich aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften vor allem in fettreichen tierischen Lebensmitteln anreichern. Dioxine werden nicht zweckbestimmt hergestellt sondern entstehen als Nebenprodukte vor allem bei Verbrennungsprozessen. Sie können auch bei Waldbränden und Vulkanausbrüchen entstehen.

Im Gegensatz dazu sind PCB zu verschiedenen Zwecken eingesetzt worden, beispielsweise als nicht-brennbare Flüssigkeiten in Wärmeüberträgern, Transformatoren und elektrischen Kondensatoren oder als Weichmacher in Anstrichstoffen, Dichtungsmassen und Kunststoffen. In den meisten Ländern ist es seit den 1980er Jahren verboten, PCB in Verkehr zu bringen.

Menschen nehmen Dioxine und PCB hauptsächlich über tierische Lebensmittel auf.

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Was sind Dioxine?

Der Begriff „Dioxine“ bezieht sich auf zwei Klassen unterschiedlich chlorierter Verbindungen, die aus 75 polychlorierten Dibenzo-p-dioxinen (PCDD) und 135 polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF) bestehen. Dioxine (PCDD/F) haben ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften. Besonders toxisch und gleichzeitig persistent sind die 17 Verbindungen, die in 2,3,7,8-Stellung chloriert sind; sie reichern sich im Fettgewebe von Tieren und Menschen an.

Wie entstehen Dioxine?

Dioxine werden nicht zu bestimmten Zwecken hergestellt, sondern entstehen als Nebenprodukte vor allem bei Verbrennungsprozessen, wenn organische Kohlenstoff-Verbindungen in Anwesenheit von Chlor verbrannt werden und Temperaturen von mindestens 300 Grad auftreten. Sie können auch bei Waldbränden und Vulkanausbrüchen entstehen. Dioxine haften an Staubpartikeln und verbreiten sich auf diese Weise in der Umwelt. Sie wurden und werden nicht zweckbestimmt produziert (ausgenommen in geringen Mengen für wissenschaftliche Zwecke).

Was sind Polychlorierte Biphenyle (PCB)?

Die Stoffgruppe der polychlorierten Biphenyle (PCB) umfasst 209 Substanzen, die sich durch Anzahl und Position der Chloratome am Biphenyl unterscheiden und unterschiedliche (toxische) Eigenschaften haben. Einige PCB-Kongenere zeigen einen den Dioxinen ähnlichen Molekülaufbau und vergleichbare biologische Wirkungen. Sie werden deshalb dioxinähnliche PCB (dl-PCB) genannt. Die restlichen PCB-Kongenere haben keine dioxinähnlichen Eigenschaften, ein anderes toxikologisches Profil und werden als nicht-dioxinähnliche PCB (ndl-PCB) bezeichnet.

Wozu werden PCB verwendet?

PCB sind zu verschiedenen Zwecken eingesetzt worden: Beispielsweise als nicht-brennbare Flüssigkeiten in Wärmeüberträgern, Transformatoren und elektrischen Kondensatoren oder als Weichmacher in Anstrichstoffen, Dichtungsmassen und Kunststoffen. In den meisten Ländern ist es seit den 1980er Jahren verboten, PCB in den Verkehr zu bringen.

Welche Auswirkungen haben Dioxine und dl-PCB auf die Gesundheit?

Dioxine und dioxinähnliche PCB (dl-PCB) sind sehr langlebige Verbindungen. Sie reichern sich im Fettgewebe an und werden nur sehr langsam abgebaut. Als chronische Wirkungen wurden in Tierversuchen Störungen der Reproduktionsfunktionen, des Immunsystems, des Nervensystems und des Hormonhaushalts beobachtet. In diesen tierexperimentellen Studien wiesen männliche Ratten die größte Empfindlichkeit gegenüber Dioxinen auf. Dabei wurden die Entwicklung des Immunsystems und des Genitalapparates bei pränatal gegenüber Dioxinen exponierten Ratten als sehr sensible Endpunkte ermittelt (WHO 2002). Darüber hinaus sind als empfindlichste Zielorgane gegenüber einer Dioxin-Exposition die Leber und die Schilddrüse identifiziert worden. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sieht in einer Stellungnahme Effekte auf die Spermienqualität als sensitivsten Endpunkt an. Dies ist der stärkste Effekt, der bei der niedrigsten Dosis auftritt. Bei einigen Dioxinen und dl-PCB geht man zudem davon aus, dass sie das Risiko, an Krebs zu erkranken, erhöhen können.

Akute Wirkungen durch hohe Dosen von Dioxin bzw. dl-PCB sind beim Menschen nur nach Industrieunfällen, der Aufnahme hoher Konzentrationen am Arbeitsplatz und nach absichtlichen Vergiftungen beschrieben. Am häufigsten treten dabei lang anhaltende entzündliche Hautveränderungen auf, die als „Chlorakne“ bezeichnet werden. Veränderungen der klinisch-chemischen Parameter (vor allem ein Anstieg der Konzentrationen an Triglyceriden, Cholesterin und Transaminasen im Blut) weisen auch auf Leberschädigungen bzw. auf Veränderungen im Fettstoffwechsel hin.

Bei der Abschätzung der Exposition der Verbraucher sind neben den Konzentrationen an Dioxinen in Lebensmitteln stets die üblicherweise verzehrten Mengen der jeweiligen Lebensmittel zu berücksichtigen. Aus Gründen des Verbraucherschutzes sollte die Belastung mit Dioxinen weiter minimiert werden. Insofern sind unnötige und vermeidbare Belastungen nicht hinnehmbar. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im November 2018 einen neuen gesundheitsbezogenen Richtwert für Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB) abgeleitet. Die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake = TWI) für Dioxine und dl-PCB wurde von 14 Pikogramm (14 x 10-12 Gramm) auf zwei Pikogramm pro Kilogramm Körpergewicht abgesenkt. Der TWI-Wert bezeichnet die Stoffmenge, bei der bei einer lebenslangen wöchentlichen Aufnahme gesundheitliche Beeinträchtigungen für den Menschen nicht zu erwarten sind.

Über welche Lebensmittel werden Dioxine und PCB aufgenommen?

Da Dioxine und PCB überall in der Umwelt vorkommen, lässt sich ein Übergang in die Nahrungskette nicht vermeiden. Landwirtschaftliche Nutztiere nehmen diese Kontaminanten vor allem mit Bodenpartikeln auf, entweder direkt, zum Beispiel beim Picken, oder wenn die Bodenpartikel am Futter haften; zudem kann auch direkt eine Aufnahme über Futtermittel stattfinden. Dioxine reichern sich im Fettgewebe von Tieren an, weshalb Lebensmittel tierischen Ursprungs höhere Gehalte als pflanzliche Lebensmittel aufweisen. Menschen nehmen daher Dioxine hauptsächlich über Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Eier und Milch sowie den daraus hergestellten Produkte auf.

Was versteht man unter WHO-PCDD/F-TEQ, WHO-PCB-TEQ und WHO-PCDD/F-PCB-TEQ?

Das System der Toxizitätsäquivalente (TEQ) trägt der unterschiedlichen Toxizität der Einzelverbindungen Rechnung. TEF sind so genannte Toxizitätsäquivalenzfaktoren, die den verschiedenen Kongeneren eine Rangfolge zuweisen. Die Toxizität der Einzelsubstanzen wird dabei mit der am stärksten toxischen Verbindung verglichen, dem 2,3,7,8-TCDD, besser bekannt als „Seveso-Dioxin“. Durch Multiplikation mit dem jeweiligen Toxizitätsäquivalenzfaktor werden zunächst die Gehalte der einzelnen Verbindungen als Toxizitätsäquivalente berechnet. Deren Addition ergibt dann die Gesamtkonzentration der Toxizitätsäquivalente, die bezogen auf die Wirkung der Konzentration von reinem 2,3,7,8-TCDD entspricht.

WHO-PCDD/F-TEQ ist die Summe der Toxizitätsäquivalente der insgesamt 17 toxikologisch wichtigsten Dioxinen und Furanen.

WHO-PCB-TEQ ist die Summe der Toxizitätsäquivalente der 12 dl-PCB, denen wie den Dioxinen TEF zugeordnet wurden, welche diese PCB-Kongenere gemäß ihrer Toxizität im Vergleich zu 2,3,7,8-TCDD einstufen.

Die Summe von WHO-PCDD/F-TEQ und WHO-PCB-TEQ wird als Gesamt-Dioxinäquivalent (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ) bezeichnet. In der von der Europäischen Kommission am 19. Dezember 2006 erlassenen Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 sind im Anhang, Abschnitt 5 sowohl Höchstgehalte für WHO-PCDD/F-TEQ als auch für WHO-PCDD/F-PCB-TEQ aufgeführt.

Das Expertengremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfiehlt in ihrer Stellungnahme von 2018, die derzeitigen Toxizitätsäquivalente (TEQ) der WHO unter Berücksichtigung neuer in-vivo und in-vitro Daten zu überprüfen (https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/event/181113-ax10.pdf).

Welche Werte für tolerierbare Aufnahmemengen gibt es für Dioxine?

Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (Tolerable Daily Intake = TDI) ist die Menge, die bei lebenslanger täglicher Aufnahme keine nachteiligen Auswirkungen auf die Gesundheit beim Menschen erwarten lässt. Für toxische, langlebige Substanzen, die sich im Körper anreichen, wird in der Regel die wöchentliche Aufnahmemenge verwendet.

Von der WHO wurde im Jahre 2000 ein TDI im Bereich von ein bis vier Pikogramm WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro kg Körpergewicht abgeleitet. Ein Pikogramm (pg) entspricht einem Billionstel (10-12) Gramm.

Vom Scientific Committee on Food (SCF) der Europäischen Union (EU) wurde 2001 eine tolerierbare wöchentliche Aufnahme (Tolerable Weekly Intake = TWI) von 14 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro kg Körpergewicht abgeleitet.

2001 wurde von dem Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) eine vorläufige tolerierbare monatliche Aufnahme (provisional tolerable monthly intake; PTMI) von 70 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro kg Körpergewicht und Monat abgeleitet.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat im November 2018 einen gesundheitsbezogenen Richtwert für Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle (dl-PCB) abgeleitet. Die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake = TWI) für Dioxine und dioxinähnliche PCB beträgt nach dieser Ableitung zwei Pikogramm (2 x 10-12 Gramm) pro Kilogramm Körpergewicht.

Warum gelten für verschiedene Lebensmittel unterschiedliche Dioxin-Höchstgehalte?

Für ausgewählte Lebensmittelkategorien (z.B. Hühnereier) sind in der EU gesetzliche Höchstgehalte festgeschrieben. Die Festlegung der Höchstgehalte orientiert sich im Wesentlichen an der nicht vermeidbaren Belastung der Lebensmittel in einer Kategorie durch Dioxine aus der Umwelt, der so genannten Hintergrundkonzentration. Dadurch sollen jeweils die besonders belasteten Lebensmittel innerhalb der Kategorie (z.B. Hühnereier) vom Markt ferngehalten werden. Höchstgehalte sind somit nicht primär toxikologisch begründet, sondern folgen dem Prinzip der Minimierung der Gesamt-Exposition.

Die Höchstgehalte sind im Anhang, Abschnitt 5, der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln gelistet.

Warum beziehen sich die Höchstgehalte für Dioxin in Fisch auf das Frischgewicht und die Höchstgehalte für andere tierische Lebensmittel auf den Fettgehalt?

Die Höchstgehalte für Dioxine in Lebensmitteln beziehen sich zum Großteil auf den Fettgehalt der Lebensmittel, weil sich Dioxine im Fettgewebe der Tiere, von denen die Lebensmittel stammen, anreichern.

Eine Ausnahme sind Fische und Fischereierzeugnisse, bei denen die Höchstgehalte aufs Frischgewicht bezogen sind. Da Fische sehr unterschiedliche Fettgehalte aufweisen, wird hier für die bessere Vergleichbarkeit die Bezugsgröße Frischgewicht bevorzugt.

Wie hoch ist die Dioxinaufnahme in Deutschland?

Die tägliche Aufnahme von Dioxinen und PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ) über Lebensmittel in Deutschland betrug nach Analysenergebnissen aus den Jahren 2000 bis 2003 im Mittel ca. zwei Pikogramm WHO-PCDD/F-PCB-TEQ pro kg Körpergewicht und Tag. Die Umweltbelastung mit Dioxinen hat in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen. Der Rückgang der Dioxinaufnahme spiegelt sich auch in den sinkenden Dioxingehalten der Muttermilch wider (Bundesgesundheitsblatt (August 2018): https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-018-2764-5).

Was passiert, wenn die Höchstgehalte überschritten werden?

Lebensmittel dürfen nicht  in den Verkauf gebracht werden, wenn sie den gesetztlich festgelegten Höchstgehalt  überschreiten. Eine kurzzeitige Überschreitung von Höchstgehalten in Lebensmitteln bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Verzehr dieser Lebensmittel mit einem gesundheitlichen Risiko verbunden ist. Höchstgehalte sind im Fall von Dioxinen und PCB nicht primär toxikologisch begründet.

Was passiert, wenn die tolerierbare Aufnahmemenge überschritten wird?

Eine kurzzeitige moderate Überschreitung der tolerierbaren Aufnahmemenge stellt nicht automatisch ein gesundheitliches Risiko dar. Bei Stoffen wie Dioxinen und PCB ist nicht die täglich zugeführte Dosis, sondern die im Körper befindliche Gesamtmenge, also die Körperlast, entscheidend für Auswirkungen auf die Gesundheit. Dioxine und PCB reichern sich im Körper an, und jeder Mensch nimmt aufgrund der bestehenden Konzentrationen in Lebensmitteln täglich Spuren von Dioxinen und PCB auf (Hintergrundkonzentration). Diese tägliche Aufnahme sollte langfristig nicht über der tolerierbaren Aufnahmemenge liegen, damit auch im Alter keine gesundheitlich kritische Körperlast erreicht wird. Eine kurzeitige moderate Überschreitung der tolerierbaren Aufnahmemenge wirkt sich jedoch kaum auf die bestehende Körperlast aus, so dass gesundheitliche Beeinträchtigungen unwahrscheinlich sind. Dennoch sind Überschreitungen der tolerierbaren Aufnahmemenge, die durch vermeidbare Expositionen oberhalb des Höchstgehaltes entstehen, aus grundsätzlichen Erwägungen nicht hinnehmbar.

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