Anwendungssicherheit von Pflanzenschutzmitteln

Das BfR prüft und bewertet, ob bei sachgerechter und bestimmungemäßer Anwendung der Schutz der Gesundheit aller Personen, sowie von Haus- und Nutztieren gewährleistet ist, die mit dem Mittel bei oder nach der Ausbringung in Kontakt kommen können. Dies ist eine Voraussetzung für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.

Folgende Personengruppen werden berücksichtigt:

  • Anwender, die selbst während der Anwendung über z.B. die Haut oder durch Einatmen Pflanzenschutzmittel oder deren Bestandteile aufnehmen können, ebenso
  • Arbeiter, die auf der behandelten Fläche Nachfolgearbeiten durchführen.
  • Anwohner, die in der Nähe der behandelten Flächen wohnen oder arbeiten sowie
  • Personen, die während der Anwendung zufällig in der Nähe sind („Nebenstehende“), können über die Haut oder durch Einatmen Pflanzenschutzmittel oder deren Bestandteile aufnehmen (im Falle von kleinen Kindern ist auch die Aufnahme über den Mund zu berücksichtigen).

 Expositionsschätzung für Anwender, Arbeiter, Anwohner und Nebenstehende

Das BfR ermittelt bei der Prüfung der Anwendungssicherheit für jeden dieser denkbaren Aufnahmewege vor der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels die maximal erwartete Aufnahmemenge basierend auf den EU-weit harmonisierten Leitlinien. Dabei werden die vorgesehenen Anwendungsbedingungen zu Grunde gelegt.

Für die genannten Personengruppen werden getrennte Expositionsschätzungen durchgeführt.

Die Belastung von Anwendern (i. d. R. Landwirte, aber auch Mitarbeiter im Gartenbau oder nichtberufliche Anwender im Haus- und Kleingartenbereich) ermittelt das BfR durch Modellberechnungen. Diese Modelle basieren auf Messwerten für die jeweilige Art der Anwendung. Weiterhin gehen in die Expositionsschätzung kinetische Überlegungen ein (etwa die Frage, wie viel Wirkstoff über die Haut aufgenommen werden kann), aber auch mögliche Schutzmaßnahmen, mit denen die Belastung reduziert werden kann (z. B. Schutzhandschuhe).

Die Berechnung der Exposition bei Nachfolgearbeiten erfolgt sowohl für Landwirte als auch für Mitarbeiter im Gartenbau, in verarbeitenden Betrieben oder für nichtberufliche Anwendungen im Haus- und Kleingartenbereich.

Das BfR berücksichtigt in der Gruppe der Anwohner und der Nebenstehenden neben den Erwachsenen im Besonderen Kleinkinder, da diese oft die Finger in den Mund nehmen oder möglicherweise Gegenstände (z. B. Sand, Pflanzenteile) verschlucken.

Weitere für die Bewertung nützliche Informationen und Hilfsmittel können unter „Expositionsabschätzung für Pflanzenschutzmittel“ abgerufen werden.


Modelle als Grundlage der Expositionsschätzung

Das BfR führt die Expositionsschätzung anhand von Modellen mit zunächst konservativen Annahmen durch.

Die Leitlinien zur Berechnung der Exposition für Anwender, Arbeiter bei Nachfolgearbeiten, Anwohner und Nebenstehende sind in der EU harmonisiert und von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit publiziert (EFSA, 2014/2022).

Falls die ermittelte Exposition die entsprechenden Grenzwerte nicht überschreitet, sind weitere Betrachtungen nicht erforderlich. Andernfalls wird die Exposition unter Verwendung spezifischer Parameter realistischer und genauer geschätzt. Bei Bedarf kann die Expositionsschätzung unter Verwendung gemessener Daten, die unter den konkreten Anwendungsbedingungen erhoben wurden, präzisiert werden.

Bewertung des Risikos für Anwender, Arbeiter, Nebenstehende und Anwohner durch Pflanzenschutzmittel

Basierend auf den oben beschriebenen Expositionsschätzungen, sowie der toxikologischen Bewertung des Pflanzenschutzmittels bewertet das BfR, ob Pflanzenschutzmittel bei sachgerechter Anwendung ein gesundheitliches Risiko für Anwender, Arbeiter, Anwohner oder Nebenstehende darstellen.

Dazu wird die Exposition mit schädlichen („toxischen“) Wirkungen des Produktes bzw. der darin enthaltenen Wirkstoffe und sonstigen bedenklichen Inhaltsstoffe verglichen. Als Maß für die Schädlichkeit dienen die aus einer Vielzahl toxikologischer Studien abgeleiteten Grenzwerte. Nur wenn die Exposition geringer ist als die Menge, die dem jeweiligen toxikologischen Grenzwert entspricht, kann ein unannehmbares Risiko ausgeschlossen werden. Ggf. werden hierzu Risikominderungsmaßnahmen festgelegt. Hierbei kann es sich z.B. um das Tragen von Schutzhandschuhen oder eines Schutzanzuges beim Umgang mit dem Mittel handeln, aber auch das Aufstellen von Warnschildern oder eine Mindestwartezeit für das Wiederbetreten von behandelten Flächen können notwendig sein. Ist ein Risiko unbeteiligter Personen beim Ausbringen der Pflanzenschutzmittel aufgrund dieser Schätzungen nicht auszuschließen, kann beispielsweise der Einsatz spezieller, abdriftmindernder Geräte, erforderlich sein.

Nur wenn ein entsprechendes Risiko - ggf. unter Berücksichtigung von Risikominderungsmaßnahmen - ausgeschlossen werden kann, erteilt das BfR eine positive Bewertung für die Zulassung des Pflanzenschutzmittels. Die Bewertung des BfR erfolgt in Form eines Benehmens, was bedeutet, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nicht an diese Stellungnahme gebunden ist.

Ergebnis der Risikobewertung

Das Risiko, auch von wiederholten Belastungen, ist dann vertretbar, wenn die maximal zu erwartende Exposition unter dem entsprechenden toxikologischen Grenzwert (z. B. Acceptable Operator Exposure Level - AOEL) liegt.

Das Ergebnis der Risikobewertung des BfR umfasst die:

  • die Ableitung eines Einstufungs- und Kennzeichnungsvorschlages gemäß CLP-Verordnung (EG) 1272/2008 bezüglich der toxikologischen Aspekte von Präparaten und
  • die Festsetzung von Anwendungsbestimmungen, persönlichen Schutzmaßnahmen oder weiteren Auflagen für den sicheren Umgang mit dem Pflanzenschutzmittel.

Weiterführende Informationen zu den Grundlagen der Risikobewertung und zur Ableitung von toxikologischen Grenzwerten wie dem AOEL erhalten Sie hier. 

Referenzen

Die oben zitierte Literatur finden Sie in:

Stellungnahmen 1





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